ESC-Bühnendesigner: "Diese Show ist wie keine andere"
Wir treffen uns in einem Hotel in Berlin am Potsdamer Platz. Florian Wieder ist aktuell in der deutschen Hauptstadt wegen eines TV-Projekts. Er ist ein Jetsetter, ein Globetrotter in seiner Profession - dem Bühnendesign, speziell für große TV-Shows: Heute Los Angeles, morgen Shanghai oder Berlin. Vom 18. April an ist er auf jeden Fall in Tel Aviv. Für den 64. Eurovision Song Contest in der israelischen Mittelmeer-Metropole hat Florian Wieder das Design entwickelt. Es ist seit dem ESC 2011 in Düsseldorf sein sechster Eurovision Song Contest. Wenn er es mal nach Hause schafft, lebt er in München.
eurovision.de: Wir müssen über Tel Aviv sprechen.
Florian Wieder: Natürlich gern. Ich kenne diese Stadt gut, ich habe dort sehr viele Freunde.
eurovision.de: Sie freuen sich auf den Eurovision Song Contest?
Wieder: Selbstverständlich. Diese Show ist wie keine andere - vor allem ist sie gut zu planen, wobei wir erst wenige Wochen vorher die Acts kennen. Mein Metier ist aber nicht die Produktion der Shows, sondern ihr Design.
eurovision.de: Welchen Look können wir dieses Jahr erwarten?
Wieder: Ich hatte mir vor meiner Bewerbung um das Bühnendesign in Tel Aviv nur ungefähr überlegt, wie ich es gestalten würde.
eurovision.de: Entsprechend den Wünschen der israelischen Gastgeber?
Wieder: Nein, die kannte ich nicht. Ein gastgebendes Land hat mir noch nie Vorschriften gemacht. Aber ich kenne Israel beruflich und privat sehr gut. So hatte ich mir überlegt, in der designerischen Sprache des von mir entworfenen Looks Dreiecke stark zu betonen und mit ihnen zu 'spielen'. Aus Dreiecken ist ja auch der jüdische Davidstern gebildet. Und dann hatte ich die Idee, die zwölf Stämme des jüdischen Volkes zu symbolisieren. Natürlich in eine künstlerische Sprache übertragen, nicht auf Anhieb ins Auge springend. So wie voriges Jahr in Portugal das Meer das Thema war - Wellen, Navigationsgeräte, Schifffahrt.
eurovision.de: Was ist der wichtigste Unterschied zum Design des vorigen Jahres, für das Sie ja auch verantwortlich waren?
Wieder: In technischer Hinsicht würde ich sagen, dass es wieder LED-Wände geben wird - Licht-technische Möglichkeiten, die Acts in andere Kulissen, Bilder und Filme, zu hüllen. Das ging in Lissabon nicht, aus finanziellen Gründen. Außerdem ist die Halle in Tel Aviv nicht von der Art der Arenen oder gar ein Stadion wie in Düsseldorf - eine große Bühne, die hufeisenförmig von aufsteigenden Rängen umfasst ist.
eurovision.de: Sondern?
Wieder: Die Halle ist kleiner, sie ist insgesamt rechteckiger. Es gibt sehr viele Zuschauerreihen. Aber man kann auch von ganz weit hinten sehr gut alles auf der Bühne sehen.
eurovision.de: Wird es wieder ein Stehparkett geben? Manche denken, die Ultra-Fans dürfen nicht mehr ihren Jubel vor der Bühne zeigen.
Wieder: Keine Ahnung, woher das Gerücht kam, dass es keine Stehplätze geben wird. Doch, klar, sie wird es geben. Ohne die Fans kann es doch keinen ESC geben. Die Regie braucht sie, um Begeisterung einzufangen. Der ESC muss als Inszenierung ein Flair von Party haben, das ist sein Markenzeichen.
eurovision.de: Jedes Jahr sind beim ESC auch viele aus dem Bereich hinter der Bühne erneut wieder dabei - Techniker etwa. Sie sind nun auch zum wiederholten Mal beim ESC dabei, wie zum Beispiel voriges Jahr in Lissabon - waren Sie denn für die Shows als Bühnendesigner schon aus Gewohnheit gesetzt?
Wieder: Könnte man denken, aber so war es nicht. Tatsächlich kommen viele Teams immer wieder zum ESC, weil sie sich auskennen, sie die Abläufe und die Notwendigkeit einer solchen Produktion drauf haben. Es wird aber auch jede Menge Leute hinter den technischen Kulissen geben, die aus Israel kommen und dort zur Kreativszene gehören. Bei mir als Bühnendesigner war es so, dass man mich bat, einen Pitch, eine Offerte, einzureichen. Neben meiner Bewerbung gab es noch zwölf andere, alle aus Israel, die ihre Entwürfe einreichten.
eurovision.de: Sie designen auch, wie schon für den Vorentscheid in Berlin, den Auftritt der S!sters. Wird sich an deren Performance etwas ändern?
Wieder: Wir werden wohl darauf verzichten, sie auf der Bühne auf einem sich drehenden Karree gehen zu lassen - so ist der letzte Stand. Das war ein bisschen verwirrend, für alle, für die Zuschauer wie für die Künstlerinnen selbst. In Tel Aviv wird viel stärker die Message ihres Liedes fokussiert, gerade am Anfang. Ihre Stimmen, die so wahnsinnig perfekt zusammenpassen, sprechen ja für sich. Für uns geht es nun darum, die Ideen, die ihr Lied transportiert, klar ins Bild zu setzen.
eurovision.de: Wann geht es für Sie los gen Tel Aviv?
Wieder: Am 18. April, bis zum Tag nach dem Finale. Zweimal muss ich von dort noch woanders hin - aber was für mich zählt, ist die Show in Tel Aviv. Ich freue mich sehr drauf.