Francesco Gabbani - Der mit dem Affen tanzt
Ein guter Abend für alle Fans von Tanz-Moves balzender Gorilla-Männchen: Im ESC-Finale von Kiew wird der bereits so lieb gewonnene Graurücken bei der Performance von "Occidentali's Karma" (Deutsch: Karma der Bewohner der westlichen Welt), dem italienischen ESC-Song von Francesco Gabbani, wieder aus dem Käfig gelassen. Tiere sind auf der ESC-Bühne - das hat uns der Auftritt des weißrussischen Wolfsheulers Ivan im vergangenen Jahr gelehrt - eigentlich verboten. Doch bei dem schwarzen Zottel handelt es sich ja nur um eine Maskerade. Der lustige Auftritt bringt Gabbani, der im Vorfeld als großer Favorit gehandelt wurde, Platz sechs ein.
Der Siegertitel von Sanremo ist typischer Uptempo-Italo-Pop, der selbst im Gastraum des Eck-Italieners in der Gesellschaft von "abgenudelten" Schnulzen à la Eros Ramazotti und Zucchero den Appetit auf die bestellte Pizza nicht vermiest. Gehört auf der Küstenstraße zwischen Amalfi und Positano, lässt der eingängige Song dem italophilen Hörer beim Blick auf das Mittelmeer allerdings auch keine Tränen der Rührung in die Augen schießen - das Gefühl, für viele Teil der italienischen Lebensart, bleibt ein wenig auf der Strecke, zu viele wummernde Tanzbeats.
Fulminanter Sieg beim Sanremo Festival
Den Nerv der italienischen Landsleute scheint Gabbani mit seinem Song jedenfalls getroffen zu haben: Beim diesjährigen Sanremo Festival räumt Gabbani mit "Occidentali's Karma" in der Haupt-Kategorie die Siegertrophäe ab. Mit dem Festival-Sieg gewinnt er auch die Wildcard zur ESC-Teilnahme in Kiew - und Gabbanis Antwort lautet "Si". Sanremo ist offenbar Gabbanis ganz persönlicher Ort des Glücks: Bereits im Jahr 2016 gewinnt er mit "Amen" den Newcomer-Wettbewerb des Festivals sowie den Kritiker-Preis.
Orient meets Okzident - aber nur für Eingeweihte
Sofern die massentauglich konfektionierte Popware die erste Hörprobe überdauert und das Interesse des Hörers geweckt hat, stellt sich die Frage, was will der Künstler uns mit seinem Werk sagen? Der Song handelt von der Faszination des Westens für die Kultur des Orients - und vom Wesen des Menschen, der sich viele Verhaltensweisen seines nächsten Verwandten, des Affen, bewahrt hat. Ein Symbol hierfür soll der tanzende Gorilla sein, der im Musikvideo und in den Auftritten von Sanremo zu sehen ist. Und das Ganze soll außerdem - wie Gabbani in einem Interview verrät - noch eine ironische Sicht auf die westliche Lebensart vermitteln.
Da ist inhaltlich also allerhand los, für den gemeinen ESC-Fan dürfte die Interpretations-Ebene des Songs wohl eher etwas zu "sophisticated" sein - selbst wenn der Song komplett in verständlichem Englisch daherkäme. Doch die donnernden Beats lenken ganz hervorragend von der dünnen Story des Acts ab, die Melodie hat aber - zugegeben - Ohrwurmpotenzial. "Ob der Song nun Menschen mit seiner Message verbindet oder sie mit seinem Rhythmus zum Tanzen bringt, spielt keine Rolle", bringt es Gabbani auf den Punkt. Komponiert und geschrieben hat der 34-Jährige den Titel gemeinsam mit seinem Bruder Filippo, Fabio Ilacqua sowie Luca Chiaravalli.
Favorit der ESC-Experten
ESC-Kenner und Wettanbieter sehen in Gabbani im Vorfeld des ESC den ganz heißen Aspiranten auf den Titel. Eine Rolle dürfte dabei sicher auch das ganz ansehnliche Äußere des Italieners spielen, das viele weibliche Fans zu einer "Ist der niedlich"-Stimme bewegen könnte. Aber auch der kommerzielle Erfolg - Platz eins in den italienischen Charts, Gold-Status sowie europaweit gute Platzierungen in den iTunes-Charts - stützen diese These. Zumindest muss sich Italien - als eines der Big-Five-Länder - nicht durch ein Halbfinale kämpfen und ist für das Finale kräfteschonend gesetzt.
Langjährige Erfahrung als Profi-Musiker
Unbestritten ist, dass Gabbani, der am 9. September 1982 in Carrara in der Toskana geboren wird, über viel musikalische Erfahrung verfügt. Aufgewachsen in der Familie eines Schlagzeugers bekommt Gabbani die Musik quasi in die Wiege gelegt. Mit vier hält er erstmals Drumsticks in den Händen, mit neun widmet er sich dem Gitarrenspiel. Als Gabbani 18 Jahre alt ist, bekommt er mit seinem Trio Trikobalto den ersten Plattenvertrag. Die Band veröffentlicht zwei Alben und feiert kleinere Erfolge als Vorgruppe von Oasis in Italien. Dann startet Gabbani seine Solokarriere, schreibt Songs für andere Künstler und Filmmusik, veröffentlicht 2014 sein erstes Album "Greitist Iz". Mit dem Song "Amen" kehrt er dann beim Sanremo Festival 2016 zurück ins Rampenlicht und bringt zeitgleich "Eternamente ora" heraus, Soloalbum Nummer zwei.
Sechster Platz beim Finale in Kiew
Beim Finale in Kiew will Gabbani beweisen, dass er auch das Gewinner-Gen für internationale Wettbewerbe hat. Er schafft es jedoch nicht auf den ersten Platz. Mit 334 Punkten wird er Sechster.