ESC-Startreihenfolge: Wie stehen die Gewinnchancen?
Das Finale des Eurovision Song Contest 2019 in Tel Aviv bricht gleich einmal mit einer fast lieb gewordenen Tradition. In den vergangenen drei Jahren war es so, dass der Act auf dem letzten Startplatz im zweiten Halbfinale immer zufällig auch das Finale eröffnet hat. Dieses Jahr wurde Chingiz aus Aserbaidschan aber in die zweite Hälfte gelost, deshalb geht das nicht. Eröffnen wird stattdessen Michela aus Malta, der Spanier Miki hat mit "La Venda" den letzten Startplatz bekommen. Deutschlands S!sters werden von Startposition vier ins Rennen gehen - zwischen der Tschechischen Republik und Russland.
Deutschland muss sich auf sich selbst verlassen
Startplatz vier ist, wenn man auf die Zahlen guckt, keiner, der von sich aus Erfolg verspricht. In der Übersicht der kumulierten Jurypunkte landet er auf den hinteren Plätzen. Hier gehen statistisch deutlich weniger Punkte hin als zu anderen Startnummern. Noch dazu starten die S!sters zwischen den sehr charismatischen Tschechen von Lake Malawi und dem Russen Sergey Lazarev, der 2016 in Stockholm schon fast einen ESC gewonnen hätte und in diesem Jahr Mitfavorit ist. Beim zweiten Halbfinale wirkte dessen Performance allerdings etwas kühl - vielleicht eine Chance für die S!sters, mit einer besonders herzlichen Performance vor dem Russen zu punkten. Carlotta und Laurita müssen von sich aus überzeugen - dass sie das können, haben sie ja schon einmal im deutschen Vorentscheid gezeigt. Zuletzt startete Deutschland 2008 in Belgrad mit den No Angels von Position vier. Luca Hänni aus der Schweiz hat es allerdings im zweiten Halbfinale von diesem Platz ins Finale geschafft. Mit die statistisch schlechteste Startposition ist aber die zwei, die an die Albanerin Jonida Maliqi geht.
Scheitern die Niederlande an der Startnummer?
Die Showverantwortlichen haben wieder versucht, schnelle und langsame Songs - manchmal auch Männer- und Frauenstimmen - abwechselnd zu reihen. In der ersten Hälfte des Finales ist das auch noch gelungen. Nach dem spaßigen "Say Na Na Na" kommt das ernste "Proud". Zwischen den schnellen Songs "Too Late For Love" und "Replay" läuft einmal "Sebi" aus Slowenien zum Runterkommen. John Lundvik startet hierbei nach einer Pause in der Show - genauso wie nachher Hatari. Zypern und Griechenland haben die statistisch stärksten Startnummern in der ersten Hälfte bekommen - die elf und die 13. Erst im vergangenen Jahr schaffte Michael Schulte von der elf einen starken vierten Platz für Deutschland, Conchita Wurst gewann in Kopenhagen 2014 noch von dieser Startposition. Die zwölf fällt zwischen diesen Nummern deutlich ab - und ausgerechnet hier startet der bei den Wettanbietern wohl uneinholbar vorne liegende Niederländer Duncan Laurence. Die Chancen, dass er den Fluch der zwölf bricht, stehen aber nicht schlecht. Er tritt zwischen den musikalisch ganz anderen Nummern aus Zypern und Griechenland auf. Gerade nach Tamtas "Replay" kann "Arcade" glänzen.
Norwegen mit gleicher Nummer, viele Männer in Folge
KEiiNO aus Norwegen können sich freuen. Die 15 hat ihnen im zweiten Halbfinale so viel Glück gebracht, da dürfen sie diese Startnummer fürs Finale gleich behalten. Am häufigsten gewonnen hat in der ESC-Geschichte allerdings die 17. Ein gutes Zeichen für Islands Hatari? Von Michael Rice' Ballade, die vor ihnen für Großbritannien startet, heben sie sich auf jeden Fall ab. Vielleicht werden einige sich bei Hatari an die Finnen von Lordi erinnert fühlen. Lordi gewannen den ESC 2006 in Athen - von Startnummer 17.
Spätestens hier ist es dann auch mit der Abwechslung zwischen Männern und Frauen in der Auftrittsreihenfolge vorbei. Zu viele Männer kamen in die zweite Hälfte des Finales, und so singen zwischen den Plätzen 14 und 22 gerade einmal zwei Frauen - nämlich Zena aus Weißrussland und Alexandra Rotan als Teil von KEiiNO. Weißrussland und Estland starten direkt hintereinander - zwei Acts, deren Finalqualifikation doch für viele überraschend war. Dass diese beiden Songs hintereinanderkommen, genauso wie auch die zwei Big-Five-Nationen Frankreich und Italien, verwundert dann doch. In den Siegwetten lagen diese beiden Länder schon einmal höher als jetzt, die Startnummern jenseits der 20 versprechen aber traditionell viele Punkte. Gut möglich, dass Bilal Hassani und Mahmood diese Chance nutzen.
Showdown zwischen Australien und der Schweiz
Kate Miller-Heidke aus Australien ist die Gewinnerin in den Wetten. Mit ihrer schwerelos aussehenden Performance hat sie es kurz vor dem Finale bis auf Platz zwei der Buchmacher geschafft. Australien hat bislang fast immer Startnummern bekommen, die weit hinten liegen. Dieses Jahr ist sie mit Startnummer 25 vorletzte. Bei den Buchmachern liegt Luca Hänni aus der Schweiz auf Rang vier. Er darf direkt vor Australien auftreten und von seinem Tanzen überzeugen. Zwei Favoriten direkt hintereinander zu setzen, könnte normalerweise dafür sorgen, dass sie sich gegenseitig Punkte wegnehmen. "She Got Me" und "Zero Gravity" sind stilistisch aber wohl so unterschiedlich, dass das gut gehen kann. Mikis "La Venda" verabschiedet die Zuschauer schwungvoll aus den Wettbewerbssongs. Miki setzt allerdings auf eine Choreografie, die sich nicht sofort erschließt. Nach der sehr aufwendigen Inszenierung von Australien könnte die Wirkung des Spaniers etwas verpuffen.
Die Favoriten der Buchmacher haben also fast alle - wie immer, seitdem die Startnummern nicht mehr ausgelost werden - wieder vermeintlich gute Positionen bekommen. Nur Russland auf der Fünf wird mit dem Sieg wohl nichts mehr zu tun haben. Das Finale des ESC beginnt am Samstag, den 18. Mai um 21 Uhr und wird im Ersten, bei ONE, in der Deutschen Welle und bei eurovision.de live übertragen.