Måns Zelmerlöw: "Wir sind es gewohnt, gute Popmusik zu produzieren"
Wir sind im Hilton Vienna verabredet, dort, wo er und seine Delegation sich einquartiert haben. Schwedens ESC-Team nimmt stets in vorzüglichen Häusern Quartier. Måns Zelmerlöw hat eine Interviewstrecke abzuarbeiten - aber das Serielle dieser Gespräche mit allen möglichen Journalisten steckt er gut weg. Er ist, Kind von bildungsbürgerlichen Eltern aus dem südschwedischen Lund, keineswegs genervt, sondern von ergebenster Höflichkeit. Erkundigt sich am Ende danach, wo in Berlin man leben könne: "Ach, nein, Friedrichshain ist out? Wo ist es hip? Neukölln? Na, dann suchen wir dort eine Bleibe." Zunächst übergibt er ein Armband, ein Give-away seiner Stiftung, die sich etlichen Schulen in Afrika widmet.
Måns, ist es für einen Künstler wichtig, sich um karitative Projekte zu kümmern?
Måns Zelmerlöw: Für mich ist es wichtig. Ich war schon als Kind mit meinen Eltern oft in Südafrika – und habe gesehen, wie man dort lebt. Ich möchte mit einem Teil des Geldes, das ich verdiene, helfen können - und kann nur dazu aufrufen, diese Projekte zu unterstützen.
Aber sollte es nicht für einen Künstler wie dich zunächst wichtig sein, die eigene Kunst zu verkörpern?
Zelmerlöw: Natürlich, das ist wahr, aber die Stiftung, für die ich mich einsetze, kann ich ja mit meiner Prominenz versehen. Das hilft ihr hoffentlich.
Anders gefragt: Ist die Welt in Schweden so perfekt, dass es dort keine Hilfsbedürftigkeit mehr gibt?
Zelmerlöw: Nein, aber ich bin, was Afrika anbetrifft, sehr treu. Ich fühlte mich nach meinen Reisen in meiner Kindheit besonders verpflichtet.
Erklären Sie uns bitte: Was ist das "Melodifestival", die schwedische Vorentscheidung zum ESC in Ihrem Land?
Zelmerlöw: Für einen Künstler ist es das Größte, dort aufzutreten. Alle gucken es - und das seit ewigen Zeiten. Das "Melodifestival" ist größer als alle Künstler dort zusammen - wer dort gewinnt, ist in meinem Land eine Berühmtheit.
Sie haben im März mit "Heroes" alle hinter sich gelassen, beim vierten Versuch, das "Melodifestival" zu gewinnen, hat es geklappt.
Zelmerlöw: Ja, Gott sei Dank. Ich bin total glücklich darüber.
Ist es nicht typisch, dass schwedische ESC-Lieder auch in den Wetten vorne liegen?
Zelmerlöw: Ja, das ist es wohl. Wir sind es als Schweden gewohnt, gute Popmusik zu produzieren. Seit Abba wissen wir, wie das geht - Schweden ist eines der stärksten Popländer der Welt und in Europa erst recht. Das Publikum erwartet viel.
Von welchem Platz an würde bei Ihnen Enttäuschung einsetzen?
Zelmerlöw: Na, ja, ich hoffe schon auf die Top drei, keine Frage. Platz vier wäre tatsächlich eine leichte Enttäuschung.
In Schweden denken viele Leute, dort sei alles perfekt - und die Welt wartet darauf, in diese Perfektion eingewiesen zu werden. Woher rührt dieses starke Selbstbewusstsein?
Zelmerlöw: Ich weiß nicht genau, aber vermutlich, weil wir eine Art Glauben haben, es immer perfekt machen zu wollen.
Fürchten Sie ein wenig, nicht unter die ersten drei beim ESC zu kommen? So wie Anna Bergendahl 2010 in Oslo, die es nicht einmal ins Finale schaffte?
Zelmerlöw: Nein, das auch nicht. Zuerst muss ich ja durch das Semifinale kommen, das ist schwer genug.
Auf Ihren Schultern lastet viel Erwartungsdruck, oder?
Zelmerlöw: Ich würde es nicht so formulieren, aber, okay, es gibt Erwartungen, über die ich mir völlig im Klaren bin.
Wie entspannen Sie hier in diesen Tagen von Wien?
Zelmerlöw: Mit einem guten Team, das mir vieles vom Leib hält.
Haben Sie einfach mal eine Minute für sich, ohne Termine?
Zelmerlöw: Kaum, aber ich spiele hier Tennis, mein Hobby. Da kann ich abschalten, dabei gelingt es.
Wird Ihre Freundin Sie unterstützen am Dienstag im ersten Semifinale?
Zelmerlöw: Ich bin Single im Moment. Aber ich bekomme Unterstützung von meiner Familie - meine Eltern und meine Schwester werden in Wien sein.