Lexikon des Eurovision Song Contests
Akkreditierung
Wie bei jeder Großveranstaltung muss auch beim Eurovision Song Contest sichergestellt sein, dass nur befugte Personen Zugang zu bestimmten Bereichen (Backstage, Pressezentrum) erhalten. Um dem Sicherheitspersonal zu ermöglichen, zugangsberechtigte von nicht-zugangsberechtigten Personen zu unterscheiden, müssen alle Mitwirkenden ein Akkreditierungsverfahren durchlaufen. Anschließend erhalten sie einen laminierten Ausweis mit Lichtbild, der gut sichtbar um den Hals zu tragen ist. Neben Mitarbeitern und technischem Personal (Staff), Künstlern (Delegation) und Journalisten (Press) gibt auch eine eigene Kategorie für berichterstattende Fans. Über die nationalen Akkreditierungen entscheidet der → Head of Delegation.
Austragungort
Das Gewinnerland eines Jahres darf den Eurovision Song Contest im darauf folgenden Jahr austragen. In welcher Stadt der Wettbewerb dann stattfindet, entscheidet der jeweilige Fernsehsender in Abstimmung mit der → European Broadcasting Union (EBU). Allerdings ist ein Gewinnerland nicht verpflichtet, den nächsten ESC auszutragen. Es kann Gründe geben, häufig finanzielle, die es einem Land nicht möglich machen, als Gastgeber zu fungieren. Dann wird - ebenfalls wieder in Abstimmung mit der EBU - nach einem anderen Land gesucht.
Für Australien gelten seit der ersten Teilnahme 2015 andere Regeln. Sollte Down Under gewinnen würde der nächste ESC nicht dort stattfinden, sondern in einer europäischen Stadt.
Barbara Dex Award
Dieser Preis wurde von 1997 bis 2021 an Künstler oder Künstlerinnen mit dem scheußlichsten Bühnenoutfit verliehen. Der Name bezieht sich auf die Sängerin Barbara Dex, die sich 1993 mit einem selbstentworfenen und geschneiderten Kostüm sämtliche Chancen auf einen der vorderen Plätze verbaute. Für Deutschland holte diese mittlerweise schon mit Kultstatus behaftete Auszeichnung bislang nur einer: Guildo Horn 1998 in seinem türkisfarbenem Samtanzug. Doch der Hässlichkeits-Preis wurde den Organisatoren mittlerweile zu negativ. Stattdessen gibt es nun einen Preis für das bemerkenswerteste Kostüm - den You’re A Vision Award.
Big Five
Als der deutsche Beitrag "Planet of Blue" 1996 an einer internen Qualifikationsrunde scheiterte und Deutschland nicht am ESC-Finale teilnehmen konnte, bekamen die Veranstalter die erste Abwesenheit eines so großen Teilnehmerlandes empfindlich zu spüren. Im darauffolgenden Jahr wurde daher die Big-Four-Regelung geschaffen, nach der Deutschland, Frankreich, Spanien und das Vereinigte Königreich (später auch Italien als Big Five) automatisch qualifiziert sind. Das hat finanzielle aber auch medienpolitische Aspekte, denn natürlich ist die → EBU mit Blick auf die Einschaltquoten sehr daran interessiert, dass die Zuschauer in diesen fünf großen Ländern einen nationalen Beitrag zum Mitfiebern haben.
Delegation
Sie ist sozusagen die "Abordnung" des jeweiligen Teilnehmerlandes und besteht aus Fernsehvertretern, Künstlern (einschließlich Background-Sängern und Tänzern) und Autoren des nationalen Beitrags sowie dem → Head of Delegation.
Eurovision Club Germany
siehe hierzu → OGAE International Fanclub.
Eröffnungs-Act
1958 nutzte der französische Sender RTF erstmals die ersten Minuten der Show, um abendliche Impressionen vom Cannes zu zeigen, wo der Wettbewerb im örtlichen Spielcasino ausgerichtet wurde. Im Laufe der Jahre wurde dieser Auftakt immer intensiver dazu genutzt, das Gastgeberland von seiner Schokoladenseite zu zeigen, meist in Form eines kleinen Films, an dessen Ende in den Saal geblendet wurde. Bis 2003 eröffneten meist die Vorjahressieger die Veranstaltung, seit dem Semifinale 2004 (in Istanbul) gibt es eigenständige Eröffnungs-Acts, in denen oft national-kulturelle Eigenheiten des Gastgebers Widerhall finden.
Eurocafé
Mit der Einführung des → EuroClubs als offizieller Party-Location von Künstlern, Journalisten und akkreditierten Fans 2005, zu der man ohne Akkreditierung keinen Zugang erhält, wurde der Ruf nach einem Treffpunkt für die "normalen" Fans laut. 2006 wurde in Sichtweite der Akropolis das erste Eurocafé eröffnet. Seither gilt es für die Dauer der ESC-Probenwochen als zentraler Anlaufpunkt für alle Fans - mit oder ohne → Akkreditierung.
EuroClub
Wer glaubt, dass nach streng durchgetakteten Tagen mit anstrengenden → Proben, zermürbenden → Pressekonferenzen und strapaziösen Fototerminen abends gemütliches Chillen angesagt ist, der täuscht sich. Im EuroClub lassen es Künstler, Journalisten und akkreditierte Fans so richtig krachen. Seit 2005 wird in der Woche vor dem Finale eine Trend-Location der Gastgeberstadt für die Party-People aus den Teilnehmerländern reserviert - und alle, alle strömen dorthin. Zumindest bei der Eröffnung oder wenn eine Länderparty dort stattfindet.
European Broadcasting Union (EBU)
Die EBU ist der Dachverband der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten innerhalb der von der International Telecommunications Union (ITU) definierten Europäischen Rundfunkzone. Sie schließt neben Europa auch sämtliche Anrainerstaaten des Mittelmeers ein, wodurch auch Rundfunkveranstalter aus Nordafrika und dem Nahen Osten Mitglieder einer vom Namen her europäischen Rundfunkunion sind. Die Hauptaufgabe der EBU besteht in der Koordination und Organisation des Programmaustauschs, in der Bereitstellung eines für diesen Zweck geeigneten Übertragungsnetzes sowie im Erwerb und in der Verwaltung von Übertragungsrechten an internationalen Ereignissen.
Eurovillage
Nicht jeder kann oder will sich die Eintrittskarten für die Liveshow leisten. Damit vor allem die Einheimischen ein bisschen Eurovisionsluft schnuppern können, gibt es seit 2010 das Eurovillage - eine Art ESC-Markt mit Buden und Open-Air-Bühnen, wo Konzerte und Veranstaltungen rund um den Wettbewerb stattfinden. Hier können diejenigen, die nicht in der Halle dabei sein können, den Song Contest auch auf einer Großbildleinwand verfolgen.
Eurovision
Damit nicht jedes Land ein eigenes Kamerateam zu internationalen Events schicken muss, tauschen die Rundfunkanstalten ihr Material untereinander aus. Dieser Austausch erfolgt innerhalb der → EBU unter der Bezeichnung Eurovision. Die Eurovision ist jährlich für weit über 100.000 Programmübertragungen verantwortlich (vorwiegend Nachrichten und Sport) und nach eigenen Angaben in der Lage, über 600 Millionen Zuschauer weltweit zu erreichen. Der Eurovision Song Contest ist nur eine von vielen Kooperationen. Die erste Live-Übertragung der Eurovision (die damals noch nicht so hieß) war die Krönungszeremonie von Queen Elizabeth II. in London im Juni 1953.
Grand Prix Eurovision
Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass der Grand Prix Eurovision im Zuge der Modernisierung des Wettbewerbs in Eurovision Song Contest umbenannt wurde. Das stimmt so nicht. Der Wettbewerb hieß schon immer Eurovision Song Contest - in den englischsprachigen Ländern. Da die → EBU eine zweisprachige Organisation ist, existierten beide Bezeichnungen gleichberechtigt nebeneinander. In Deutschland favorisierte man allerdings bis in die späten 1990er Jahre die französische Bezeichnung. Erst seit 2004 wird die Show im Zuge eines einheitlichen Markenauftritts nur noch Eurovision Song Contest genannt.
Greenroom
Der Greenroom ist klassischerweise der Warteraum in einem Theater oder Konzertsaal, in dem sich die Künstler aufhalten, die noch nicht oder nicht mehr auf der Bühne stehen. Er soll in der Vergangenheit oft grün gestrichen gewesen sein, was für die Greenrooms beim ESC allerdings nicht überliefert ist. Mittlerweile ist der Greenroom als Teil der Fernsehinszenierung in den Zuschauerraum eingebettet. Dort können die Kameras die Reaktionen der Acts - beispielsweise bei der Punktevergabe - direkt einfangen.
Halbfinale
siehe → Semifinale
Halbplayback
1998 beschlossen die Verantwortlichen der → EBU, aus Kostengründen auf das → Orchester zu verzichten und stattdessen auf die Halbplaybacktechnik zurückzugreifen. Dabei werden sämtliche Instrumentalteile eines Musikstücks von einem externen Tonträger zugespielt, nur der Gesang erfolgt live. Davor durften nur Instrumente zugespielt werden, die im Orchester nicht vorhanden waren. Diese mussten dann auf der Bühne "gespielt" werden. Vollplayback ist beim ESC nicht zulässig, ebenso wenig wie Musikstücke mit Akustikinstrumenten, die "unplugged" gespielt werden.
Head of Delegation (HoD)
Der Delegationsleiter ist der nationale Ansprechpartner für alle Fragen der Veranstalter und der → EBU. Er hat nicht nur während der Proben viel Organisationsarbeit zu leisten, sondern vertritt auch die Interessen seiner Fernsehanstalt bei den regelmäßigen HoD-Meetings, die während der Vorbereitungen des Events regelmäßig stattfinden. Er entscheidet unter anderem über die Vergabe von → Akkreditierungen. Ebenso wichtig aber nicht so sehr im Rampenlicht ist der Head of Press, der als Ansprechpartner für die internationalen Medienvertreter dient und Interviewtermine koordiniert.
Insignien-Übergabe
Die Tradition der Insignien-Übergabe wurde 2007 auf Initiative der damaligen Austragungsstadt Helsinki gemeinsam mit dem finnischen Fernsehen YLE und der → EBU ins Leben gerufen. Als Symbol für die Weitergabe des Privilegs, den ESC ausrichten zu dürfen, dient ein überdimensionaler Schlüsselring, in den alle vorherigen Austragungsorte eingraviert wurden. Jede neue Ausrichterstadt kann dem Ring ihren goldenen Schlüssel oder ein anderes repräsentatives Symbol als "Schlüsselanhänger" hinzufügen. Traditionell fällt die Insignien-Übergabe mit der Auslosung der Teilnehmerländer in die jeweiligen ESC-Halbfinalrunden zusammen.
Interval-Act
Bei jedem Wettbewerb erfordert die Verkündung des Siegers eine gewisse Zeit, bis sich die Juroren beraten und geeinigt haben bzw. bis das Publikum seine Wahl getroffen hat. Diese Zeit wird traditionell mit einem Interval-Act überbrückt, einer musikalischen, tänzerischen oder artistischen Darbietung von eigenem künstlerischem Wert, die möglichst nicht mit den teilnehmenden Beiträgen in Konkurrenz treten sollte. Manchmal ist der Interval-Act allerdings erfolgreicher als der Wettbewerbssieger, wie im Falle von Riverdance 1994.
Jury
Bis 1996 bestimmten ausschließlich Juroren über Sieg und Niederlage beim Eurovision Song Contest. Nachdem 2004 das → Televoting verbindlich eingeführt wurde, sahen sich die Veranstalter schon fünf Jahre später dazu gezwungen, die Jury als Gegengewicht zu vermeintlichen Punkteschiebereien unter Nachbarländern wieder einzuführen. Seit 2009 bestimmt jedes Land fünf Juroren, die im heimischen Musikgeschäft aktiv sind, aber nichts mit dem aktuellen nationalen Beitrag zu tun haben dürfen. Grundlage für die Bewertung der Jury ist die zweite Generalprobe, die deshalb auch Jury-Finale genannt wird. Bis dahin ist auch streng geheim, wer in der Jury sitzt, damit mögliche Bestechungs- oder Manipulationsversuche ausgeschlossen werden können. Die Jurywertung besitzt genauso viel Gewicht wie die Zuschauerwertung.
Kommentatoren
Da der Eurovision Song Contest in über 50 Ländern ausgestrahlt wird, entsendet jede Fernsehanstalt, die den Wettbewerb überträgt, eigene Kommentatoren, die den heimischen Zuschauern in Landessprache erklären, was die → Moderatoren erzählen, worum es in den einzelnen Beiträgen geht und wie die → Wertung funktioniert. In einigen Ländern werden die Kommentatoren häufiger gewechselt, in anderen übernimmt diese Aufgabe stets die gleiche Person - und erreicht auf diese Weise Kultstatus. So prägte beispielsweise im Vereinigten Königreich Sir Terry Wogan mit seinen scharfzüngigen Bemerkungen über mehrere Jahrzehnte die britische Wahrnehmung des Wettbewerbs. Die Aufgabe des Kommentators ist höchst sensibel, denn jede Bemerkung kann sich positiv oder negativ auf die Wahrnehmung der Zuschauer und damit auf das Ergebnis des Televotings auswirken.
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Meet and Greet
Da zu Beginn der Probenwochen vergleichsweise wenige Journalisten vor Ort sind und bei den ersten Einzelproben niemand in den Saal darf, hat die → EBU die → Pressekonferenzen der ersten vier Tage durch ein so genanntes Meet and Greet ersetzt. Dies soll in erster Linie den Fans die Möglichkeit geben, mit den Künstlern zu sprechen und Fotos zu machen. Meistens werden dabei von Moderatoren vorbereitete Fragen gestellt, um peinliche Pausen zu vermeiden, die mangels Meldungen aus dem Publikum immer wieder eintreten.
Moderatoren
Zu jeder ordentlichen Show gehört mindestens ein Moderator oder eine Moderatorin, die durch die Sendung führen, so auch beim ESC. In den frühen Jahren des Song Contests kündigten die Moderatoren die einzelnen Wettbewerbsbeiträge an, später übernahmen diese Aufgabe die nationalen → Kommentatoren und die Moderatoren kamen nur noch bei der Begrüßung und bei der Punktevergabe zum Zug. 1978 in Paris stand beim Eurovision Song Contest erstmals ein Moderatorenpärchen auf der Bühne, seit 2010 kommen bevorzugt Moderatorentrios zum Einsatz. Besonders gelungene Moderationen (Göteborg 1985, Düsseldorf 2011) bleiben der Fangemeinde auf Jahre in Erinnerung, besonders peinliche (München 1983, Kopenhagen 2001) allerdings auch. Ein Duo schrieb 2016 beim ESC in Stockholm Geschichte. Måns Zelmerlöw und Comedian Petra Mede zeigten die Zutaten zur perfekten ESC-Performance: Inklusive Love, Peace, Trickkleider, einem brennenden Klavier und was es noch so alles dazu braucht.
OGAE International
Die OGAE (Organisation Générale des Amateurs de l'Eurovision) und ist der größte internationale Fanclub des Eurovision Song Contests und wurde 1984 im finnischen Savonlinna gegründet. Mittlerweile gibt es nationale OGAE-Ableger in fast allen Teilnehmerländern des ESC. Die zahlreichen Fans in Afrika, Amerika, Asien und Australien sind in OGAE Rest of the World zusammengefast. In Deutschland gibt es gleich zwei Fanclubs, die der OGAE angehören: den Eurovision Club Germany e. V. (ECG) und die OGAE Germany e.V., beides Nachfolger der 1987 gegründeten OGAE Deutschland.
Orchester
Das Orchester gehörte bis 1998 zum festen Inventar des Eurovision Song Contests. Sämtliche Musikstücke wurden live gespielt und gesungen. Um die Chancengleichheit aller Teilnehmer zu gewährleisten, durfte jedes Land seinen eigenen Dirigenten mitbringen. In den 1990er Jahren kam das Orchester mit den technischen Entwicklungen in der Unterhaltungsmusik allerdings immer weniger zurecht, sodass zeitgemäß arrangierte Songs nicht angemessen umgesetzt werden konnten. Da sich zudem nicht mehr jedes Land ein eigenes Fernseh- oder Rundfunkorchester leisten konnte oder wollte, wird seit 1999 nur noch mit → Halbplayback gearbeitet.
Pigeon Hole
Jeder akkreditierte Journalist erhält vor Ort ein eigenes Postfach, das so genannte Pigeon Hole. Dort werden wichtige Informationen, Pressemappen und Gadgets für die Pressevertreter hinterlegt. Früher waren die Promotion-Tonträger der einzelnen Teilnehmer heiß begehrt, da es sich zumeist um Kleinstauflagen handelte, die einen hohen Sammlerwert besaßen. Heutzutage spielen CD und Co. bei der Musikvermarktung keine so große Rolle mehr, von vielen Songs gibt es bis auf den offiziellen ESC-Sampler überhaupt keine physischen Tonträger mehr. Dennoch geht es an den Pigeon Holes noch immer zu wie im Taubenschlag.
Postcards
Die kleinen Vorfilmchen, in denen vor den einzelnen Auftritten Teilnehmerländer, Künstler oder touristische Schönheiten des Gastgeberlandes vorgestellt werden, heißen Postcards. Sie wurden 1970 zum ersten Mal gezeigt und dienen dazu, die immer aufwendigeren Umbaupausen zu überbrücken. In den Anfangsjahren des ESC geschah dies durch Moderationen und Kamerafahrten durch das Publikum - mit eher begrenztem Unterhaltungswert.
Pressekonferenzen
Jedes Land hat beim ESC die Möglichkeit (aber nicht die Pflicht) mindestens eine, meistens sogar zwei, manchmal auch drei Pressekonferenzen zu geben. In den letzten Jahren wurde die erste Pressekonferenz durch ein → Meet and Greet ersetzt. Meist sorgt ein Moderatorenduo im Wechsel für einen zügigen Ablauf und verhindert mit vorbereiteten Fragen, dass peinliche Schweigepausen entstehen, denn natürlich bevorzugen Journalisten exklusive Informationen und stellen interessante Fragen daher ungern vor den eigenen Kollegen. So beschränkt sich der Informationsgehalt der einzelnen Pressekonferenzen meist auf Lobpreisungen der Gastgeber und kurze A-cappella-Darbietungen des ESC-Beitrags.
Proben
Die ESC-Teilnahme ist für alle Beteiligten eine sportliche Höchstleistung: Ein eng getakteter Probenplan gibt genau vor, wer wann was probt. Jedes Land hat die Gelegenheit für zwei Einzelproben mit bis zu vier, manchmal auch mehr Durchläufen. Dazu kommen die drei Durchlaufproben der Semifinalsendungen und mit etwas Glück auch der Finalshow. Daneben müssen die Künstler ihre Titel zahllose Male bei Interviews, in den → Pressekonferenzen, auf eigenen und fremden Länderpartys, im → EuroClub und im → Eurocafé zum Besten geben. Nur wer am Ende dieses Marathons noch bei Stimme ist, hat Chancen auf den Sieg.
Punkte
Die Punktevergabe ist seit 1957 das Herzstück der Veranstaltung. Im Laufe der Jahre wurden die → Wertungsverfahren mehrfach verändert. Ursprünglich wurden keine Punkte durchgegeben, sondern die Anzahl der Jurorenstimmen ("votes"), die ein Beitrag auf sich vereinen konnte.
Nachdem es beim Eurovision Song Contest 1969 in Madrid vier Siegerinnen mit gleicher Punktzahl gab und die Ergebnisse in den Folgejahren doch relativ knapp ausfielen, wollte man, dass sich die Favoriten stärker voneinander absetzen sollten. Aus diesem Grund wurden die Punktezahlen 9 und 11 aus dem 12-Punkte-System herausgenommen, damit der Favorit und der Zweitplatzierte einer Länderjury deutlicheren Vorsprung vor den hinteren Rängen haben. So ganz hat das nicht immer funktioniert, aber meistens wurde das Punkterennen dadurch spannender.
Das aktuelle Punktesystem mit 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10 und 12 Punkten gibt es seit 1975. Um die Punktevergabe angesichts der wachsenden Teilnehmerzahl nicht ausufern zu lassen, werden seit 2006 nur noch die Punkte 8, 10 und 12 verlesen - der Rest wird zuvor automatisch aufaddiert.
Red Carpet Event
Um dem ESC den Glamour einer Oscar-Verleihung zu verleihen, wird seit 2010 der offizielle Begrüßungsempfang der Gastgeberstadt und mit einem Aufmarsch am roten Teppich verbunden. Hier stehen Fotografen, Fans und Schaulustige Spalier, um ein Bild von den vorfahrenden Künstlern zu erhaschen. Die Veranstaltung wird im Internet gestreamt und liefert auch den teilnehmenden Fernsehanstalten schöne Bilder für ihre Boulevardmagazine.
Reference Group
Die Reference Group ist ein achtköpfiger Ausschuss der → EBU, der sich - vergleichbar mit dem Aufsichtsrat eines Unternehmens - um den Bestand und die Weiterentwicklung des Eurovision Song Contests kümmert. Er wurde 1998 im Zuge einer umfassenden Modernisierung des ESC ins Leben gerufen und besteht aus den Executive Producern des aktuellen und der beiden vorangehenden Wettbewerbe (um das Know-how weiterzugeben), drei weiteren gewählten Mitgliedern als Vertretern der Mitglieds-Rundfunkanstalten, einem Vertreter der EBU und einem Vorsitzenden. Die Reference Group entscheidet über alle Änderungen des Reglements und der Organisation des Wettbewerbs.
Scoreboard
Die Punktetafel spielt eine zentrale Rolle für die Entwicklung des ESC. Zu Anfang, als der ESC sich als Komponistenwettbewerb verstand, standen nämlich nicht die Namen der Länder, sondern die Namen der teilnehmenden Lieder auf der Punktewand. Die waren allerdings für die Moderatoren nicht immer so leicht auszusprechen, sodass man schon 1959 die Ländernamen hinzufügte - und schließlich ab 1967 ganz auf die Nennung der Songnamen verzichtete. 1985 kamen die Flaggen der Teilnehmerländer hinzu und seit 1994 nutzen die nationalen Jurys die Satellitenschaltung, um ihr Land auch durch Einblendungen von Sehenswürdigkeiten oder nationalen Symbolen zu präsentieren. So wurde der ESC im Laufe der Zeit vom Komponisten- zum Länderwettbewerb.
Scrutineer
Der "Oberschiedsrichter" wacht darüber, dass bei der Wertung auch alles mit rechten Dingen zugeht. Die Funktion wurde 1964 eingeführt, nachdem es im Vorjahr zu Unregelmäßigkeiten bei der Wertung gekommen war. Das bedeutet allerdings nicht, dass in der Folge alle Ergebnisse hundertprozentig korrekt waren: So mussten die Ergebnisse der Wettbewerbe 1976 und 1998 nachträglich berichtigt werden.
Semifinale (oder Halbfinale)
Um der stetig wachsenden Zahl an Teilnehmerländern Herr zu werden, führte die → EBU 2004 Semifinals ein, in denen sich einzelne Länder für eine Finalteilnahme qualifizieren mussten. Zuvor hatte man schon 1993 erstmals eine Qualifikationsrunde für sieben neue Kandidatenländer durchgeführt. Nach der internen Qualifikationsrunde 1996 wurden die → Big Five von dem anschließend eingeführten Rotationsprinzip ausgeklammert. Seit 2008 werden für die mittlerweile weit über 40 potenziellen Teilnehmerländer zwei Semifinals ausgerichtet. Auf diese Weise können alle teilnahmewilligen Länder in jedem Jahr dabei sein.
Sprachenregelung
Als der Eurovision Song Contest ins Leben gerufen wurde, war Unterhaltungsmusik in den Nationalsprachen noch die Regel in Europa. So kamen die Veranstalter gar nicht auf die Idee, eine Vorschrift zum Vortrag in Landessprache in ihr Reglement aufzunehmen. Erst als Schweden 1965 seinen Beitrag komplett auf Englisch sang, führten Proteste der anderen Teilnehmer dazu, dass eine Sprachenregelung eingeführt wurde. Nur zwischen 1973 und 1977 war es zeitweise gestattet, auf Englisch zu singen. Seit 1999 darf jeder in der Sprache singen, in der er mag - und das ist aus Gründen des Musikmarketings meistens Englisch.
Technik
Der technische Aufwand, der für die Ausrichtung eines ESC betrieben wird, ist enorm, denn der Wettbewerb ist so etwas wie eine Visitenkarte der EBU, die damit die Innovationsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Fernsehens präsentiert. Viele Neuheiten in Sachen Bühnen- und Kamera- und Übertragungstechnik sind hier früher und geballter als im normalen Fernsehalltag zu erleben. Das hat auch das Erscheinungsbild des Wettbewerbs in den vergangenen 60 Jahren entscheidend geprägt.
Te Deum
Das "Te Deum" ist eine seit dem Mittelalter vielfach vertonte kirchliche Lobeshymne. Der Komponist Marc-Antoine Charpentier schrieb seine Version Ende des 17. Jahrhunderts, doch die Komposition geriet schon bald in Vergessenheit. Erst 1953 wurde sie von einem Musikwissenschaftler wiederentdeckt und wurde seit 1954 für Eurovisionsübertragungen verwendet. Auf der einzig erhaltenen Tonaufnahme des ESC 1956 in Lugano ist das "Te Deum" allerdings nicht zu hören.
Televoting
Schon in den Anfangsjahren des ESC wurde überlegt, wie man die Zuschauer am Abstimmungsverfahren beteiligen könnte, doch erst 1997 durfte das Publikum in Ländern mit entsprechend entwickelter Fernmelde-Infrastruktur seine Wertung telefonisch abgeben. 2004 wurde das Televoting dann in allen Ländern verpflichtend. Die Beiträge werden der Zahl der Anrufe entsprechend in eine Reihenfolge gebracht. Dieses Ranking wird dann mit dem Ranking der Jury abgeglichen und in Punkte umgewandelt. Um Manipulationen durch Call-Center zu vermeiden, ist die Zahl der Anrufe pro Anschluss begrenzt.
Werbepausen
Wenn hierzulande in den Greenroom geschaltet wird oder lustige Filmchen über den Aufbau der Bühne gezeigt werden, dann wird in Ländern wie Portugal und Italien Werbung ausgestrahlt. Auch längere Zwischenmoderationen lassen darauf schließen, dass die Zuschauer andernorts mit Reklame beglückt werden. Für die Songs, die im Anschluss starten, ist das ein Handycap, denn Werbung verführt ja bekanntlich zum Zappen oder zum Gang in die Küche, um Getränkenachschub zu holen.
Wertungsverfahren
Über Fairness und Objektivität des Wertungsverfahrens wird gestritten, seit es den Eurovision Song Contest gibt. Ganze 17 Mal wurde das Wertungsverfahren seit 1956 umgekrempelt. Auch die Zusammensetzung der → Jury wurde immer wieder neu verhandelt. Dabei wirkten Ereignisse wie der ESC 1969 mit vier Siegern oft als Auslöser, um die bestehenden Verfahren auf den Prüfstand zu stellen und beispielsweise Vorkehrungen für den Fall eines Gleichstands zu treffen. Aktuell werden die Punkte zu 50 Prozent durch → Televoting und zu 50 Prozent durch eine Jury bestimmt.
Zuschauer
Wer als Zuschauer beim Eurovision Song Contest live in der Halle dabei sein möchte, sollte sich vorher beim veranstaltenden Sender nach dem Mindestalter erkundigen. Das ist nicht einheitlich geregelt, weil jedes Land sein eigenes Jugendschutzgesetz hat. Da es sich um eine Fernsehsendung handelt, gibt es immer Beschränkungen ab welchem Alter Jugendliche live im Fernsehen gezeigt werden dürfen.
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