Stand: 05.03.2007 16:14 Uhr

Gitte, Wencke, Siw: "Wichtige Show für unsere Branche"

Gitte Haenning, Wencke Myhre, Siw Malmkvist © Kulturinitiative
Die Skandinavierinnen Siw Malmkvist, Gitte Haenning und Wencke Myhre schrieben deutsche Schlagergeschichte.

Die Skandinavierinnen haben deutsche Schlagergeschichte geschrieben und für uns am Grand Prix teilgenommen. Eurovision.de ist es am 5. März 2007 gelungen, mit den Chanson-Ikonen Wencke Myhre, Siw Malmkvist und Gitte Haenning zu sprechen.

eurovision.de: Womit treten Sie am 8. März 2007 beim ESC-Vorentscheid auf?

Gitte Haenning: Wir haben ein kurzes Medley mit skandinavischen Festivalsongs einstudiert und singen unsere eigenen Grand-Prix-Songs. Es treten ja auch andere Künstler auf, etwa Roger Cicero.

eurovision.de: Der ist aber einer der drei Vorentscheids-Kandidaten…

Gitte Haenning: Roger Cicero? Das wusste ich nicht! Ich freue mich sehr auf ihn, weil ich ihn wunderbar finde. Er swingt auf Deutsch, stellen Sie sich das mal vor! Ich war der Meinung, dass das auf Deutsch nicht geht. Er hat das Gegenteil bewiesen.

eurovision.de: Wencke Myhre: Wie war es, 1968 als Ausländerin für Deutschland teilzunehmen?

Wencke Myhre: Ich habe öfter beim norwegischen Vorentscheid teilgenommen, aber nie gewonnen. Dadurch konnte ich mein Land nicht repräsentieren. Letztlich bekam ich von Deutschland die Möglichkeit, in London das Lied "Ein Hoch der Liebe" beim Grand Prix zu singen. Die norwegischen Kollegen waren auch stolz auf mich. Trotzdem war es schon ein bisschen komisch, als Norwegerin ein anderes Land zu vertreten. Ich finde, Musik ist grenzenlos. Ich wollte nur singen.

eurovision.de: Und wie war es für Gitte Haenning, die 1973 in Luxemburg mit "Junger Tag" für Deutschland antrat?

Gitte Haenning: Ich fühlte mich als Dänin einerseits als Verräterin, andererseits natürlich geehrt, dass man mich haben wollte.

eurovision.de: Erinnern Sie sich an Ihre Begegnung mit Marlene Dietrich in Baden-Baden, als Sie mit 16 Jahren mit dem Schlager "Ich will nen Cowboy als Mann" triumphierten?

Gitte Haenning: Sie hat nach meinem umjubelten Sieg meine Hand genommen und das Pressebrimborium für mich übernommen. Ich war ja etwas schüchterner, damals sprach ich noch nicht lange Deutsch. Mich faszinierte, einer so großen Persönlichkeit so lange die Hand halten zu dürfen und sogar auf ihrem Schoß zu sitzen, weil die Fotografen so gerne das Foto von uns hätten.

eurovision.de: Frau Malmkvist: Sie haben 1969 in Madrid beim Grand Prix teilgenommen, wo es zum ersten und letzten Mal in der ESC Geschichte vier Gewinner gab. Fühlten Sie sich als Teilnehmer um eine Chance betrogen?

Siw Malmkvist: Das war richtig komisch. Ich erinnere mich, dass das zum Schluss chaotisch war. Keiner wusste, wer hat eigentlich gewonnen und so setzte man vier auf den ersten Platz. Ich kam dann auf Platz neun.

eurovision.de: Wie haben Sie drei sich kennen gelernt?

Wencke Myhre: Siw war schon eine Lady, als wir uns als Jugendliche kennen lernten. Wir sind oft miteinander aufgetreten, unter anderem bei den Schlagerfestspielen in Baden-Baden. Ich habe gerade ein Bild von meinem 21. Geburtstag gefunden, als die erste Farbsendung im deutschen Fernsehen lief, da waren wir zusammen bei der Funkausstellung in Berlin.

Siw Malmkvist: Ich fand Gitte damals ein bisschen wie eine Dame: die Frisur, die Kleider. Wencke war mehr Teenager.

eurovision.de: Wie würden Sie Ihr Verhältnis beschreiben? Sie touren ja seit Jahren durch Deutschland mit "Gitte Wencke Siw - die Show".

Gitte Haenning: Damals wie heute sind wir auf der Ebene eines Arbeitsverhältnisses. Wir haben uns ja niemals gegenseitig besucht.

Wencke Myhre: Da ist ein unheimlicher Respekt untereinander, wir vertragen uns sehr gut. Jeden Tag hocken wir zusammen in der Garderobe, im Tourneebus haben wir feste Plätze. Wir haben unsere Rituale gefunden. Das ist ein schöner Umgang.

eurovision.de: Was sprechen Sie untereinander für eine Sprache?

Siw Malmkvist: Heute ist das Dänisch und Schwedisch. Die anderen beiden sprechen ab und zu deutsch miteinander. Da bin ich dann sehr erstaunt und frage, warum?

eurovision.de: Wie erklären Sie sich den großen Erfolg Ihrer gemeinsamen Tournee?

Siw Malmkvist: Ich verstehe das nicht. Wir sind drei Mädchen aus dem Norden, die viele Hits in Deutschland gehabt haben. Wir waren und sind sehr beliebt und geben auf der Bühne jedes Mal 100 Prozent.

Wencke Myhre: Bei uns sieht man das pure Entertainment. Ich vergleiche uns so ein bisschen mit der Sache beim Fußball. Man kommt nicht in die Bundesliga, wenn man nicht als Liliputaner überall die Wiesen abgelaufen ist. Dann spürt man bei uns, diese Grundarbeit, und dass wir Respekt und Liebe zu diesem Showbusiness haben. Wir machen gutes Handwerk, alles live, ohne Playback.

eurovision.de: Wie würden Sie den Grand Prix für Ihre Karriere einordnen?

Wencke Myhre: Absolut positiv. Der Grand Prix ist eine wichtige Show für unsere Branche, um die wir uns kümmern und sie wahrnehmen sollten. Deswegen habe ich noch so oft mitgemacht, sozusagen als Etablierte. Auch wenn wir ein bisschen Jahre auf dem Buckel haben, ist es wichtig, dass man teilnimmt. Es zeigt, dass es keine Konkurrenz gibt. Man darf mitmachen, ohne etwas zu verlieren. Es ist immer noch ein Sprungbrett für junge Menschen.

eurovision.de: Halten Sie den Grand Prix wichtig für eine Musikerkarriere?

Gitte Haenning: Der Grand Prix ist ein Geschäft, um einen Hit zu kriegen. Wenn man einen Hit hat, hat man Macht. Wenn man Macht hat, kann man Qualität bestimmen. Darum geht es.

eurovision.de: Wie sehen Ihre zukünftigen Projekte aus?

Wencke Myhre: Wir touren mit unserer Show noch bis September, dann reise ich mit einer Konzert-Solotour durch Deutschland und Norwegen. Ich hoffe, dass ich auch Zeit finde, eine Platte zu machen.

Gitte Haenning: Ich gehe nach unserer Show auf Tournee mit einer 13-Mann-Band á la Frank Zappa. Später möchte ich daran mitwirken, das bezaubernde Kindermusical: "Knuffer-Tango oder Das Leben ist kein Zuckerschlecken" von Rolf Kühn auf die Bühne zu bringen, das auch für Erwachsene ist.

Letzte Frage: Wem drücken Sie in Helsinki die Daumen?

Wencke Myhre: Meiner norwegischen Kollegin Guri Schanke, sie hat toll in Norwegen abgeschnitten. Den deutschen Beitrag kenne ich natürlich nicht.

Gitte Haenning: Roger Cicero! Inhaltlich ist er jetzt schon der Gewinner.

Siw Malmkvist: Ich habe keine Ahnung, ich habe noch keine Lieder gehört. Ich sitze am liebsten zu Hause auf dem Sofa und schaue mir das im Fernsehen an. Der Grand Prix ist eine herrliche, lustige Geschichte. Und heutzutage herrscht dort eine lockere, fantastische Stimmung. Früher fand ich es ein bisschen steif. Ich bin sehr gespannt auf den Wettbewerb!

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 08.03.2007 | 20:15 Uhr