Carlotta Truman: "Bin sehr glücklich über unsere Performance"
Carlotta Truman beeindruckt bereits als Neunjährige in einer TV-Castingshow. Die Hannoveranerin erlebt einen musikalischen Höhepunkt nach dem nächsten. Sie tritt auf Festivals auf und singt beim Silvester-Fest 2017 in Berlin am Brandenburger Tor. Schließlich vertritt sie Deutschland 2019 im Duo S!sters mit Laurita Spinelli beim Eurovision Song Contest in Tel Aviv. Das Duo wird am Ende Vorletzter.
Carlotta Truman - es ist Samstag, kurz nach 22 Uhr Ortszeit in Tel Aviv, und du gehst auf die ESC-Bühne. Was hast du in diesem Moment gefühlt?
Carlotta Truman: Was man sich vorstellen muss ist, dass dieser eine Auftritt der Abschluss von fünf Monaten war. Fünf Monate sich kennenlernen, proben, über Outfits diskutieren. Alles hat auf diese drei Minuten hingearbeitet. Und der Auftritt war so schön, weil wir das Beste daraus gemacht haben. Wir waren danach so erleichtert, weil das meiner Meinung nach der beste Durchgang war, den wir mit dem Song jemals hatten.
War die Anspannung denn wirklich so groß?
Carlotta: Ja, man kann sich das gar nicht vorstellen. Ich war die ganzen Monate kaum zu Hause, hab vielleicht einmal meine Wäsche waschen können und musste dann sofort wieder los. So viele Sachen, die auf einen einprasseln, so viele Entscheidungen, die man treffen muss. Man ist die ganze Zeit auf einem Stresslevel, sodass ich mir dachte, wie kann ich jetzt noch euphorisch für diesen letzten großen Auftritt sein? Wir haben das ja alles tausend Mal gemacht. Am Ende war’s aber die Livesituation. Die Leute in der Halle waren supergut gelaunt - das macht einfach Spaß mit denen. Und nach dem Auftritt war es dann für mich ein Moment der plötzlichen Entspannung. Alles war vorbei.
Und dann kam das Voting und ihr landet am Ende der Show fast ganz hinten. Woran hat es gelegen?
Carlotta: Wir haben einfach das gemacht, was wir können - und das ist singen. Wir haben uns vorgenommen, die beste Performance abzulegen, die wir jemals hatten. Für uns wäre ein Misserfolg gewesen, wenn wir etwas gemacht hätten, was uns peinlich gewesen wäre. Und das ist nicht passiert. Natürlich wollten wir trotzdem für Deutschland einen guten Platz erreichen. Es ist sehr schade, dass wir das nicht geschafft haben, denn den Ehrgeiz hab ich auch gehabt. Wir haben aber eine qualitativ gute Performance gemacht und darüber bin ich sehr glücklich. Laurita und ich haben auch nicht einmal geweint. Wir sind ganz gut damit klargekommen, weil wir es auch in den in den Wettquoten kommen sehen haben. Wir waren natürlich enttäuscht, aber wir wussten, es kann alles passieren.
Wann war euch das klar?
Carlotta: Konkret darauf eingestellt haben wir uns etwa zwei Tage vorm Finale. Wir haben nach Deutschland telefoniert und hatten Interviews mit Radiosendern, die uns alle auf die Wettquoten angesprochen haben. Es war gut, das dann aber auch zu wissen. Nicht dass wir nach dem Ergebnis dann dagesessen und geweint hätten. Ich glaube, das wäre es nicht wert gewesen - dafür war das eine zu krasse Erfahrung. Und letztlich waren wir zwei Künstlerinnen von allen Künstlern in Deutschland, die das erleben durften.
War denn vielleicht der Song deiner Meinung nach nicht der richtige für den ESC oder lag es an der Inszenierung?
Carlotta: Der ESC ist ein Lotteriespiel. Für mich hat Musik ganz viel mit Emotionen zu tun - und das liefert der Song. In Deutschland wurde der Song ja nach einem Mal Hören ausgewählt, deswegen hätte man ja davon ausgehen können, dass es auch beim ESC klappt. Manchmal funktioniert dezent eben gut, und manchmal nicht. Die Performance lag nicht komplett in unseren Händen. Wir haben ein fertiges Produkt bekommen, bei dem wir sagen konnten, ob wir einverstanden sind. Die Grundzüge hat sich ein professionelles Team überlegt.
Und ihr wart einverstanden?
Carlotta: Ja! Wir wurden zum Beispiel gefragt, ob es für uns okay ist, dass wir erst so weit auseinanderstehen und uns dann annähern. Und das ist im Grunde das, was man in den Songlyrics hört. Die Grundperformance fand ich schön.
Und dann gab es den Moment, an dem Laurita und du plötzlich verschwunden wart. Im Schnelldurchlauf sieht man die ganze Delegation, deinen Bruder Amadeus jubeln - nur euch nicht. Wo wart ihr?
Carlotta: Das war ein ganz doofes Missverständnis. Ich hatte an meinem Top so Klebestreifen, die mein Top hochgehalten haben, damit es nicht herunterfällt. Die haben sich gelöst und ich habe gesagt, dass ich jetzt mal ganz schnell los muss, das wieder festkleben lassen. Laurita ist auf Toilette gegangen, vielleicht wurden wir beide nicht richtig gehört. Aber nach dem ganzen durch die Hallen rennen war es dann leider zu spät.
Hat es dir geholfen, dass so jemand wie dein Bruder Amadeus für deine Social-Media-Kanäle dabei war und dich immer begleitet hat?
Carlotta: Natürlich. Ich glaube, Laurita und Amadeus waren die wichtigsten Menschen für mich. Wir drei konnten uns immer vertrauen, waren immer zusammen. Gerade Laurita und ich wussten immer, was die jeweils andere fühlt, weil wir ja in der genau gleichen Situation waren. Ich bin sehr dankbar, dass ich Laurita hatte. Ich glaub, allein hätte ich das nicht so gut durchgestanden. Ich glaub, die schönsten Momente waren, wenn Amadeus, Laurita und ich unterwegs waren und Laurita lustige Geschichten erzählt hat.
Ihr seid als 24. aus der Show herausgegangen, nach dem die EBU korrigiert hat, wart ihr nur noch 25. War das dann ein neuer kleiner Schlag in die Magengegend vier Tage nach dem Finale oder war es dann auch egal?
Carlotta: Das macht dann nicht mehr den großen Unterschied. Ob wir Vorletzter oder Vorvorletzter sind - das ist für mich eine Gruppe, die dann doch im gleichen Bereich ist.
Wie viel Kontakt hast du noch mit Laurita und geht es weiter mit dem Duo S!sters?
Carlotta: Laurita und ich haben sehr viel Kontakt und sind total zusammengewachsen in der Zeit. Ich glaube, das hat man auch gesehen. Jetzt geht es an die Zukunftsplanung und wir überlegen, was wir machen, was unser Gefühl uns sagt und wie wir musikalisch weiter zusammenfinden. Aber wir zwei sind sehr glücklich darüber, dass wir gefunden wurden. Und ich denke schon, dass das eine Art Schicksal war.