Cesár Sampson - Harter Typ mit zarter Stimme
Cesár Sampson sieht aus wie einer, der morgens zum Wachwerden 50 Liegestütze macht - auf einem Arm. Auf seinen Pressefotos trägt der Mann mit den breiten Schultern eine dunkle Sonnenbrille, unter der sich ein finsterer Blick erahnen lässt.
Es würde nicht verwundern, kämen Kanye West oder Puff Daddy herein, um ihm kumpelhaft auf die Schulter zu klopfen. Doch das Sprichwort "Harte Schale, weicher Kern" trifft auch auf Cesár Sampson zu: Sobald der Österreicher anfängt zu singen, bröckelt die muskelbepackte Schale und eine soulige Stimme wie von einem "Kuschel Rock"-Album kommt zum Vorschein. Damit will der Sänger beim Eurovision Song Contest 2018 das Publikum berühren.
Sänger, Vocal Coach, Pilates-Lehrer
Der 1983 in Linz geborene Cesár Sampson ist "genetisch vorbelastet", wie er selbst sagt. Das bedeutet: Er kommt aus einem Künstler-Haushalt. Seine Mutter ist Pianistin und war lange als Choreografin und Gesangslehrerin tätig. Sein Vater arbeitet ebenfalls als Choreograf und Pilates-Lehrer. Und weil der Apfel auch im Hause Sampson nicht weit vom Stamm fällt, ist Cesár heute von allem etwas: Sänger, Musiker, Produzent, Vocal Coach. Und auch wenn man den muskelbepackten Sampson eher beim Boxen vermuten würde, tritt er ebenfalls in die Pilates-Fußstapfen seines Vaters. Er macht einen Trainerschein und gibt die Lehre des ganzheitlichen Körpertrainings an seine Schüler weiter. Ach ja: Als Model und Personal Trainer arbeitet der Österreicher ebenfalls. Schön, stark und kreativ - was für eine Kombination.
Die Rebellion des Künstler-Sohnes
Ins Künstler-Dasein wurde Sampson hineingeboren. Doch auch er hat eine rebellische Phase hinter sich. Während Kinder aus spießigen Elternhäusern schon mit lauter Musik oder vernachlässigten Hausaufgaben ein mittelschweres familiäres Erdbeben auslösen können, gestaltet sich die Rebellion in einem kreativen Umfeld schon schwieriger. Sampson findet deshalb in seiner Jugend eine ganz eigene Weise, sich gegen seine Eltern aufzulehnen, indem er Anzüge trägt - seine einzige Chance sich abzuheben, wie er der "Kleinen Zeitung" verrät.
Sinnsuche mit Sozialarbeit
Mit 17 Jahren geht Sampson als Sänger mit Kruder und Dorfmeister sowie den Sofa Surfers auf Tour und bereist mit ihnen die Welt. Doch auch wenn Musik - anfangs als Percussionist, später als Sänger und Songwriter - immer Teil seines Lebens ist, wird Cesár Sampson der Alltag auf Tour und auf der Bühne irgendwann zu oberflächlich. Als er 20 Jahre als ist, reicht es ihm nicht mehr aus, einfach nur Künstler zu sein - er begibt sich auf die Suche nach einem tieferen Sinn. Etwa sechs Jahre lang widmet er sich deshalb der Sozialarbeit. Er arbeitet mit Jugendlichen und mit körperlich behinderten Menschen zusammen. Über diese Tätigkeit findet er mit den Jahren einen neuen Zugang zur Musik und zu seiner Stimme. "Ich habe zwar immer gut gesungen, aber mit dem Bewusstsein und der Erfahrung, die ich jetzt habe, ist das schon etwas ganz anderes", sagt er. Seine Stimme ist für ihn das am besten entwickelte Instrument, das er besitzt.
Song-Contest-Erfolge in der zweiten Reihe
Bevor Cesár Sampson beim Eurovision Song Contest 2018 in Lissabon selbst als Kandidat antritt, kann er bereits große Erfolge bei dem Musikwettbewerb vorweisen. 2017 unterstützt er als Teil des Produzenten-Teams Symphonix International den bulgarischen Künstler Kristian Kostov. Das Ergebnis: ein sensationeller zweiter Platz. Ein Jahr zuvor verhilft der Österreicher außerdem der bulgarischen Teilnehmerin Poli Genova zu einem ebenfalls starken vierten Platz. Beide Male steht Sampson auch als Background-Sänger auf der Bühne.
Ein Lied zum Mitschnipsen
Sich selbst bezeichnet Sampson als Crossover-Künstler. Und auch für seinen ESC-Song kündigt er an, dass mehrere Genres aufeinandertreffen werden. So ist es dann auch - das Midtempo-Stück "Nobody But You" klingt nach R'n'B, ein bisschen auch nach 80er-Jahre-Pop, und der Song hat Gospel-Elemente. Es ist ein Lied zum Mitschnipsen und -wippen. Den Titel für seinen Song-Contest-Auftritt hat er gemeinsam mit seinen Symphonix-Kollegen komponiert.
ORF nominiert Sampson intern
Genau wie schon im Vorjahr Nathan Trent hat der ORF Sampson nach einem internen Auswahlverfahren für den ESC nominiert. "Cesár, wer?" - mag sich der ein oder andere Leser daraufhin gefragt haben. Denn obwohl Sampson jahrelang erfolgreich in der Musikbranche arbeitet, ist er häufig als Texter im Hintergrund tätig. Medien betiteln den Song-Contest-Kandidaten nach seiner Nominierung deshalb als "Linzer aus der zweiten Reihe". Beim ESC 2018 macht er einen großen Schritt nach vorne - ins Rampenlicht.