Island: Pollapönk
Die Jogginganzugträger aus Island machen Musik für Kinder und Eltern. Mit dem Indie-Spaßrocksong "No Prejudice" feiern Pollapönk die Toleranz. Damit erreichten sie in Kopenhagen Rang 15.
Die kennt doch jedes Kind! Diese schöne Floskel ist im Falle von Pollapönk ausnahmsweise mal ganz wörtlich zu nehmen - zumindest in Island. Die Alternative-Band will mit ihrer Musik nämlich ganz ausdrücklich sowohl Erwachsene als auch Kinder ansprechen - und tut dies auf ihrer Heimatinsel seit nunmehr acht Jahren mit immensem Erfolg. Pollapönk machen in Island das, was hierzulande die Hip-Hop-Band Deine Freunde betreibt: Sie setzen sich musikalisch für den Familienfrieden ein. Kinder finden's cool, Eltern lustig.
Quatsch mit Soße auf Isländisch
Dabei fing alles an der Uni an: Die Gitarristen und damals angehenden Vorschullehrer Haraldur Freyr Gislason und Heidar Orn Kristjansson nahmen 2006 als Teil einer Studienarbeit ein Album auf, an dem Kinder verschiedener Altersstufen und ihre Eltern Spaß haben und vor allem: mitsingen sollten. Die Platte "Pollapönk" wurde ein Mega-Erfolg in Island. Im Jahr darauf entstand aus dem Projekt eine echte Band. Seitdem haben die Indierocker zwei weitere Alben aufgenommen und so ungeheuer viele Konzerte gespielt, dass man mutmaßen darf: Nicht nur jedes Kind kennt Pollapönk, die Jungs von Pollapönk kennen auch jedes isländische Kind. Frontmann Haraldur ist übrigens inzwischen Vorsitzender des Verbandes der Vorschullehrer in Island.
Gegen Diskriminierung und Vorurteil
Pollapönk setzen sich mit ihrer Musik für Toleranz und gegen Diskriminierung ein: Jeder hat das Recht, in Frieden zu leben, und Unterschiede sollte man feiern, nicht bekämpfen. Da ist es nur konsequent, dass ihr ESC-Beitrag "No Prejudice" (deutsch: "Keine Vorurteile") heißt. Wo wäre dieser Song besser aufgehoben als beim kunterbunten Eurovision Song Contest?
Den entern Pollapönk in quietschbunten Trainingsanzügen. Ihr selbst geschriebener Beitrag ist ein spaßiger Sing-along-Song mit Rumms und höchst eingängigem Refrain ("Boh-boh-boh-boh-boh!"). Dabei hat es Indierock doch immer so schwer beim ESC. Aber was "No Prejudice" angeht, haben die Isländer noch ein Ass im Ärmel: den begnadeten und auch von den Kritikern geliebten Songwriter John Grant. Der US-Amerikaner hat den Song vom Isländischen ins Englische übersetzt, damit auch im Rest Europas die freundliche, weltoffene Message ankommt: Am Beispiel eines Menschen mit Sprachfehler geht es hier um Toleranz, Respekt und - Spaß.
Vom Post-Punk zum Grand Prix
Mit dem ESC sind Haraldur und Heidar übrigens vertraut: Sie spielten einst im Post-Punk-Trio Botnledja, das 2003 beim isländischen Vorentscheid den zweiten Platz hinter Birgitta Haukdal belegte. Botnledja, später umbenannt in Silt, waren in den 90er-Jahren sehr erfolgreich in Island und begleiteten Bands wie Blur, The Prodigy und Pulp auf deren Europa-Tourneen.
Nun also Kopenhagen. Ob Pollapönks krachiger Mitsingrock Islands Bilanz beim Wettbewerb verbessern kann? Nur zwei zweite Plätze kann das Land, das seit 1986 dabei ist, für sich verbuchen: 1999 schaffte das Selma und 2009 Yohanna. Ansonsten sah es ziemlich mau aus für die Teilnehmer von der musikverrückten Insel im Nordatlantik. Immerhin bekommen Pollapönk Beistand von unerwarteter Seite: Ihr Backgroundsänger Ottar Proppé ist isländischer Parlamentsabgeordneter. Na, dann stimmen wir mal alle mit ein: "Boh-boh-boh-boh-boh-boh." Der erste Teil der Mission ist erfüllt: Am Dienstag meisterte die Band das Halbfinale und darf nun um die ESC-Krone mitkämpfen.