Stand: 07.05.2014 00:36 Uhr

Erstes Halbfinale: Viel Licht, etwas Schatten

Dass die Bühne in den B&W Hallen in Kopenhagen gigantisch ist, stand vorher fest - und viele nutzen im ersten Halbfinale die mehr als 2.800 Lichter, um ihren Auftritt so richtig in Szene zu setzen. Doch offenbar gilt: Weniger ist manchmal mehr. Denn auch viele, die mit reduzierten Auftritten und eher zurückhaltender Bühnendekoration arbeiten, kommen an diesem Dienstagabend weiter.

Dazu gehört der erste Kandidat des Abends: Aram MP3, der schon länger zu den Favoriten zählt. Allein steht er auf der Bühne und singt seine Ballade "Not Alone". Es ist ein unaufgeregter, selbstsicherer Auftritt - den wir im Finale noch einmal hören und sehen werden. Auch die Niederländer The Common Linnets reduzieren ihren Auftritt auf das, worauf es bei einem Song Contest ankommen sollte: die Musik. "Calm After The Storm" kommt grundehrlich und authentisch daher. Ein Country-Song, der ins Finale gehört - und dort auch gelandet ist.

Simplify your performance

Aserbaidschan Dilara Kazimova © NDR Foto: Rolf Klatt
Beide beherrschen ihr Handwerk: Dilara Kazimova und auch ihre Trapezkünstlerin.

Unaufgeregt und ohne ablenkende Lightshows sind auch die Auftritte von Schweden und Aserbaidschan. Sanna Nielsen, die schwedische Helene Fischer, steht in einem riesigen Lichtkegel und besinnt sich ganz auf ihren powervollen Gesang. Ihre Ballade "Undo", ein mehr als klassischer ESC-Song, wird am Finalabend noch einmal erklingen. Genauso wie das Lied von Dilara Kazimova aus Aserbaidschan. "Start A Fire" heißt es. Ein richtiges Feuerwerk sieht zwar anders aus als dieser eher solide Auftritt, aber egal. Die Sängerin und die Trapezkünstlerin im Hintergrund verstehen ihr Handwerk - und kehren damit am Finalabend zurück.

The Tolmachevy Twins aus Russland sind erst 17 Jahre alt, wirken in ihren cremefarbenen Kleidern aber deutlich reifer, um es positiv auszudrücken. Zumindest reifer als ihr Gummi-Pop-Song "Shine", der nur wenig Wiedererkennungswert hat. Muss er aber auch nicht, wir hören ihn ja schon in wenigen Tagen wieder. Ähnlich bieder, oder um es auch hier positiv auszudrücken klassisch, wirkt der Auftritt von Valentina Monetta. Die Sängerin aus San Marino steht vor einer riesigen Muschel aus Stoff, über den Boden wabern Nebelschwaden. Ob sie die Bühnendekoration gewählt hat? Maybe. Vermutlich war es aber Ralph Siegel, mit dem sie schon zum dritten Mal in Folge versucht, den ESC in ihre Heimat zu holen. Die Chance ist größer denn je - zum ersten Mal zieht sie ins Finale ein.

Viele Farben und noch mehr Lichter

Farbenfroher wird es mit Pollapönk aus Island. In b-b-b-bunten Anzügen stehen sie da und singen mit "No Prejudice" einen Song für mehr Toleranz gegenüber Stotterern. Der Auftritt ist ein Feuerwerk der guten Laune, gesanglich vielleicht nicht so stark wie andere Auftritte, aber die Band verbreitet mit ihrem Spaß-Punk für Kinder immerhin sehr gute Laune und Party-Stimmung - und gewinnt damit die Stimmen der Zuschauer. Die junge Ukrainerin Maria Yaremchuk arbeitet an diesem Abend mit sehr viel Licht und einem Tänzer im Hamsterrad. So kommt es bei ihrem Auftritt zu einer gewissen Reizüberflutung, bei der man nicht so recht weiß, wo man als zuerst hingucken soll. Ins Finale schafft sie es dennoch.

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Wer Panflöten schon in der Fußgängerzone nur schwer erträgt, muss beim Auftritt von Sergej Ćetković die Zähne zusammenbeißen und ganz tapfer sein. Ansonsten ist "Moj svijet" eine schöne Balkan-Ballade - wenn man auf so etwas steht. Viele Zuschauer tun dies wohl. Der Ungar András Kállay-Saunders ist auf der Bühne sehr präsent - und zwar auf der ganzen Bühne: Er läuft praktisch die gesamte Bühne während seines Auftrittes ab, von einer Ecke in die andere. Sportlich ist aber auch das Tänzer-Pärchen, das im Hintergrund über das Klavier turnt. Eine Show, die sich am 10. Mai noch einmal wiederholen wird.

Viel Lärm um nix

Belgien Axel Hirsoux © NDR Foto: Rolf Klatt
Nun geht's schneller zurück zu Mutti als Axel Hirsoux lieb sein dürfte: Endstation 1. Halbfinale.

Aarzemnieki aus Lettland sorgen mit fröhlichem Song und bunten Klamotten in der Halle für gute Laune und lösen Jubel aus. Bei den Zuschauern kommt "Cake To Bake" offenbar weniger gut an, einen Finalplatz kann man sich leider nicht backen. Tanja aus Estland hat alles probiert: Singen im Liegen, im Tanzen, beim Durch-die-Luft-gewirbelt-werden und beim Turnen auf dem Tanzpartner. Und doch sind sie und ihr Eurodance-Song "Amazing" abgestraft worden. Hersi Matmuja, die Opernsängerin aus Albanien hat von der Wut der Nacht gesungen. Sollte sie die in dieser Nacht selbst erleben? Wut gegen die Zuschauer, die sie nicht ins Finale gewählt haben? Möglich wär's.

Axel Hirsoux strickt im Vorstellungsfilm seine Landesflagge. Das hat ihm wohl Mutti beigebracht, die eine große Rolle im Leben des Belgiers zu spielen scheint - und vermutlich auch seine florale Bühnendeko ausgesucht hat. Die Zuschauer stehen offenbar nicht so auf Muttersöhnchen. "Mother" wird auf der großen Bühne nicht noch einmal ertönen. Cristina Scarlat aus Moldau lässt Männer über der Bühne schweben, das Bühnenbild erscheint im Gothic-Look. Zum Haareraufen? Wenn es nur das wäre: Zum Ende des Songs reißt sich die Sängerin fast die gesamte blonde Mähne vom Kopf. Die braucht sie aber ja nun auch nicht mehr. Die Portugiesin Suzy trägt ein gewagtes Kleid aus roten Blüten - das zumindest einen Moment erfolgreich von ihrem Macarena-ähnlichen Song ablenkt. Ein sommerliches Lied, bei dem der Funke aber nicht so recht überspringt und man sich wünscht, die drei Minuten wären schnell vorbei. Dann jedoch hat man es auch überstanden: "Quero ser tua" wird definitiv nicht der große ESC-Song werden, diese Chance ist ihr an diesem Abend genommen worden.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 10.05.2014 | 21:00 Uhr