2000: Deutscher Vorentscheid in Bremen
Da war es plötzlich wieder, das Schreckgespenst der eingeschworenen und traditionsbewussten Schlagerfans: Stefan Raab. Hatte er bereits 1998 beim Eurovision Song Contest die Gemüter erregt, als sein Schützling Guildo Horn mit der ironischen Liebeshymne "Guildo hat euch lieb" den 7. Platz beim Finale erreichte, wollte er beim "Countdown Grand Prix 2000" in Bremen nun selbst im Rampenlicht stehen. Ein vermeintlicher Affront gegen alteingesessene Grand Prix Fans, die in Raabs Gaga-Disco-Song "Wadde hadde dudde da?" die langjährig gepflegte Glaubwürdigkeit ihres geliebten Wettbewerbs ernsthaft bedroht sahen.
Doch das Enfant terrible begeisterte an diesem Abend erwartungsgemäß die Mehrheit der Fernsehzuschauer und löste eine nationale Debatte aus. "Zum Lachen oder lächerlich?", titelte die Bild-Zeitung, die Zeitschrift Bunte jammerte: "So starb der deutsche Schlager" und die Frankfurter Rundschau jubelte im Vorfeld: "Raab muss zum Grand Prix". Mit 57,4 Prozent der TV-Zuschauerstimmen setzte er sich mit großem Abstand gegen die Mitbewerber durch. Corinna May ("I Believe in God"), die disqualifizierte Gewinnerin des Vorjahres, landete mit 14,1 Prozent der Stimmen auf dem zweiten Platz, dahinter folgten Kind of Blue. Nach der ersten Telefon-Abstimmung waren die anderen Konkurrenten bereits aus dem Rennen: Claudia Cane & Mother Bone, David Kisitu, E-Rotic, Fancy, Goldrausch, Knorkator, Marcel und Lotto King Karl & Die Barmbek Dream Boys fischering ROH.
Der Vorentscheid entpuppte sich an diesem Abend erneut als interessantes Duell zwischen Stefan Raab und Grand-Prix-Legende Ralph Siegel, der bis dato bereits 18 ESC-Songs komponierte (unter anderem Nicoles "Ein bisschen Frieden" von 1982) und Corinna Mays Song "I Believe in God" geschrieben hatte. Raab und Siegel waren bereits 1998 gegeneinander angetreten, als Guildo Horn zum Gewinner gekürt wurde. Produzent Raab gab sich damals das Pseudonym Alf Igel, eine ironische Anspielung auf seinen Konkurrenten.