Stefan Raab: Enfant terrible und Deutschlands ESC-König
Stefan Raab ist nicht nur ein großer Fan des Eurovision Song Contest, sondern inzwischen auch so etwas wie Deutschlands ESC-König: Er schickte Guildo Horn und Max Mutzke für Deutschland auf die Eurovisions-Bühne und trat 2000 in Stockholm selbst an, den Titel zu holen. Doch der Höhepunkt seiner ESC-Karriere gelang ihm 2010 in Oslo: In diesem Jahr suchte und fand er Lena, die nach 28 Jahren den ersehnten zweiten Sieg für Deutschland beim ESC holen konnte. Und auch der ESC 2011 in Düsseldorf wurde zum Triumphzug für Multitalent Stefan Raab: Er schickte Lena ein zweites Mal im eigenen Land ins Rennen und erreichte das selbst gesteckte Ziel "Top Ten".
Auch Raab selbst hatte eine besondere Rolle beim ESC 2011: Er führte als Moderator gemeinsam mit Anke Engelke und Judith Rakers rund 120 Millionen Zuschauer in ganz Europa durch die drei Eurovisions-Shows. Diesem ESC-Rundumpaket war aus seiner Sicht nichts mehr hinzuzufügen und so gab er nur wenige Tage nach dem Finale in Düsseldorf bekannt, dass er nun einen Schlussstrich unter das Kapitel ESC ziehen wolle.
Ein Leben ganz ohne den ESC konnte sich der Entertainer offenbar zunächst doch nicht vorstellen. Denn auch 2012 mischte er wieder mit. Beim Vorentscheid "Unser Star für Baku" saß er neben Jurypräsident Thomas D zusammen mit Alina Süggeler in der Jury.
Guildo, Max und BuViSoCo
Nachdem Stefan Raab bereits 1998 für Guildo Horn unter dem Pseudonym Alf Igel den Eurovision-Song "Guildo hat euch lieb" komponiert hatte, stand er zwei Jahre später selbst im Grand-Prix-Rampenlicht. Mit "Wadde hadde dudde da" kam er in Stockholm auf den fünften Platz. Für den ESC 2004 in Istanbul hatte Raab in seiner Sendung "TV Total" ein eigenes Casting für den deutschen Vorentscheid veranstaltet, wofür er mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet wurde.
Mit dem Gewinner des SSDSGPS-Castings, Max Mutzke, war Raab wieder als Produzent und Mentor des jungen Gesangstalents beim Grand Prix dabei und ließ es sich nicht nehmen, auch auf der Bühne als Gitarrist seinem Schützling beizustehen. Ein sehr respektabler achter Platz war das Resultat dieser fruchtbaren Koalition, auch wenn das selbst gesteckte Ziel eine Top-Drei-Platzierung war.
2005 initiierte Stefan Raab in Anlehnung an den Eurovision Song Contest den Bundesvision Song Contest. Dabei repräsentieren 16 Teilnehmer die verschiedenen Bundesländer. Nach eigener Aussage war eine seiner Hauptmotivationen zur Gründung dieses Wettbewerbs, deutsche Musiker zu fördern. Daher singen die Teilnehmer ihre Texte auch in deutscher Sprache.
Talent mit der großen Klappe und Musik im Blut
Der TV-Entertainer Raab wurde am 20. Oktober 1966 in Köln geboren. Die Eltern betrieben in Köln-Sülz eine Metzgerei. Er war Ministrant und besuchte ein Jesuiten-Internat in Bad Godesberg, das er 1986 mit dem Abitur abschloss. Anschließend studierte er fünf Semester Jura in Köln und Bielefeld und absolvierte dazu eine Metzgerlehre im elterlichen Betrieb, die er mit der Note "sehr gut" als Bezirksbester abschloss. Während des Studiums komponierte und arrangierte Stefan Raab bereits zahlreiche Film- und Fernsehmusiken sowie Werbejingles, dadurch wurde der Kölner Musiksender VIVA auf ihn aufmerksam.
Mit "Böörti Böörti Vogts" in die Hitparade
1994 startete er dort als Moderator der Sendung "Vivasion". Raab sang in seiner Sendung während der Berichterstattung zur Fußball-Weltmeisterschaft live einen Rap-Song über den damaligen Bundestrainer Berti Vogts. Kurz darauf veröffentlichte er diesen Song unter dem Titel "Böörti Böörti Vogts". Der Titel erreichte im Juli 1994 Platz vier der deutschen Hitparade.
Ein Jahr später feierte er einen Single-Erfolg mit dem Titel "Ein Bett im Kornfeld", einer Hip-Hop-Version des Schlagers von Jürgen Drews. 1996 erreichte Stefan Raab mit der Single "Hier kommt die Maus" Platz zwei der Media Control Charts und erhielt Gold für mehr als 400.000 verkaufte Tonträger.
1999 startete Raab dann seine Karriere bei ProSieben mit der Sendung "TV Total", die anfangs wöchentlich ausgestrahlt wurde und ab Frühjahr 2001 viermal pro Woche lief. Darüber hinaus organisierte und vermarktete Raab in unregelmäßigen Abständen sehr erfolgreiche Shows wie die "Wok-Weltmeisterschaft", "Schlag den Raab", "TV Total Turmspringen" sowie Veranstaltungen wie etwa seine Stockcar-Rennen, Parallelslalom und die Autoball-Europameisterschaft.
Entertainment-Genie oder unsensibler Possenreißer?
Stefan Raab ist in der öffentlichen Wahrnehmung nicht unumstritten. Auch wenn er mit zunehmenden Alter etwas zahmer geworden ist, hat er durch Äußerungen in seiner Sendung "TV Total" für den einen oder anderen Eklat gesorgt. Kritiker werfen ihm besonders vor, dass sein Humor häufig auf Kosten schwächerer oder medienunerfahrener Menschen gehe. Er hat aber, und da sind sich die Kritiker einig, ein untrügliches Gespür für musikalische Trends.
Aus die Maus
2015 ist dann erst mal Schluss mit lustig. Im Sommer gibt Stefan Raab bekannt, dass er Ende des Jahres seine Fernsehkarriere an den Nagel hängt. So konsequent Raab seine TV-Erfolge immer nach vorne getrieben hat, so konsequent bleibt er seither auch bei dieser Entscheidung. Als bekannt wurde, dass der deutsche Teilnehmer für den ESC 2017 wieder in einer Castingshow ermittelt wird, die wiederum von Raab TV produziert wird, kam schnell die Vermutung auf, Stefan Raab würde im Rahmen des ESC auf die TV-Bildschirme zurückkehren. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn Raab hält zwar Anteile an der Firma Brainpool, deren Tochterfirma Raab TV ist. Persönlich involviert ist er aber nicht. Im "Ruhestand" kann man sich den Kölner allerdings auch nicht vorstellen. Im Oktober 2018 ist er dann auch wieder mit drei Live-Shows zurück - allerdings nicht im Fernsehen, sondern in der Lanxess Arena in Köln mit seiner Show "Stefan Raab live!".