"Nur die Liebe lässt uns leben", 1972 in Edinburgh (Finale) (3. Platz, 107 Punkte)
Mary Roos: Seit 60 Jahren erfolgreich auf der Bühne
Als einer der erfolgreichsten und beständigsten Stars der deutschen Schlagerszene ist Mary Roos fast so etwas wie ein Fels in der Brandung des schnelllebigen Musikgeschäfts. 60 Jahre dauert ihre Karriere nun schon an.
Schon als Kind singt die kleine Marianne Rosemarie Schwab, die am 9. Januar 1949 in Bingen geboren wurde, im Hotel ihrer Eltern für die Gäste zum Nachmittagstee. Als Neunjährige, nimmt sie ihre erste Schallplatte auf. Ab den frühen 60er-Jahren trägt sie den Künstlernamen Mary Roos. Seither hat ihre markante dunkle Stimme einen festen Platz in der deutschen Schlagerszene.
1970 nimmt Mary Roos mit dem Titel "Bei jedem Kuss" erstmals an einem deutschen Grand-Prix-Vorentscheid teil, muss sich jedoch Katja Ebstein geschlagen geben. Nur wenige Wochen später landet sie mit "Arizona Man" einen Riesen-Hit. Der von der späteren Produzenten-Legende Giorgio Moroder komponierte Titel war wegen des damals überaus avantgardistischen Synthesizer-Sounds musikalisch eine kleine Sensation. "Arizona Man" hält sich mehrere Wochen in den Charts.
Der Traum vom Grand Prix wird wahr
Zwei Jahre später tritt Mary Roos erneut beim Vorentscheid an. Diesmal klappt es. Mit ihrem Titel "Nur die Liebe lässt uns leben" von Joachim Heider setzt sie sich knapp gegen die Konkurrenz durch. Beim Grand Prix in Edinburgh hat sie den undankbaren ersten Startplatz, weshalb man ihr kaum Chancen einräumt. Doch Mary Roos liefert einen grandiosen Auftritt ab. Selbst der britische Kommentator gerät ins Schwärmen über die entspannte und selbstbewusste Performance der damals 23-Jährigen. Jahre später verrät Mary Roos im Interview, warum sie so unbekümmert und gelassen in den Wettbewerb geschritten sei. Sie habe in der Nacht geträumt, dass sie unter die ersten drei käme. Tatsächlich erreicht sie am Ende den dritten Platz.
Internationaler Durchbruch nach Grand Prix
Der Eurovision Song Contest bedeutet für Mary Roos auch den internationalen Durchbruch. Vor allem in Frankreich, wo sie im Anschluss an den Grand Prix als erste Deutsche im renommierten Pariser Konzertsaal "Olympia" ein eigenes Programm hat, ist sie sehr populär. 1975 nimmt Mary mit "Eine Liebe ist wie ein Lied" zum dritten Mal an einem Vorentscheid teil, unterliegt jedoch Joy Flemings "Ein Lied kann eine Brücke sein". Ihrer Karriere schadet es nicht.
Sie produziert in den Folgejahren weiter regelmäßig neue Alben und spielt in Münster in einem Musical. Mit "Hamburg im Regen", einer Hymne an ihre Wahlheimat, liefert sie 1974 einen weiteren Evergreen ab. Ein besonderes Highlight ist ihr Auftritt 1976 in der legendären Muppet-Show. Sie ist die einzige Deutsche, der diese Ehre zuteil wurde. Im Duett mit David Hanselmann nimmt Mary Roos 1982 erneut am Vorentscheid teil. Der Titel "Lady" stammt aus der Feder ihres damaligen Ehemanns Werner Böhm alias Gottlieb Wendehals. Diesmal muss sie Nicole das Feld überlassen, die mit "Ein bisschen Frieden" den Eurovision Song Contest in Harrogate erstmals für Deutschland gewinnt.
Kurz vor ESC-Auftritt der private Schock
Zwei Jahre später, 1984, ersingt sich Mary Roos mit dem Titel "Aufrecht geh'n" von Michael Reinecke und Michael Kunze ihr zweites Grand-Prix-Ticket. Die deutschen Erwartungen an ihren Auftritt in Luxemburg sind hoch, doch für Mary Roos läuft fast alles schief. Kurz vor ihrem Auftritt erfährt sie, dass eine andere Frau ein Kind von ihrem Ehemann Werner Böhm erwartet. Teils abwesend, teils nervös singt Mary Roos ihren Titel, dessen Text für sie plötzlich ungewollte Authentizität erlangt hat. Hinzu kommt, dass das Orchester den Auftakt verpatzt. Am Ende landet Mary Roos lediglich auf dem 13. Platz. Und erntet für ihren Auftritt und das angeblich unpassende fleischfarbene Kleid in der Presse böse Kritik.
Doch auch dieser Rückschlag bedeutet für Mary Roos keinen ernsthaften Karriereknick. Sie arbeitet weiter mit den erfolgreichsten deutschen Komponisten, Textdichtern und Produzenten wie Drafi Deutscher, Ralph Siegel, Dieter Bohlen, Michael Reinecke und Michael Kunze zusammen. 1986 zieht sie sich nach der Geburt ihres Sohnes Julian vorübergehend aus dem Musikgeschäft zurück. Die Ehe mit Werner Böhm, die Mary Roos im Nachhinein schon mal als "Super-GAU" bezeichnet, wird 1989 geschieden.
Seit 60 Jahren auf der Bühne
Seit den 90er-Jahren produziert die Sängerin wieder regelmäßig neue Alben. Mit Titeln wie "Rücksicht" und "Leider lieb ich dich immer noch", einer deutschen Version des Cher-Titels "Believe", landet sie Hits. Im neuen Jahrtausend ist Mary Roos präsenter denn je. Zahlreiche Fernsehauftritte, Konzerte und immer neue CDs - Marys Terminkalender ist übervoll. Auch dem ESC bleibt sie verbunden. Mehrfach ist sie Mitglied der deutschen Jury, zuletzt 2018.
Alle lieben Mary
Mary Roos ist nicht zu bremsen - und im Jahr 2018 wieder besonders präsent. Im Frühjahr erscheint ihr neues Album "Abenteuer Unvernunft". Zudem ist sie in der fünften Staffel von "Sing meinen Song - Das Tauschkonzert" dabei. Ihre Musikerkollegen Rea Garvey, Johannes Strate, Judith Holofernes, Leslie Clio, Marian Gold und Mark Forster interpretieren darin Hits von Mary Roos neu und ziehen den Hut vor der erfolgreichen Sängerin. Sie ist eben eine echte Persönlichkeit - und ihre Energie scheint unerschöpflich. Über sich selbst sagt sie im Interview bei DAS!, sie sei früher eine langweilige Frau gewesen - heute sei sie eine schrille Alte und lebe nur aus dem Bauch heraus.