Ermal Meta & Fabrizio Moro: Hymne gegen Terror
Mit "Non mi avete fatto niente" ("Ihr habt mir nichts antun können") starten Ermal Meta und Fabrizio Moro im ESC-Finale von Lissabon für Italien. Der Song der Gewinner des Sanremo-Festivals 2018 ist ein Plädoyer gegen den Terror, erinnert an die sinnlosen Opfer der jüngsten Anschläge in Europa. Untermalt von einer eingängigen Melodie tragen die beiden Künstler ihre Textzeilen im Stakkato-Stil vor - leidenschaftlich, wie eine Anklage gegen die Terroristen. Der Zuhörer kauft den beiden Künstlern ab, dass ihnen die Message ihres Songs ein persönliches Anliegen ist - das macht sympathisch, obwohl schwere Kost die italienische Leichtigkeit abgelöst hat.
In der Grauzone des ESC-Regelwerks?
Der italienische Beitrag ist mutig, steht doch im Regelwerk des ESC, dass direkte politische Botschaften verboten sind. Doch die vergangenen Wettbewerbe zeigen, dass Politisches bei den Televotern - trotz viel Kritik der Mitbewerber - immer wieder gut ankommt: Zuletzt konnte Jamala im Jahr 2016 mit ihrem hochpolitischen Song "1944" den Sieg für die Ukraine holen.
Und auch mit einer anderen Regel scheinen die ESC-Verantwortlichen beim italienischen Sender RAI nicht zu hadern: Der Titel darf nicht vor dem 1. September des Vorjahres kommerziell veröffentlicht worden sein. Nach Diskussionen um eine Disqualifikation beim Sanremo-Festival machen Meta und Moro keinen Hehl daraus, dass Teile der Melodie aus einem Song stammen, den Koproduzent Andrea Febo bereits für das Festival 2017 eingereicht hatte. Das Lied wurde zwar bereits öffentlich aufgeführt, soll allerdings niemals kommerziell veröffentlicht worden sein. Das alles lässt viel Raum für Debatten.
Vertreter der Cantautore
Moro und Meta sind musikalisch in der italienischen Cantautore -Szene verwurzelt. Die Vertreter des Genres treten mit selbst komponierten Songs auf, in denen viel Wert auf poetische Texte gelegt wird - vergleichbar vielleicht mit dem international bekannten Genre des Singer-Songwriters. Beide Künstler haben außerdem nicht zum ersten Mal am Sanremo-Festival teilgenommen.
Moro ist ein Sanremo-Veteran
Fabrizio Moro kommt am 9. April 1975 als Sohn kalabrischer Eltern in Rom zur Welt. Das Gitarrenspiel lernt er in Eigenregie, bereits als Teenager beginnt er zu komponieren. Der Durchbruch als Musiker gelingt ihm im Jahr 2007 mit dem Song "Pensa" beim 57. Sanremo-Festival. Er belegt den ersten Platz in der Kategorie Newcomer. Und der Wettbewerb beschert ihm weitere Erfolge: Im Jahr 2008 belegt er mit "Eppure mi hai cambiato la vita" den dritten Platz im Hauptwettbewerb des Festivals. Die gleiche Platzierung erreicht er im Jahr 2012 als Komponist: Sängerin Noemi landet mit "Sono solo parole" aus seiner Feder auf dem dritten Rang im Hauptwettbewerb. Im Jahr 2017 geht Moro wieder selbst ins Rennen, landet mit "Portami via" zwar nur auf Platz sieben, gewinnt aber den Preis für den besten Songtext. Mittlerweile hat Moro zehn eigene Alben veröffentlicht und diverse Songs für andere bekannte Künstler geschrieben.
Meta hat albanischen Wurzeln
Die musikalische Biografie von Duettpartner Ermal Meta kann sich ebenfalls sehen lassen. Am 20. April 1981 kommt er im albanischen Fier zur Welt, zieht dann als Teenager mit seiner Mutter und den Geschwistern in die italienische Hafenstadt Bari. Als Mitglied der Bands Ameba 4 und La fame di Camilla nimmt er in den Jahren 2006 und 2010 am Newcomer-Wettbewerb des Sanremo-Festivals teil und sammelt erste Erfahrungen auf großer Bühne. Ab dem Jahr 2013 wandelt er auf Solopfaden und arbeitet vor allem als Komponist für andere bekannte italienische Künstler. 2016 erreicht er dann mit "Odio le favole" den dritten Platz als Solokünstler im Newcomer-Wettbewerb von Sanremo. Mit "Vietato morire" gelingt ihm im folgenden Jahr dieselbe Platzierung dann im Hauptwettbewerb und der Gewinn des Kritikerpreises. Drei Soloalben hat Meta bislang herausgebracht.
Großer Erfolg in der Heimat Italien
"Non mi avete fatto niente" schlug in den Charts ein wie eine Bombe, schon wenige Tage nach dem Festival-Sieg erlangt das Lied Gold-Status, mittlerweile ist sogar Platin erreicht. Die italienische Originalsprache des Songs ist ein klarer Wettbewerbsnachteil gegenüber den englischsprachigen Beiträgen, insbesondere, weil das Lied von seiner politischen Botschaft lebt. Als kleinen Tribut an das internationale Publikum hat Team Italien das offizielle Musikvideo und auch die Bühnenperformance in Lissabon zumindest mit Einblendungen in verschiedenen Sprachen versehen.