Stand: 21.05.2015 23:23 Uhr

"Wir kamen mit einem alten Auto nach Wien“

Der Mann sieht für seine 73 Jahre hinreißend aus. Schöne, dunkle Brille, weißes Haar und weit davon entfernt, den öligen Schnulzer im Stile von Roger Whitacker zu geben. Lado Leskovar hat eine kleine, wenngleich für ihn bedeutende ESC-Geschichte hinter sich. Und er erinnert sich gern: "1966 sah ich bei uns im Fernsehen Udo Jürgens, wie er mit 'Merci Chérie' in Luxemburg gewann. Im Herbst darauf nahm ich dieses wunderbare Lied auf Slowenisch auf. So kam ich zum jugoslawischen Vorentscheid."

Politische Botschaften


19:34 Uhr

Im Frühjahr 1967 gewann er diesen als Vertreter Sloweniens im jugoslawischen Staatenbund. Sein Titel "Vse rože sveta" bedeutet auf Deutsch "Alle Rosen der Welt". "Wir lebten damals in einer Welt des Aufruhrs. In Prag zerstörte man mit sowjetischen Panzern an der Spitze den Prager Frühling. Und im Westen gab es das, was man heute 'Achtundsechzig' nennt - eine Zeit des Politischen. Mein Lied passte perfekt, denn 'Vse rože sveta' erzählte von Rosen, die für die Getöteten auf den Straßen lagen. Der Song Contest war damals auf der Höhe der Zeit."

Sieben Punkte am Ende

Leskovar erhielt für seine Performance in der Wiener Hofburg nur sieben Punkte, landete damit auf dem achten Platz: "Ich war stolz auf meine Platzierung. Aber es ging gar nicht ums Gewinnen. Jedenfalls nicht darum, dass man alle anderen Sänger und Sängerinnen als Konkurrenten sah. Sandie Shaw habe ich natürlich erlebt, aber sie war fern für uns. Nein, es war auch damals nicht so, dass man sich als Contest-Sänger traf und Party feierte."

Rückblick
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Die Umstände der Anreise nach Wien, keineswegs lang von Belgrad, wo er damals lebte, waren ebenfalls zeittypisch. Leskovar erzählt: "Nein, damals floss das Geld nicht in Strömen bei uns. Wir fuhren mit einem alten Wagen über wirklich sehr gefährliche Straßen nach Wien. Keine Autobahn weit und breit. Und das Hotel war schön, aber wir hatten Zimmer ohne Bad. Aber machte das etwas aus? Nein, wir freuten uns die Grenze nach Österreich zu passieren und Teil von Europa zu sein." In Wien hielt er sich nur fünf Tage auf: "Mehr brauchten wir für die Proben nicht. Wenn man ein Profi ist, reicht eine Probe für Licht und Positionen - so schnell ging das. Nicht wie heute, da manche zwei Wochen vorher anreisen müssen." An den Abenden vor der Show, so erinnert er sich, ging er mit dem Italiener Claudia Villa, ein Superstar in seiner Heimat, gern in die Weinberge von Wien, nach Grinzing. "Wir bekamen Applaus, das ist mir am stärkten von Wien noch im Kopf", erzählt der 73-Jährige.

Der ESC von heute ist schwierig

Der ESC, wie er damals nicht genannt wurde, war der womöglich eine Brücke nach Europa? "Nein, nicht automatisch", antwortet Leskovar, "mich hatte in Wien der Vater von Vicky Leandros, die für Luxemburg mit 'L'amour est bleu' sangt, angesprochen. Er lebte in Hamburg und war nicht nur der Manager seiner Tochter, sondern auch Produzent anderer Sänger. Er fragte mich, ob ich nicht nach Deutschland kommen wolle, um dort eine Karriere zu machen. Ich war damals vom Typ her so eine Art Rex Gildo. Ich überlegte nur kurz und sagte: Nein. Ich war in Jugoslawien zu Hause, hatte schon eine sehr gute Karriere, mochte das Essen dort und die Musik. Warum sollte ich auswandern wie so viele aus meiner Generation, die als Gastarbeiter nach Österreich und nach Deutschland gingen."

Kritik an Conchita

Zwei Singles hat Leskovar in Hamburg eingespielt, ohne Chart-Resonanz: "Es machte mir nichts aus. Ich ging für die Jahre nach der Eurovision in Wien auf so viele Tourneen in andere Länder, Russland vor allem." Der heutige ESC ist ihm zu groß: "Wir waren in der würdigen Hofburg - mit Menschen im Publikum, die allen höflich applaudierten. Das es jetzt ein Event ist, tut meiner Seele weh." Conchita Wurst insbesondere, findet seine Missbilligung: "Nein, das war Klamauk. Warum muss ein Mann wie eine Frau aussehen wollen? Das ist keine gute Entwicklung für den Contest. Es fing ja schon 1998 mit dieser Israelin, den Namen habe ich jetzt vergessen, an. Ging es da um das Lied? Ich würde sagen: Nein."

Aber ändern sich nicht auch Dinge? "Gut, ja, das tun Dinge. Aber sollte man nicht mehr auf Lied achten? Und darauf, dass es in der eigenen Heimatsprache gesungen wird?", fragt Leskovar. Er wird sich das zweite Semifinale im Saal anschauen, schon zur Unterstützung der slowenischen Künstler. Sonnabend wird er beim Finale nicht dabei sein können. Er hat ein Konzert in Slowenien: "Wenn ich etwas verpasst haben sollte, werde ich es erfahren und im Internet später angucken. Jetzt gehe ich zur Hofburg und gucke mir an, wie dieser Festsaal jetzt aussieht. Ich bin gespannt."

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 23.05.2015 | 21:00 Uhr

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