Israelisches Goldkehlchen
Nachdem seit drei Jahren kein israelischer Teilnehmer mehr ein Bein auf den Boden - oder vielmehr ins ESC-Finale - bekommen hat, musste sich der nationale Fernsehsender IBA etwas einfallen lassen, um die Chancen auf eine Finalteilnahme zu erhöhen und dem wachsenden Unmut der Zuschauer eine Erfolgsmeldung entgegenzusetzen. Was lag da näher, als eine erprobte Castingshow-Teilnehmerin ins Rennen zu schicken? Mei Finegold hat sich als Teilnehmerin von "Kochav Nolad" (dem israelischen Pendant zu "DSDS") einen Namen gemacht - einem Format, aus dem bereits so erfolgreiche ESC-Teilnehmer wie Boaz Mauda, Shiri Maimon und Harel Skaat hervorgegangen sind. Da es mit dem Interpreten alleine jedoch nicht getan ist, wurden dem Publikum am 27. Februar drei Beiträge zur Auswahl gestellt, die aus insgesamt 78 eingegangenen Songvorschlägen ausgesiebt worden waren. Bis zum Finale am 5. März durften die Zuschauer dann fleißig abstimmen, denn in diesem Jahr haben sie erstmals die alleinige Entscheidungsgewalt. Ihre Wahl fiel auf "Same Heart“.
Neues Selbstbewusstsein
Nun ist es nicht so, dass die drei Beiträge eine sehr große stilistische Bandbreite aufweisen: gut gemachter Pop-Rock mit treibenden Beats, den Mei Finegold mit rauchigem Anastasia-Timbre auf Englisch und Hebräisch vorträgt - einschließlich der einen oder anderen ESC-typischen Rückung zur Steigerung der Dramatik. Allerdings vermitteln alle drei Beiträge eine Botschaft, die mit süßlichen Friedensbekundungen à la "There Must Be Another Way" (Noa & Mira Awad, 2009 in Moskau) nicht mehr viel zu tun hat: "Same Heart“, "Be Proud" und "Nisheret iti" (Staying With Me) stehen für ein kompromisslos selbstbewusstes Israel, das auch die Sängerin überzeugend verkörpert. Selbst die dröge Studio-Vorentscheidung ohne Publikum und mit einer beispiellos unspektakulären Verkündung des Siegersongs macht Finegold durch ihre souveräne Ausstrahlung zum TV-Event. Dass der Fanfavorit "Same Heart“ das Rennen macht, feiern die Interpretin und ihr Team zum Abschluss mit kollektivem Herzen und Küssen. Grund zum Feiern könnte es mit dem Lied auch in Kopenhagen geben.