Frans gewinnt schwedisches Melodifestivalen
33.000 Zuschauer und Zuschauerinnen kamen in die Friends Arena von Solna bei Stockholm zum Finale des Melodifestivalen: Das mussten die zwölf Acts, die es nach vier Vorrunden und der Hoffnungsrunde "Andra chansen" ins Finale geschafft hatten, nervlich erst einmal durchstehen. Am Ende siegte der erst 17-jährige Frans Jeppson-Wall - als Künstlernamen nimmt er nur seinen Vornamen - aus Ystad am südlichsten Zipfel von Schweden mit dem Titel "If I Were Sorry".
Es war eine große Show. In der Tat geizten die Regisseure nicht mit pyro- und lichttechnischen Einfällen. Manche erinnerten an die Performance, mit der voriges Jahr Måns Zelmerlöw zunächst national, dann auch in Wien mit "Heroes" gewinnen konnte: Die Sängerinnen und Sänger hatten millimetergenau ihre Bühnenpositionen zu halten, um die in ihre Shows eingebauten Lasereffekte wirken zu lassen.
Sieg mit minimalem Tanzaufwand
Frans und sein Lied, ohnehin favorisiert und jüngst auch Nummer eins der schwedischen Charts, stach allerdings aus seinen elf Konkurrenten heraus: Seine Performance hatte nur minimalen Tanz- und Choreografie-Aufwand zu bieten. Sein melancholisch stimmendes "If I Were Sorry" hatte im Hintergrund nur eine mächtige LED-Wand, auf der während des Liedes dessen zentrale Stichworte aufleuchteten, etwa seltsamerweise "Dance". Dazu bewegte sich der Teenager, der in Kinderjahren schon eine starke Popkarriere in Schweden geschafft hat - unter anderem mit Liedern zu internationalen Fußballturnieren - in einem Stil, bei dem alle Schritte und Gesten wie zufällig, ganz alltäglich, wirkten. Und das war ein krasser Unterschied zu den mutmaßlich wochenlang trainierten Nummern aller anderen. Das Siegesmotto schien zu sein: So natürlich wie möglich, so künstlich, dass es niemand merkt.
Bei der Punktevergabe gab es schon einen Vorgeschmack auf den neuen internationalen Wertungsmodus im Mai. Zunächst stimmten elf internationale Juroren ab - von Israel über Weißrussland, Frankreich, Norwegen bis Italien. Sie hatten die Hälfte des Stimmengewichts. Dass die Jury international besetzt wird, hat seinen Grund in der Idee, dass ein Siegeslied dem internationalen Geschmack nahe kommen soll, weil das Televoting überwiegend den nationalen Geschmack zum Ausdruck bringt. Bei dieser ersten Wertung lag mit 89 Zählern Oscar Zia mit "Human" mit einem Punkt vor Frans‘ "If I Were Sorry". Durch das Televoting schaffte es Frans aber, Oscar Zia und alle anderen hinter sich zu lassen.
Oscar Zia Jurysieger
Frans bekam beim Televoting 14,4 Prozent der Stimmen (per SMS oder Telefon, in seinem Fall 1.817.638 Millionen), die Zweitbeste beim Publikum war mit 9,5 Prozent Wiktoria ("Save Me") und 1.202.849 Stimmkontakten. Insgesamt landete auf dem zweiten Platz dann aber "Human" mit 132 Punkten. Auffällig war, dass Samir & Viktor mit ihrer Fredrik-Kempe-Produktion "Bada Nakna" auf dem allerletzten Platz landeten. Sie, die vorige Woche bei Andra chansen noch den Weg ins Finale fanden, waren schließlich kürzlich auch die Nummer eins der schwedischen Charts - offenbar war ihre Entblößungsshow bis auf die bunten Boxershorts doch nicht bezwingend genug.
Die Elemente neben dem Wettbewerben waren nicht minder unterhaltsam: Einerseits lasen prominente schwedische Schauspielerinnen und Schauspieler Textversatzstücke aus schwedischen Vorentscheidungen vor, als deklamierten sie kostbare Lyrik. Andererseits kamen bei der Ausrechnung des Televotings gefühlt sieben Dutzend ehemalige Melodifestivalen-Stars mit ihren Liedern zum Zuge, unter anderem auch auch Charlotte Perrelli (ESC 1999 und 2008), Kiki Danielsson (ESC 1982 und 1985) und Elisabeth Andreassen (ESC 1982, 1985, 1994 und 1996) wurden gezeigt.
Projekt Titelverteidigung?
Mit "If I Were Sorry" liegt Schweden bei den Wettbörsen schon jetzt im Bereich der Favoriten. Ob Frans, der wie ein sehr junger Hipster mit Wollmütze aussieht, wirklich Chancen hat, Schweden zum siebten Mal gewinnen zu lassen, ist natürlich noch ungewiss. An eine Titelverteidigung glaubte man in Schweden auch nach Carolas Sieg 1991 in Rom. Christer Björkman, seit vielen Jahren der Boss der schwedischen ESC-Aktivitäten, trat mit "I morgon är en annan dag" an, galt als Siegesanwärter und landete am Ende 1992 in Malmö auf dem vorletzten Rang.