Wird es eng für Netta?
Montagabend hat das Juryfinale des ersten Halbfinales stattgefunden und die Wertungen der Juroren der teilnehmenden Länder (plus Großbritannien, Portugal und Spanien, die ja fürs Finale gesetzt sind) wurden ermittelt. Alle mussten also perfekte Auftritte hinlegen, es ging ja immerhin um die Hälfte der Punkte. Tatsächlich waren nicht alle in Höchstform, nicht alle sahen so wohlinszeniert aus wie in den Preview-Clips. Einige Acts werden es heute Abend schwer haben.
Nicht alle waren in Höchstform
Ganz bestimmt wird die Reise für den Isländer Ari Ólafsson beendet sein, dessen Lied zu jeder Konfirmationsfeier passt, aber zu brav ist für ein ESC-Finale. Alekseev aus Weißrussland wird ebenfalls seine Koffer packen müssen, sein "Forever" lässt sich auch nicht durch die symbolische Mega-Rose aufpeppen. Mazedoniens Eye Cue können ebenso nicht auf Mitleid hoffen, es ist ein harmloser und nicht besonders schön inszenierter Auftritt.
Schwächen bei Armenien und Irland
Sevak Khanagyans sphärischer Gesang ist fein und dunkel, nur verfängt das Lied nicht. Der armenische Beitrag ist einfach zu düster. Irlands Ryan O'Shaughnessy gibt vor, ein Liebeslied für eine schwule Paarung zu singen - aber die Parklaterne auf der Bühne, die Klavierspielerin und die beiden hoppelnden Jungs als Deko täuschen eher erfolglos über die Schwächen des Songs hinweg.
Überhörbar und nicht besonders
Auch Aserbaidschans Nummer, gleich zum Auftakt, leidet an Überhörbarkeit. Aisel bedient sich einer Windmaschine, weißer Textilien und einigen Accessoires aus dem Möbelmarkt von nebenan: Aber "X My Heart" wirkt nicht besonders, nicht sympathisch, nicht schön. Auch sie verpasst das Finale. Eugent Bushpepa (was für ein schöner Name!) kann eines der schönsten albanischen ESC-Lieder ever nicht in den Finalsamstag retten: Er wird nach der Show traurig sein, denn er wird nur okay gesungen haben.
Die Monster ängstigen niemanden
Finnlands Saara Aalto mit ihrem "Monsters" überzeugte im Juryfinale nicht. Ihre Darbietung endet zwar damit, dass sie sich vom Podest in die Arme zweier Tänzer wirft (und hoffentlich auch heute Abend aufgefangen wird), aber ihr Lied hat diese gewisse Nervosität und Überaufgeregtheit, die beim ESC nie belohnt wurde. Griechenlands Yianna Terzi und ihr "Oneiro Mou" ist das folkloristischste ESC-Lied des Jahres. Sie wimmert wunderschöne Töne, doch viele Punkte wird sie dafür nicht bekommen.
Zibbz überraschen
Viele tippen ja auf die Schweiz als Verliereract, aber Zibbz und ihr "Stones" machen auf der Lissabonner Bühne eine viel bessere Show als in ihrem Preview-Clip. Sie kommen ebenso weiter wie Belgiens Sennek, Tschechiens Mikolas Josef, Litauens Antwort auf Tori Amos, Ieva Zasimauskaitė, die Opernfrau Elina Nechayeva aus Estland, Equinox aus Bulgarien, Kroatiens "The Vamp" Franka und Österreichs Cesár Sampson. Die letzten zwei Acts eher aber knapp!
Israel klingt nervös
Und natürlich kommt Netta Barzilai ins Finale, kein Zweifel, ihre Fanschar ist jetzt schon auf allen Kanälen gigantisch groß. Nur: Ihr Auftritt war schwach, "Toy" knallt nicht so wie im offiziellen ESC-Videoclip, auf der Bühne sieht alles ernsthaft unsouverän aus - wozu die Grinsewinkekatzen als Deko ihren Teil beitragen. Sie ist Samstag dabei, aber man muss sich Sorgen machen: Ist sie von den Vorschusslorbeeren erstickt worden?
Zypern wird begeistern
Die Gewinnerin des Abends war eine Frau, die in gewisser Weise an die griechische Gewinnerin aus dem Jahr 2005, Helena Paparizou, erinnert: Eleni Foureira aus Zypern, die garantiert viel Geld beim Einkauf von Extensions benötigt. Mit ihrem löwenmähnigen Schopf bietet sie eine hinreißende Show im spektakulärsten Kostüm dieses ESC-Jahres dar: "Fuego" ihr Titel - und dieses Feuer verfängt garantiert.