ESC 2023 für Liverpool wirtschaftlich und kulturell großer Erfolg
Der Eurovision Song Contest 2023 war für die Wirtschaft und Kultur der Gastgeberstadt ein voller Erfolg. Das zeigen Analysen unter der Leitung des Liverpooler Stadtrats in Zusammenarbeit mit mehreren Universitäten.
Laut Europäischer Rundfunkunion (EBU) gab es zwischen Oktober 2022, als Liverpool als Gastgeberstadt bekannt gegeben wurde, und Ende Mai 2023 weltweit mehr als 280.000 Berichterstattungen über den ESC. Rund 162 Millionen Menschen haben die drei Live-Sendungen der BBC gesehen. Nun wurden durch eine Evaluierungsgruppe die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des weltgrößten Musikwettbewerbs, den Großbritannien 2023 im Namen der Ukraine ausrichtete, sowie der Effekt auf die kulturellen Beziehungen untersucht. Neben den Universitäten von Liverpool, Hull, Edge Hill, Brighton, Southampton und Royal Holloway (University of London) waren auch das Ministerium für Kultur, Medien und Sport (DCMS) sowie das Liverpool City Council und das British Council an den Erhebungen beteiligt.
Knapp 780.000 ESC-Besucher in Liverpool
Liverpools Kulturdirektorin Claire McColgan bezifferte im Vorfeld des ESC den Anteil des Tourismus an der städtischen Wirtschaft mit 47 Prozent. Nach dem Event kann sich die Liverpool City Region über Einnahmen in Höhe von 54,8 Millionen Pfund (rund 61,6 Millionen Euro) freuen. Profitiert haben davon vor allem Hotels und private Vermieter von Unterkünften, Restaurants und Bars, Geschäfte sowie die Verkehrsnetze. Insgesamt besuchten 473.000 Menschen die verschiedenen ESC-Events in der Stadt, 306.000 weitere Besucherinnen und Besucher reisten nach Liverpool, um den Eurovision Song Contest auf eigene Faust zu feiern. Allein im Stadtzentrum war der Mai mit 175.000 belegten Hotelzimmern der beste Monat seit Beginn der Zählungen im Jahr 2018.
ESC-Gemeinschaft vereint durch Musik
Das Motto des ESC 2023 lautete "United by Music". Dieser Slogan stand sinnbildlich für die Partnerschaft zwischen dem Vereinigten Königreich, der Ukraine - als Gewinnerland 2022 - sowie der Gastgeberstadt Liverpool und natürlich allen ESC-Fans weltweit. Dies spiegelte sich auch im Logo wider - einer Reihe von Herzen, die auf den Rhythmus von Musik reagieren. Neben den ESC-Shows selbst wurde dieser Spirit vor allem vom 1. bis 14. Mai durch das EuroFest mit vielen kulturellen Veranstaltungen vor Ort gelebt. Außerdem gab es noch das Bildungsprogramm EuroLearn, das den ESC-Geist in Schulen und andere Bildungseinrichtungen getragen hat, sowie das Programm EuroStreet, mit dem sichergestellt werden sollte, dass jede und jeder sich in irgendeiner Form an dem Event beteiligen kann. Darüber hinaus hatte die britische Regierung rund 3.000 Showtickets für in Großbritannien lebende Ukrainerinnen und Ukrainer zur Verfügung gestellt.
Die wichtigsten Ergebnisse aus der Evaluierung zum Thema Kultur:
- Die Bildungs- und Gemeinschaftsprogramme EuroStreet und EuroLearn arbeiteten mit 367 Organisationen und insgesamt 50.000 Menschen zusammen. Es wird geschätzt, dass das Gesamtprogramm zwei Millionen Menschen erreicht hat.
- Das EuroFest, das von Culture Liverpool kuratierte zweiwöchige Kulturfestival, präsentierte 24 Auftragsarbeiten, 19 davon in Zusammenarbeit mit ukrainischen Künstlern. Insgesamt 328.346 Menschen beteiligten sich an diesem Programm, darunter 557 Künstlerinnen und Künstler, 1.750 in anderer Art beteiligte Teilnehmende und 326.039 Zuschauer.
- Das offizielle Eurovision Village am Pier Head lockte in den zehn Tagen seiner Öffnungszeit 250.000 Besucher an.
"Egal, ob ihr an der Veranstaltung mitgearbeitet, diese ikonischen gelben Kapuzenpullis angezogen und euch freiwillig gemeldet habt, auf der Bühne oder auf unseren Straßen aufgetreten seid, im Village getanzt, in der Arena mitgesungen, vielleicht mehr über die Ukraine erfahren habt im Klassenzimmer oder bei der Auswertung der Veranstaltung geholfen habt: vielen Dank. [...] Uns alle verband die Musik." Claire McColgan, Kulturdirektorin von Liverpool
Besucher und Fans rundum zufrieden
Laut einer Umfrage unter den Besuchern von Liverpool berichteten die meisten von überwiegend positiven Erfahrungen. 89 Prozent der Befragten hielten die Veranstaltung beispielsweise für sicher, 88 Prozent lobten die Inklusivität. 96 Prozent der Befragten würden die Stadt im Nordwesten Englands als Reiseziel empfehlen. 42 Prozent der ausländischen Besucher gaben an, dass sich die Ausrichtung des ESC in Liverpool positiv auf ihre Sicht auf das Vereinigte Königreich ausgewirkt habe. Auch der offizielle Eurovision-Fanclub OGAE führte eine Umfrage unter seinen Mitgliedern durch. Demnach fühlten sich 99 Prozent der Befragten in der Stadt willkommen, 98 Prozent liebten die ESC-Festivalatmosphäre.
"Von der Feier der ukrainischen Kultur in der Stadt und auf der Leinwand bis hin zum herzlichsten Empfang, den man sich vorstellen kann - sowohl Liverpool als auch die BBC zeichneten sich nicht nur durch ihre Solidarität aus, sondern auch durch ihre Kreativität bei der Produktion eines des unvergesslichsten, wenn nicht sogar denkwürdigsten Eurovision Song Contest in unserer 67-jährigen Geschichte." Jean Philip De Tender, stellvertretender Generaldirektor der EBU
Liverpooler Bevölkerung mit großem Engagement
Unter den Einwohnern wiederum herrschte großer Stolz darüber, das Liverpool die Gastgeberstadt des ESC war. 80 Prozent hielten das Event für wichtig für die Stadt, 93 Prozent gaben an, mit der Durchführung der Veranstaltung zufrieden zu sein. Knapp zwei Drittel der Befragten waren begeistert, dass Liverpool im Namen der Ukraine den ESC ausgerichtet hat. 475 Menschen leisteten in 350 Schichten rund 12.000 Stunden ehrenamtliche Arbeit. 90 Prozent dieser Freiwilligen stammten aus dem Nordwesten Englands, auch 30 Ukrainerinnen und Ukrainer waren tätig. Auf einer Job-Rekrutierungsmesse für den Eurovision Song Contest wurden an einem Tag 394 Stellen angeboten. Im Rahmen einer Partnerschaft zwischen der BBC und dem Liverpool Institute for Performing Arts kamen insgesamt 145 Studenten beispielsweise als Bühnentänzer bei den Live-Shows, Kostümbildner oder Mitarbeitende im TV-Produktionsteam zum Einsatz.
Auch in Sachen Nachhaltigkeit kann sich das Liverpooler Resümee sehen lassen. Während des Eurovision Song Contest wurden mehr als 50.000 Tonnen Abfall gesammelt, von denen 80 Prozent recycelt werden konnten.
Gesamtkosten des ESC: Geht die Rechnung auf?
Darauf gibt es keine klare Antwort. Wie viel der ESC in Liverpool insgesamt die Gastgeberstadt, die BBC und die Teilnehmerländer gekostet hat, ist nicht genau bekannt. Auf Nachfrage erklärt die Europäische Rundfunkunion, keine Informationen über die Gesamtkosten zu veröffentlichen. Verschiedene Medien berichten von Summen zwischen 27 und 36 Millionen Pfund (30,4 bis 40,6 Millionen Euro). Laut BBC hatte die britische Regierung zehn Millionen Pfund zur Verfügung gestellt. Verwendet wurde dieses Geld insbesondere für Sicherheitsvorkehrungen und Visa-Abwicklungen sowie für die Integration der ukrainischen Kultur in das Event. Darüber hinaus sollen die Liverpooler Behörden dem Bericht zufolge weitere vier Millionen Pfund beigesteuert haben. Im Vorfeld schätzte die BBC ihre eigenen Kosten zwischen 8 und 17 Millionen Pfund (9 bis 19 Millionen Euro) ein. Wie teuer der ESC für den Sender tatsächlich war, gibt auch die BBC nicht preis. Die teilnehmenden Länder haben sich über ihre Rundfunkanstalten durch Gebühren in Höhe von rund fünf Millionen Pfund (5,6 Millionen Euro) an den Kosten beteiligt. Für Liverpool hat sich die Ausrichtung des Eurovision Song Contest 2023 in jedem Fall gelohnt - wirtschaftlich und kulturell.