Das kleine Land Luxemburg ist ein Riese der ESC-Geschichte
Es ist das langersehnte Wiedersehen mit einem verlorenen geglaubten EBU-Mitglied: Luxemburg kehrt 2024 in den Kreis der Teilnehmerländer am Eurovision Song Contest zurück.
Die Nachricht platzte kurz vor dem ESC-Finale 2023 in das Probengeschehen wie eine Bombe. 30 Jahre mussten die Fans auf einen luxemburgischen Beitrag verzichten - letztmalig waren Vertreter des Großherzogtums 1993 auf einer ESC-Bühne zu sehen. Rocklegende Jimmy Martin flehte gemeinsam mit Simone Weis als Duo Modern Times "Donne-moi une chance de te dire", doch Europa mochte ihnen nicht lauschen: Platz 20 mit mageren elf Punkten besiegelte das Schicksal der luxemburgischen ESC-Teilnahmen ein für alle Mal. So glaubten viele bis zum vergangenen Freitag.
Internationales Staraufgebot
Wer erst in den 2000ern seine Liebe zum Wettbewerb entdeckt hat, dürfte das kleine Land im Herzen Europas kaum vermisst haben, doch ESC-Veteranen wissen, dass Luxemburg in Europa einst eine musikalische Großmacht war: Sage und schreibe fünf Mal kehrten Vertreter des kleinen Landes mit dem Grand Prix nach Hause zurück - oder besser an ihren Wohnsitz im Ausland, denn kein einziges Mal holten Künstler mit luxemburgischem Pass die Trophäe. Die Schlacht auf der ESC-Bühne wurde fast ausschließlich von Fremdenlegionären geschlagen, meist aus Frankreich (Jean Claude Pascal, France Gall, Anne-Marie David, Corinne Hermès), aber auch aus Griechenland (Vicky Leandros, Nana Mouskouri), Deutschland (Jürgen Marcus, Chris Roberts), Spanien (Baccara) oder dem Vereinigten Königreich (Ireen Sheer).
Zweiter Beitrag aus Frankreich
Nun könnte man argumentieren, dass die Auswahl in einem Land mit 660.000 Einwohnern nun einmal geringer ist und man deswegen auf Schützenhilfe aus dem Ausland angewiesen sei - was die Isländer mit ihren knapp 390.000 Einwohnern wohl nur milde belächeln dürften. Tatsächlich wurde die einheimische Bevölkerung an der Auswahl der luxemburgischen Beiträge so gut wie nie beteiligt. Plattenfirmen aus dem benachbarten Frankreich instrumentalisierten die Teilnahme des Großfürstentums als zweiten französischen Startplatz beim internationalen Wettsingen und Werbeplattform für ihre Musikprodukte. Bis heute sind viele Franzosen davon überzeugt, dass "Poupée de cire, poupée de son" den ESC 1965 in Neapel für die Grande Nation gewonnen hat.
Neue Vernetzungsmöglichkeiten für luxemburgische Künstler
Das soll nun anders werden. Premierminister Xavier Bettel hat sich nach Auskunft der Tagezeitung Luxemburger Wort höchstpersönlich für einen Wiedereinstieg Luxemburgs eingesetzt, auch um "den europäischen und auch internationalen Esprit des Großherzogtums in den Bereichen Medien und Musik zu bekräftigen." Will heißen: Die luxemburgische Kulturszene soll künftig von der Vernetzung mit Künstlern, Produzenten und anderen Medienschaffenden beim ESC profitieren. Der Markt mag zwar klein sein, doch das sängerische Potenzial ist enorm, findet auch die Dänin Neel Chrillesen, die in Luxemburg lebt und das Comeback journalistisch begleitet. Das plötzliche Interesse luxemburgischer Medien am ESC in Turin hatte schon im vergangenen Jahr den Verdacht geweckt, dass hier etwas in Bewegung geraten war.
Unermüdliche Lobbyarbeit der einheimischen Fans
Womöglich ist die Entscheidung der luxemburgischen Regierung auch das Ergebnis der unermüdlichen Lobbyarbeit, die der heimische ESC-Fanclub seit den 1990er-Jahren bei den zuständigen Stellen betrieben hat. Immer wieder hatten die Mitglieder mit Petitionen, Hintergrundgesprächen und einer eigenen Eurovision Gala Night in Luxemburg die Diskussion um den Wiedereinstieg befeuert. Jahr für Jahr schien die Rückkehr zum Greifen nah, um dann doch vom Sender RTL dementiert zu werden. Nun scheinen die Bemühungen endlich Früchte zu tragen, auch wenn die Verantwortlichen sich bedeckt halten, um ihren Erfolg nicht zu gefährden. Im Juli sollen erste Details zur Wahl des luxemburgischen Beitrags 2024 bekanntgegeben werden. Ab dann heißt es Daumen drücken, denn die weitere Teilnahme des Großherzogtums wird davon abhängen, wie erfolgreich es sich im Wettbewerb schlägt.