Stefan Raab und der ESC: Genie oder Glücksritter?

Stand: 17.02.2025 11:25 Uhr

Der Eurovision Song Contest und Stefan Raab - das passt. Seit Guildo Horns Teilnahme 1998 war Raab mehrmals an der Auswahl der deutschen Kandidaten beteiligt. Unvergessen: sein eigener Auftritt und Lenas Sieg.

von Jan Borree

2025 mischt Stefan Raab erneut im deutschen ESC-Team mit. Zusammen mit NDR und RTL sucht er in "Chefsache ESC 2025 - Wer singt für Deutschland?" nach dem Act für den ESC in Basel. Drei Vorrunden und das Finale am 1. März sollen eine Kandidatin, einen Kandidaten oder eine Band hervorbringen, die das Zeug zum ESC-Sieg haben.

"Ich bin kein Typ für Kompromisse. Nur damit hat man eine Chance am Ende des Tages etwas zu gewinnen. Ich will gewinnen. Das ist das Einzige, was mich interessiert. Ich will nicht Zweiter werden. Alles oder nichts." Stefan Raab

 

1998: Stefan "Alf Igel" Raab

Angefangen hat Raabs ESC-Reise vor über 25 Jahren. Unter dem Pseudonym "Alf Igel" komponierte er Guildo Horns Beitrag "Guildo hat euch lieb". Der Name "Alf Igel" war dabei eine Anspielung auf Ralph Siegel, den legendären deutschen ESC-Komponisten, der bis dahin schon an elf deutschen Beiträgen beteiligt war - auch an Nicoles Gewinnerlied "Ein bisschen Frieden". Später betonte Raab in einem Interview, dass die Anspielung nicht als Kritik, sondern eher als humorvolle Hommage an Siegel gedacht war.

Beim Vorentscheid in Bremen setzte sich Guildo Horns eingängiger Ohrwurm souverän und mit großem Abstand vor den anderen Titeln durch - darunter auch drei Songs von Ralph Siegel. Damit trat Guildo Horn 1998 für Deutschland beim ESC an. Und auch Stefan Raab ließ es sich nicht nehmen, in Birmingham dabei zu sein. Wie damals üblich, leitete er als Dirigent das Orchester. Doch während andere Dirigenten seriös in die Kamera blickten, grinste Raab verschmitzt in die Kamera und gab dem Orchester mit seiner gewohnt lockeren Art den Einsatz. Guildo Horn erreichte schließlich einen respektablen siebten Platz - die beste Platzierung für Deutschland seit 1994. Und Raab packte das ESC-Fieber.

2000: Was hatte er denn da?

Stefan Raab und seine Band bei der Probe in Stockholm © dpa - Fotoreport Foto: Carsten Rehder
Gold und Glitzer: Stefan Raab holt als ESC-Künstler 2000 in Stockholm Platz fünf.

Nur zwei Jahre später komponierte und textete Raab seinen zweiten ESC-Song. Dieses Mal jedoch für sich selbst. Mit "Wadde hadde dudde da?" trat Raab beim deutschen Vorentscheid "Countdown Grand Prix 2000" an. Erneut gab es das Duell Raab gegen Siegel. Erneut gewann Raab. Die alteingesessene Grand-Prix-Fangemeinde wähnte darin bereits den Untergang des deutschen Schlagers. Denn "Wadde hadde dudde da?" war nun wirklich alles - außer Schlager. Doch die Zuschauer waren begeistert und Raab setzte sich mit großem Abstand durch.

So ging es für Stefan Raab zum ESC 2000 nach Stockholm. Und auch dort sorgte er für Euphorie. Im gold-weißen Siebziger-Anzug und überdimensionierter Sonnenbrille tanzte und performte er sich bis auf den fünften Platz. Raab zeigte sich darüber jedoch etwas enttäuscht und kommentierte: "Ich wollte entweder Erster oder Letzter werden!"

2004: Komponist, Texter, Entdecker

Vier Jahre nach seinem Aufritt auf der großen ESC-Bühne juckte es Stefan Raab wieder in den Fingern. Doch anstatt erneut selbst zu singen, suchte er diesmal neue Wege und initiierte kurzerhand die Castingshow "Stefan sucht den Super-Grand-Prix-Star" (SSDSGPS). Die Abkürzung und der Name sind ein kleiner Seitenhieb auf eine andere bekannte Castingshow. Raab suchte mit seiner Show einen Kandidaten für den deutschen Vorentscheid zum ESC 2004 und fand: Max Mutzke. Doch geschrieben hat den Song "Can't Wait Until Tonight" wieder mal Raab selbst. Mutzke galt bereits im Vorfeld des Vorentscheids als großer Favorit und gewann diesen dann auch.

Daraufhin fuhr er zum ESC 2004 nach Istanbul. Begleitet - natürlich - von Stefan Raab, der damit bereits zum dritten Mal als Komponist einen Song für den Wettbewerb ins Rennen schickte und als Mutzkes Gitarrist dabei war. Zum dritten Mal landete dabei ein von ihm komponierter Song unter den Top 10: Max Mutzke sang sich auf Platz acht.

2010: Lena gewinnt mit Raab den ESC

Lena und Stefan Raab auf der Pressekonferenz nach ihrem Sieg in Oslo. © NDR Foto: Rolf Klatt
Ein Tag für die Geschichtsbücher: Lena gewinnt an der Seite von Stefan Raab den ESC 2010 für Deutschland.

Nach zwei, vier und sechs Jahren Pause zwischen Raabs ESC-Ausflügen war es 2010 wieder so weit: Stefan Raab und der Song Contest fanden ein weiteres Mal zueinander. Das Ende vom Lied ist längst bekannt: Lena gewann nicht nur die Castingshow "Unser Star für Oslo", sondern mit "Satellite" auch den Eurovision Song Contest. Deutschland siegte damit zum zweiten Mal nach 1982 beim ESC.

Die Idee für die Castingshow kam dabei von Stefan Raab selbst. So kam es zu einer neuartigen Kooperation zwischen Raabs damaligem Haussender ProSieben und der ARD - mit Raab als Jury-Präsidenten der neu geschaffenen Sendung. Der Entertainer komponierte dieses Mal zwar nicht den ESC-Song, war aber als Initiator und Ideengeber der Sendung maßgeblich am späteren Erfolg von Lena beteiligt.

2011: Als Moderator zurück auf der ESC-Bühne

Noch bevor der ESC 2010 überhaupt stattfand, gaben ARD und ProSieben schon bekannt, auch im nächsten Jahr zusammen mit Stefan Raab einen ESC-Act zu suchen. Doch während man noch über Titel wie "Unser Star für Berlin" munkelte, wurde sich dazu entschlossen, Lena ein zweites Mal zum Song Contest zu schicken, um den Titel zu verteidigen. "Unser Song für Deutschland" wurde geboren. In drei Shows präsentierte Lena zwölf Lieder. Stefan Raab war in diesem Jahr wieder nicht nur als Juror dabei, sondern auch an der Entstehung von möglichen ESC-Songs beteiligt. Am Ende entschieden sich die Zuschauer für "Taken By A Stranger", was jedoch keiner der drei Songs aus Raabs Feder war.

Anke Engelke, Stefan Raab und Judith Rakers moderieren das erste Halbfinale © NDR Foto: Rolf Klatt
Zusammen mit Anke Engelke und Judith Rakers führt Raab durch den ESC 2011.

Der ESC 2011 in Düsseldorf vor heimischem Publikum war für Raab dann seine eurovisionäre Krönung: Zusammen mit Anke Engelke und Judith Rakers moderierte er den Eurovision Song Contest. Mehr noch: Weil Vorjahressiegerin Lena durch ihre wiederholte Teilnahme vermeintlich nicht ihren Gewinnersong zu Beginn des Finales performen konnte, stimmten kurzerhand Engelke und Raab "Satellite" an. Nach 1998, 2000 und 2004 war Raab damit musikalisch zurück auf der großen ESC-Bühne, spielte Gitarre und Schlagzeug und sang natürlich. Bis Lena dann doch noch auftauchte und das Lied mit Raab zu Ende performte - ein Show-Opening, welches noch lange im Gedächtnis blieb. "Taken By A Stranger" wurde am Ende Zehnter und Stefan Raab gab nach dem Finale bekannt, dass er einen Schlussstrich unter das Kapitel ESC ziehen wolle.

2012: Abschied auf Raten

Das Jury-Trio Thomas D, Alina Süggeler und Stefan Raab bei der sechsten Show von "Unser Star für Baku" am 09.02.2012 in Köln © Brainpool/ProSieben/ARD Foto: Willi Weber
Thomas D, Alina Süggeler und Stefan Raab suchen 2012 nach einem Star für Baku.

Ein Jahr später übernahmen ARD und ProSieben wieder den Modus der 2010er-Vorentscheidung. Dieses Mal unter dem Namen "Unser Star für Baku". Weil Stefan Raab nach den Vorjahren eigentlich Abstand vom ESC nehmen wollte, nahm Thomas D von den Fantastischen Vier den Posten des Jury-Präsidenten ein. Trotzdem saß Raab dann, neben Thomas D und Frida-Gold-Sängerin Alina Süggeler, in der Jury für den deutschen Vorentscheid. Roman Lob sang sich mit "Standing Still" beim ESC in Baku auf Platz acht. Danach endete Stefan Raabs Reise beim ESC on air. Bis zum Vorentscheid 2017, "Unser Song", war er noch über die Produktionsfirmen Brainpool beziehungsweise Raab TV im Hintergrund beteiligt. Danach zog er sich bis 2024 und der Suche nach dem deutschen Act 2025 vom ESC zurück.

Dieses Thema im Programm:

NDR Blue | ESC Update | 30.11.2024 | 19:05 Uhr

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