Insider schreibt Krimi über den ESC
Die erfolgreiche Castingshow-Siegerin Yarden Oz soll Israel nach fünf gescheiterten Anläufen wieder für das ESC-Finale qualifizieren - eine Mammutaufgabe, die ohne die Hilfe des erfahrenen aber beim israelischen Fernsehen in Ungnade gefallenen PR-Fachmanns Yanai Tenenbaum kaum zu bewältigen ist. Doch nicht alleine die Song-Contest-Maschinerie erweist sich als Herausforderung: Der Wettbewerb findet in Aserbaidschan statt, einem muslimischen Land mit offenen Grenzen zum Iran. Und plötzlich werden Yarden und Yanai zum Spielball internationaler politischer Verstrickungen, die sie in Lebensgefahr bringen. Dichtung oder Wahrheit? "Von beidem etwas", sagt Alon Amir, der mit "Three Minutes Of Eternity" seinen ersten Roman vorgelegt hat.
Wie kamen Sie darauf, einen Roman über den Eurovision Song Contest zu schreiben?
Alon Amir: 2011 habe ich das erste Mal darüber nachgedacht, doch erst nach unseren Erfahrungen in Malmö war mir klar, dass ich das, was wir hier in der Delegation erleben, zu Papier bringen muss. Bei einem gemeinsamen Abendessen erzählte ich meiner guten Freundin Mira Awad (Israel 2009) von der Idee, und sie sagte nur vier Worte: "Mach' und schreib', Idiot." Von da an lief alles wie von selbst.
Die Handlung des Romans spielt in einem realen ESC-Austragungsort und viele Dinge, die Sie beschreiben, klingen vertraut. Warum haben Sie ausgerechnet Baku als Schauplatz gewählt?
Amir: Weil das Bedrohungsszenario in Aserbaidschan für uns real war. Das Team wurde Tag und Nacht von 15 Spezialagenten beschützt, vermutlich waren es sogar wesentlich mehr, von denen wir nichts wussten. Im ersten Kapitel des Buchs beschreibe ich das Security-Briefing nach unserer Ankunft, wo Yarden und Yanai erstmals bewusst wird, dass sie ihre Teilnahme mit dem Leben bezahlen könnten. Das hat sich genau so zugetragen.
Wie viel in dem Buch ist Realität und wie viel ist Fiktion?
Amir: Ich würde sagen, 70 Prozent von dem, was ich geschrieben habe, basiert auf realen Begebenheiten, die ich im Laufe der Jahre selbst erlebt habe. Manches ist ein wenig übertrieben, aber vieles habe ich eins zu eins niedergeschrieben.
Wenn das alles stimmt, was Sie schreiben, dürften Sie sich einige Delegationen zum Feind gemacht haben. So erzählen Sie beispielsweise, dass die ein oder andere Jury käuflich ist.
Amir: Ich erzähle doch nichts, was man nicht schon anderswo gelesen hätte. Und ich kann bestätigen, dass man mir in der Vergangenheit mehrmals Geld angeboten hat, um Punkte zu kaufen oder zu tauschen. Ich habe mich nie darauf eingelassen, aber eins möchte ich festhalten: Solche Angebote kommen nicht nur von den üblichen Verdächtigen.
In dem Roman tauchen auch einige reale Personen wie der Schwede Christer Björkman oder die ungarische Delegationsleiterin Szilvia Püspök auf …
Amir: … und sie haben mir erlaubt, sie beim Namen zu nennen. Ich verdanke Christer eine ganze Menge: Er war der erste, der mich 2008 als Mitglied einer internationalen Jury nach Schweden einlud. Damals habe ich eine Menge von und über ihn gelernt. Er ist ein Genie!
Richtet sich das Buch denn eher an Hardcore-Fans oder an ein breites Publikum?
Amir: Die Handlung spielt zwar während des Eurovision Song Contests, aber es könnten auch die Olympischen Spiele oder die Fußball-Weltmeisterschaften sein. Das Buch ist unterhaltsam und witzig geschrieben, manchmal auch ein bisschen vulgär - die perfekte Urlaubslektüre, nicht nur für Fans!
Wenn man liest, was Sie als israelischer Head of Press im Laufe der Jahre alles miterlebt haben, fragt man sich, ob Sie überhaupt noch Lust auf den Job haben.
Amir: Das macht doch den ganzen Reiz aus! Am interessantesten war für mich der ESC 2009, als wir mit "There Must be Another Way" den wohl politischsten Song am Start hatten, der je für Israel zum Song Contest geschickt wurde. In Malmö wurden wir dagegen mit anti-israelischen Demonstrationen konfrontiert. Damit vernünftig umzugehen ist eine Kunst. Und auch, dabei nicht entführt oder erschossen zu werden.