Alle Infos zum Eurovision Song Contest
Der Eurovision Song Contest (ESC) ist der älteste im Fernsehen ausgestrahlte internationale Musikwettbewerb der Welt. Seit 1956 wird er von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ausgerichtet, die in der Europäischen Rundfunkunion (European Broadcasting Union - EBU) zusammengeschlossen sind. Da die Mitgliedschaft in der EBU nicht an rein geografische Kriterien gebunden ist, können sich auch Rundfunkanstalten beteiligen, die außerhalb Europas liegen. Darum ist der Wettbewerb auch kein European Song Contest, wie er oft fälschlicherweise genannt wird. Sender aus 56 Ländern sind teilnahmeberechtigt, seit 2015 dank einer Ausnahmeregelung, auch Australien.
Warum heißt der ESC nicht mehr "Grand Prix"?
Da die EBU eine internationale Organisation ist, werden Englisch und Französisch als Arbeitssprachen verwendet. Deshalb trug der Eurovision Song Contest über viele Jahre auch den Namen Grand Prix Eurovision de la Chanson, der besonders in Deutschland gebräuchlich war. Erst seit 2004 ist die englische Bezeichnung im Zuge eines einheitlichen Markenauftritts verbindlich. Bis heute finden in der internationalen Presse verschiedene landessprachliche Bezeichnungen für den Contest Verwendung, beispielsweise "Festival de la Canción de Eurovisión" in Spanien oder "Eurovisie Songfestival" in den Niederlanden.
Der erste ESC 1956
Ursprünglich diente der ESC als jährlich wiederkehrender Anlass für die Zusammenarbeit der europäischen Fernsehanstalten, die zuvor nur sporadisch miteinander kooperiert hatten. Auf Initiative des Vorsitzenden des EBU-Programmausschusses, Marcel Bezençon, wurde dafür ein Komponistenwettbewerb nach dem Vorbild des bereits seit 1951 existierenden Sanremo-Festivals in Planung gegeben und 1956 im schweizerischen Lugano erstmalig ausgerichtet. Den ersten ESC gewann Lys Assia für die Schweiz mit dem Titel "Refrain" von Géo Voumard und Émile Gardaz. Anders als heute hatte jedes Land zwei Lieder im Wettbewerb. Eine öffentliche Punktevergabe gab es nicht - nur die Siegerin wurde verkündet.
Die Regeln des Contests
Der Wettbewerb 1957 in Frankfurt am Main entsprach dann schon dem ESC, den wir heute kennen: jedes Land nur ein Titel, Pausenact, Punktevergabe. Von nun an richtete die Fernsehanstalt des Siegers den Contest im Folgejahr aus (bis auf fünf Ausnahmen 1960, 1963, 1972, 1974 und 1980). Im Lauf der Jahre passte man das Reglement immer wieder an die veränderten technischen, wirtschaftlichen und politischen Bedingungen des internationalen Fernsehmarktes an. Hierfür zuständig ist die so genannte Reference Group, die auch Sanktionen bei Regelverstößen ausspricht. Um die Zusammenarbeit der verschiedenen Fernsehanstalten nicht zu gefährden, sind politische Äußerungen beim ESC tabu.
So wird beim ESC abgestimmt
Einschneidende Änderungen in der Geschichte des ESC betrafen häufig die Wertung: So wurde 1964 nach Abstimmungsunregelmäßigkeiten im Vorjahr erstmals ein sogenannter Scrutineer eingesetzt, der über die korrekte Stimmenvergabe wachte. 1969 sorgte das damalige Punktesystem dafür, dass gleich vier Titel sich den ersten Platz teilen mussten. Das Wertungssystem mit den allseits bekannten "12 Points" gibt es erst seit 1975. Ab 2004 wurde die Zuschauerbeteiligung in allen Ländern verbindlich, 2009 stellte man der Publikumsjury eine Expertenjury zur Seite, die das Ergebnis zur Hälfte mitbestimmte. Für die Jury gibt es ein eigenes Regelwerk. Seit 2016 verteilen Experten und Zuschauer ihre Punkte separat. Diese Änderung war umstritten. Bis 2019 war es so, dass die Punkte mit den wenigsten Anrufzahlen zuerst genannt wurden. Das führte allerdings zu einem Abfall des Spannungsbogens. Deshalb werden seit Tel Aviv die Stimmen der Televoter nicht mehr nach Wertigkeit aufsteigend präsentiert, sondern auf Grundlage des Ergebnisses der Jurystimmen von hinten nach vorne benannt.
Seit wann gibt es die "Big Four" beziehungsweise "Big Five"?
Aus den sieben Teilnehmerländern des ersten ESC in Lugano sind mittlerweile 52 geworden. Aus diesem Grund wurde 2004 ein Halbfinale eingeführt, um allen Fernsehanstalten die regelmäßige Teilnahme zu ermöglichen. Zuvor hatten einzelne Ländern nach einem komplexen Punktesystem immer wieder aussetzen müssen. Als der deutsche Beitrag "Planet of Blue" 1996 an einer internen Qualifikationsrunde scheiterte und Deutschland nicht am ESC-Finale teilnehmen konnte, bekamen die Veranstalter die erste Abwesenheit eines so großen Teilnehmerlandes empfindlich zu spüren. Im darauffolgenden Jahr wurde daher die Big-Four-Regelung geschaffen, nach der Deutschland, Frankreich, Spanien und das Vereinigte Königreich (seit dem ESC in Düsseldorf 2011 auch Italien als Big Five) automatisch qualifiziert sind. Der Teilnehmerrekord von 43 Ländern wurde erstmals 2008 in Belgrad erreicht. Seither gibt es zwei Halbfinale.
Nationale Vorentscheide
Wie der nationale Beitrag ausgewählt wird, steht jeder teilnehmenden Fernsehanstalt frei. In einigen Ländern gibt es dafür seit den 1960er-Jahren eigene Festivals wie das Melodifestival in Schweden oder das Festival da Canção in Portugal. Andere Fernsehanstalten nominieren ihre Kandidaten ohne nationale Vorentscheidung direkt. In Deutschland wurden die ESC-Siegerinnen Nicole (1982: "Ein Lied für Harrogate") und Lena (2010: "Unser Star für Oslo") in nationalen Vorentscheidshows gefunden.
Stars beim Eurovision Song Contest
Nicht alle ESC-Gewinner sind den Zuschauern heute noch ein Begriff. Neben nationalen Größen wie Conny Froboess aus Deutschland, Anna Vissi aus Griechenland oder Sergey Lazarev aus Russland traten im Laufe der ESC-Geschichte aber viele internationale Stars auf - wobei diese oft erst sehr viel später zu Weltruhm gelangten. Hierzu zählt neben der Griechin Nana Mouskouri, die 1963 für Luxemburg an den Start ging, der Spanier Julio Iglesias, der 1970 seine Heimat vertrat, auch die Kanadierin Céline Dion, die 1988 den ESC für die Schweiz gewann. Der Sieg beim Eurovision Song Contest 1974 in Brighton war dagegen der Startschuss für die Weltkarriere der schwedischen Gruppe Abba.
ESC-Rekorde
Nur einem Mann ist es bisher gelungen, den ESC zweimal zu gewinnen: Johnny Logan, der 1980 und 1987 den Sieg nach Irland holte. Als Komponist zeichnete er auch für den irischen Gewinnertitel "Why Me?" von Linda Martin 1992 verantwortlich. Auch in Sachen ESC-Sieg hat Irland klar die Nase vorn: Insgesamt sieben Mal konnte die grüne Insel den Song Contest für sich entscheiden. Am häufigsten auf dem zweiten Platz landete Großbritannien - sage und schreibe 15 Mal. Die britische BBC war mit acht Ausrichtungen auch der häufigste Gastgeber des ESC.
Am unteren Ende der Tabelle fand sich am häufigsten Norwegen wieder: Elf Mal belegte das Land den letzten Platz. Den Null-Punkte-Rekord müssen sich die Norweger allerdings mit Österreich und der Schweiz teilen, die jeweils vier Mal ohne Punkte nach Hause fahren mussten. Zweimal nacheinander null Punkte holten dagegen nur zwei Länder: die Niederlande (1962 und 1963) und Deutschland (1964 und 1965). Es gibt aber auch einen deutschen Positivrekord: Mit 24 Titeln ist Ralph Siegel der Komponist mit den meisten Beiträgen in der ESC-Geschichte. Und den Teilnahmerekord als Textdichter hält ebenfalls ein Deutscher: Bernd Meinunger mit insgesamt 19 Beiträgen.
Der ESC und die Mode
Die Mode spielt beim ESC immer eine große Rolle. Oft ist sie vor allem eins: schrill und skurril. Von 1997 bis 2021 gab es den Barbara Dex Award, der an den oder die Künstler(in) mit dem scheußlichsten Bühnenoutfit verliehen wurde. Der Name bezieht sich auf die Sängerin Barbara Dex, die 1993 sich mit einem selbst entworfenen und geschneiderten Kostüm sämtliche Chancen auf einen der vorderen Plätze verbaute. 2022 wurde der Award eingestellt. Den Organisatoren war der "Hässlichkeits-Award" zu negativ. Nun soll eine neue Auszeichnung für das bemerkenswerteste Kostüm folgen.