Stand: 08.11.2016 17:28 Uhr

Frauentrio tritt beim ESC für Niederlande an

Niederlande The Common Linnets © NDR Foto: Rolf Klatt
Seit die Vorentscheidung wegfiel, konnten die Niederlande viele erfolgreiche Acts verzeichnen, wie 2014 die Common Linnets.

Die Niederlande, mit vielen ESC-Siegen eines der ruhmreichsten Länder der Eurovision überhaupt, haben in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom an ESC-Interesse erlebt. Vor allem seit die Vorentscheidung ausfällt. Die charmante Joan Franka war 2012 - als sie sich für Baku qualifizierte - die Letzte, die eine Vorauswahl bestreiten musste. Ihr Song "You And Me", den sie im Indianerlook vortrug, fiel allerdings im Semi durch. Die Acts danach aber landeten, bis auf die Ausnahme Trijntje Oosterhuis 2015 in Wien, allesamt auf guten Plätzen - mit dem Höhepunkt 2014, als in Kopenhagen die Common Linnets beinahe Conchita Wurst überholt hätten. Auch Anouk mit ihrem anbetungswürdigen Lied "Birds" hatte 2013 das Signal gegeben: Mit anspruchsvollem Pop kann man beim ESC an Popularität gewinnen. Das galt vor einigen Monaten auch für Douwe Bob in Stockholm, als er mit "Slow Down" den elften Rang belegte.

Herrey's: Das erste siegreiche Trio

Herreys beim Grand Prix d'Eurovision 1984 © EBU
Die Herry's waren das erfolgreichste Männertrio der ESC-Geschichte. Sie holten 1984 den Sieg nach Schweden.

Nur, gewinnen täte man ja gern auch mal wieder in den Niederlanden. Ein so wichtiges Land für den europäischen Pop, das sollte sich mit Plätzen unter ferner liefen nicht begnügen. Letztmals gelang ein Sieg der Band Teach-In 1975 in Stockholm. Mit der Nominierung von O'G3NE - der Name hat etwas mit Blutgruppe und der Mutter der drei schwesterlichen Sängerinnen zu tun - darf man sich fragen: Ist das eine gute Entscheidung? Denn ein Frauentrio hat noch nie gesiegt, allenfalls ein Männertrio, und das waren die Herrey's, die 1984 mit ihren goldenen Schühchen für Schweden in Luxemburg antraten.

One More Time aus Schweden schafften 1996 einen dritten Rang mit zwei Frauen und einem Mann, die Russinnen von Serebro landeten 2007 vorne, aber nicht auf einem Spitzenrang. Die drei Männer von Il Volo aus Italien belegten 2015 einen sehr guten dritten Platz. Frauentrios waren öfter beim ESC dabei, aber die beste Platzierung gelang 1994 Ralph Siegels gecasteter Band Mekado mit "Wir geb'n 'ne Party".

Das niederländische Trio O'G3NE live auf der Bühne.  Foto: Sander Koning
Sie sind die Hoffnung der Niederlande auf den ESC-Sieg 2017: das charmante Frauentrio O'G3NE.

So ließe sich schlussfolgern: Ein Frauentrio kann es nicht schaffen, weil es noch nie gut ging. Andererseits: Vor Lordi 2006 rechnete auch niemand mit einer finnischen Band unter Masken im gemäßigten Gothic Sound. Und vor Paul Harrington & Charlie McGettigan galt es als ausgeschlossen, dass zwei keineswegs mehr junge Männer, beide obendrein am Klavier, gewinnen würden. Taten sie 1994 aber doch - und die Olsen Brothers nobilitierten die Möglichkeit, dass ein Männerduo siegen könnte, im Jahr 2000 mit ihrem triumphalen "Fly On The Wings Of Love".

Drei wohlklingende, schöne Stimmen

Was für die Siegchancen von O'G3NE spricht, ist, dass die Lieder, die wir von ihnen schon kennen können, gut gesungen sind und nicht, dass sie bereits 2007 beim Junior ESC unter dem Namen Lisa, Amy & Shelley für ihr Land antraten und den elften Platz belegten.

Es sind drei absolut wohlklingende, schöne und schmusige Stimmen - gut zu sehen und nachzuhören bei den Clips, die während der Show "The Voice Of Holland" aufgenommen wurden. Die drei Niederländerinnen gewannen diese Staffel sogar. Ihr Album "We Got This", das sie nach der Show veröffentlichten, erreichte Platz 1 der Albumcharts.

Die drei Schwestern fanden die Idee, am ESC teilzunehmen, großartig. Sie haben nichts gegen dieses Festival, und sie wissen gewiss auch, dass man, siehe Joan Franka, im Semifinale kläglich auf der Strecke bleiben könnte.

Wohlklang wie bei Wilson Philipps

Das niederländische Trio O'G3NE live auf der Bühne bei "The Voice of Holland"  Foto: Remko de Waal
Die drei Schwestern von O'G3NE konnten bereits bei "The Voice of Holland" ein großes Publikum überzeugen. Doch gelingt ihnen das auch in Kiew?

Doch das glaube ich nicht. Sie werden es packen, obwohl die Konkurrenz von Kiew nicht eimmal im Mindesten steht. Und zwar weil sie so verdammt nach Wilson Philipps klingen, dem US-amerikanischen Frauentrio, das in den frühen 90er-Jahren weltweit Erfolg hatte und fast so angehimmelt wurde wie Boy Groups. "Hold On" und "Release Me" waren die stärksten Hits in Deutschland. O'G3NE haben für "The Voice Of Holland" den Titel "Hold On" gecovert: Da fehlte noch die allerletzte Hysterie, die im US-amerikanischen Original durchschimmert, aber man merkt, zu welchen gesanglichen Harmonieleistungen die drei Schwestern aus Dordrecht in der Lage sind.

Ich schätze, dieses Trio wird ein perfektes Lied präsentieren, um mich mal prognostisch schwerst aus dem Fenster zu hängen. Mit den Common Linnets hat niemand gerechnet, auch Anouk wurde kaum hoch gehandelt. Diese drei Niederländerinnen wären das erste Frauentrio, das den Sieg davonträgt. Sie würden beweisen: Beim ESC ist alles möglich.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 13.05.2017 | 21:00 Uhr

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