Stand: 21.03.2013 12:20 Uhr

Sandra Reemer: "Meine Leidenschaft fürs Singen war weg"

von Patricia Batlle

Dreimal hat sie ihre Heimat die Niederlande in den Siebzigern beim Eurovision Song Contest vertreten, 1972 als Duo, 1976 solo und zuletzt 1979 mit Band. Nach vier Jahrzehnten hatte sich Reemer dann aus dem Showbusiness zurückgezogen. Bis wieder der Song Contest dazwischen kam.

Sandra Reemer, im Videobeitrag zu ihrem Song "Als het om de liefde gaat" von 1972 fällt ihr Duopartner Dries Holten beim Singen und Tanzen fast von der Windmühle herunter, auf der Ihr Beitrag gedreht wurde.

Die niederländische Sängerin Sandra Reemer © NDR Foto: Patricia Batlle
"Es war eine Ehre, am Grand Prix teilzunehmen", sagt die dreifache Vertreterin der Niederlande Sandra Reemer.

Sandra Reemer: Das Video haben wir in einem Freilichtmuseum in Holland aufgenommen. An einen Fast-Sturz kann mich nicht erinnern, aber es passt zu ihm. Denn er ist jemand, der gerne Späße mit mir gemacht hat.

Sie haben mit Holten viele Duette zusammen aufgenommen, woher kam diese Verbundenheit?

Reemer: Vielleicht weil wir aus derselben Kultur kommen. Wir wurden beide in Indonesien geboren. Wir waren übrigens nie zusammen, obwohl die Leute das häufig vermutet haben.

Sie haben dreimal am Song Contest teilgenommen, welchen Song mögen Sie am liebsten?

Reemer: Ich habe keinen Favoriten, es sind sehr unterschiedliche Lieder. Jeder Song hat seine Qualitäten. Natürlich habe ich den Song nicht mehr mit Dries gesungen, weil wir 1975 unser Duo aufgelöst haben, danach wurde ich Solistin. Mit "Colorado" wurde ich 1979 in Jerusalem zwar Zwölfte, aber es wurde in acht Ländern ein Top-Hit. Was macht da ein 12. Platz? Es ist von meinen Grand-Prix-Liedern das, was am häufigsten verlangt wird.

Auf Ihrer Website steht, dass Sie sich aus der Musikwelt zurückgezogen haben, trotzdem sind Sie für die OGAE-Deutschland im Januar 2013 in München aufgetreten ...

Reemer: Konkret habe ich mich aus dem Showbusiness zurückgezogen. Es hat mich emotional so unter Druck gesetzt, dass ich das tun musste. Das war Ende 2011. Meine Leidenschaft fürs Singen war weg. Ich dachte mir, ich muss akzeptieren, dass ich so viele Jahre lang eine Sängerin war und dass es damit aus ist. Aber Gott sei Dank kam meine Leidenschaft fürs Singen zurück. Darüber freue ich mich so. Ich bin ein spiritueller Mensch geworden. Ich versuche, Menschen zu helfen, in dem ich ihnen erzähle, wie wichtig es ist, auf sich selbst zu achten, um das Leben mit mehr Zufriedenheit zu meistern. Weil das Leben ganz schön hart sein kann. Ich arbeite mit einem Pianisten, der die selbe Philosophie teilt. Wir bereiten ein Musikprogramm vor, um meine Botschaft mitzuteilen.

Gibt es also bald ein neues Album von Ihnen?

Reemer: Das weiß ich noch nicht.

Zurück zu 1972. Dort haben Sie in Edinburgh direkt nach der Siegerin Vicky Leandros gesungen. Haben Sie geahnt, dass deren Titel siegen könnte?

Reemer: Nein, was ich von 1972 erinnern kann ist, dass ich dort eine Menge Spaß gehabt habe. Ich war mir eigentlich nicht bewusst, oder wollte es vielleicht auch nicht, dass ich an einem Wettbewerb teilnehme. Ich war einfach da, um Spaß zu haben und zu singen. Daher habe ich nicht gemerkt, dass Vicky eine starke Konkurrentin sein könnte. (lacht).

Sie haben bei den drei ESC-Auftritten sehr unterschiedliche Outfits getragen. Haben Sie die noch?

Reemer: Ja. Vor zwei oder drei Jahren habe ich damit eine Ausstellung organisiert, die viel Spaß gemacht hat. Dabei waren auch Outfits von anderen niederländischen Teilnehmerinnen. Die Eintrittsgelder sind zugunsten meiner Wohltätigkeitsorganisaton gegangen, welche Kinder in ihrer schulischen Ausbildung in Ländern der dritten Welt unterstützt. Diese jungen Menschen möchten sehr gerne zur Schule gehen, weil sie verstanden haben, dass sie mit Bildung etwas mit ihrer Zukunft machen können.

Stehen Sie in Kontakt mit den ESC-Fans? Sie haben Ihr Land dreimal repräsentiert, Sie müssten doch eine nationale Ikone sein ...

Reemer: Die Leute können mich über meine Website kontaktieren und machen das nicht sehr häufig. Ich stehe also nicht in engem Kontakt mit den Eurovisionsfans. Daher fand ich den Auftritt in München toll, weil ich davor nie gespürt habe, was für eine Riesensache der Eurovision Song Contest eigentlich ist. Sie fragen mich, ob ich in den Niederlanden eine Ikone bin und ich habe davon nie etwas gespürt.

Dann haben Sie nach Ihren jeweiligen Teilnahmen nicht viel Presserummel erfahren?

Reemer: Nein, da war nichts. Das Gegenteil war eher der Fall, weil ich nicht gewonnen habe. Ich stelle jetzt erst fest, was für eine Ehre es war, damals beim ESC teilzunehmen. Weil man mich jetzt immer noch erkennt. Das ist unglaublich für mich (lacht), es ist schön!

Hat der vierte Platz 1972 denn Ihrer Karriere geholfen?

Reemer: Ja, weil wir danach überallhin eingeladen wurden. Und wir waren hier in Deutschland sehr populär. Ich erinnere mich, weil wir in allen großen Fernsehshows waren, etwa bei der Hitparade mit Dieter Thomas Heck. Ich erinnere mich, wir fuhren von Holland nach Frankfurt und waren in der Mainmetropole am Flughafen und die Leute haben uns verfolgt. Ungefähr so, wie man die Beatles verfolgt hat. Und ich dachte, whow, das passiert uns! Ich hätte nie gedacht, dass uns das in Deutschland passiert. Das ist danach nie wieder passiert, das ist also eine schöne Erinnerung.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 31.03.1979 | 21:00 Uhr

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