Stand: 03.11.2015 11:00 Uhr

Wer Spaß hat, braucht keinen Lohn?

von Jan Feddersen und Jürgen Werwinski
Junge Frau trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift: Volunteer - May I help you? © NDR
Ohne freiwillige Helfer geht nichts beim ESC.

Volunteers, das englische Wort für Freiwillige, ist ein inzwischen auch geläufiges deutsches Wort - und ein Synonym für Unentgeltlichkeit. Jedes Großprojekt mit gutem Image lebt inzwischen von diesen Helfern und Helferinnen. Olympische Spiele, Fußball-Weltmeisterschaften - es sind vor allem die Volunteers, die das meist freundliche Bild von diesen Events prägen. Und das gilt erst recht für den ESC.

Es ist nicht klar zu ermitteln, wann bei einem ESC erstmals offen Volunteers angeworben wurden. In Oslo 1996 oder erst in Birmingham 1998? War es in Jerusalem 1999 oder 2004 in Istanbul? In Düsseldorf 2011 jedenfalls, als nach Lenas Sieg 2010 der ESC zelebriert wurde, gab es ein gutes halbes Jahr vor den Festivaltagen Mobilisierungen für Volunteers. Sie machten ihre Arbeit ohne Lohn, und das haben alle Freiwilligen, egal bei welchem Ereignis, gemeinsam. In Düsseldorf gab es freies Essen und Eintrittskarten für die Generalproben.

Bezahlung der Freiwilligen würde Budget sprengen

Für die Veranstalter ist das ein günstiges Rechnen: Ohne diese Volunteers käme kein Budget zur Deckung - aber für die Helfer und Helferinnen ist der Lohn trotzdem ein großer. Denn: Im Lebenslauf macht sich ein Einsatz für ein anerkanntes Projekt glänzend.

Im Kontext der Undurchsichtigkeiten der ESC-Strukturen fällt freilich die Beschäftigung von Volunteers durch WOW!works ins Auge. Wow!works ist die Firma von Event Supervisor Sietse Bakker, die sich beim ESC um die Organisation der Pressearbeit und die Medienkommunikation kümmert. Anders als die Volunteers bei Großevents wie den Olympischen Spielen, die in ihrem Land Gäste und Künstler einmalig kostenlos betreuen und ihrem Heimatland so zu einem tollen Event verhelfen, arbeiten für WOW!works seit Jahren weitgehend die gleichen Autoren und Autorinnen - als Volunteers. Sie produzieren Content, der vermarktet wird und betreuen kostenlos die Website eurovision.tv. Mit dem Management dieser Website wurde  WOW!works von der EBU beauftragt und bekommt dafür Geld.

Auf diese Diskrepanz angesprochen, stellt der Executive Supervisor des ESC, Jan Ola Sand, fest, dass dies Fans seien, denen diese Aufgabe Spaß mache.

"They like to do their work, all the volunteers for eurovision.tv. But, okay, if we would pay them, then this means more costs for the broadcasters of the ESC. The money we pay not is not the money of the EBU, it is the money of our members." ("Die ganzen freiwilligen Mitarbeiter bei eurovision.tv lieben ihre Arbeit. Aber, ganz klar, wenn wir sie bezahlen würden, dann hieße das mehr Kosten für die ESC-Sender. Das Geld, das wir nicht zahlen, ist nicht das Geld der EBU, es ist das Geld unserer Mitglieder.")

Eine ernüchternde Antwort, die allerdings typisch für Arbeitszusammenhänge ist, in denen die Lust an der Arbeit stärker ist als der Wunsch, mit ihr Geld zu verdienen. In Zeiten, da selbst in Deutschland der Mindestlohn politisch durchgesetzt wurde, sollte auch die EBU diese Praxis aus sozialen Erwägungen überdenken.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 23.05.2015 | 21:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

2015

EBU

Executive Supervisor Jon Ola Sand. © EBU Foto: Andres Putting/EBU

Transparency now bei der EBU?

12.11.15 | Kritik an internen Strukturen wird erhört: Die Ausschreibungsfrist für die Stelle als Event Supervisor bei der EBU ist verlängert worden. ESC-Chef Jon Ola Sand steht Rede und Antwort. mehr

Screenshot des Flypsite-ESC-Liveblogs auf einem Tablet. (Bildmontage) © NDR, fotolia.com Foto: blackday

Wird die EBU zum Konkurrenten ihrer Mitglieder?

02.11.15 | Bisher war die EBU Dienstleister und Veranstalter des ESC. In diesem Jahr hat die EBU erstmals das Event selbst ausgestrahlt und wird so zum Konkurrenten. mehr