Stand: 19.05.2013 10:04 Uhr

Märchenhafte Stimmung beim ESC-Finale in Malmö

Emmelie de Forest für Dänemark © dpa Foto: Jörg Carstensen
Barfuß zum Sieg: die 20-jährige Emmelie de Forest

Es ist keine ganz große Überraschung, die Petra Mede um Punkt 00.20 Uhr in Malmö verkündet: Emmelie de Forest ist die Siegerin des diesjährigen Eurovision Song Contest. Die Nachricht kommt noch bevor die letzten Länder ihre Punkte durchgegeben haben - und trotzdem später als vermutet: Dafür, dass die Dänin lange als große Favoritin gehandelt wurde, liegt das Feld an diesem Abend eng beieinander, die Punktevergabe ist entsprechend spannend. Um es im Weingut-Jargon zu sagen: ein guter Jahrgang. Aber am Ende kann es eben nur eine geben.

VIDEO: Emmelie de Forest gewinnt den ESC 2013 (3 Min)

Schon als die ersten Töne von "Only Teardrops" aus der Flöte erklingen, bricht in der Malmö Arena Applaus los. Auf der Bühne kniet Goldlöckchen Emmelie - und legt einen wahrlich märchenhaften Auftritt hin. Zu Goldregen und Getrommel scheint sich die nun frisch gekrönte ESC-Königin die Seele aus dem Leib singen zu wollen - und verzaubert zusätzlich mit ihren großen Augen.

Zauberhafte Auftritte auf den ersten Plätzen

Farid Mammadov, eine Tänzerin und Tänzer in einem Glaskasten auf der Bühne beim ESC 2013. © NDR Foto: Rolf Klatt
Farid Mammadovs "Schatten" tanzt unter in einem Glaskasten.

Nur 47 Punkte weniger erhält Farid Mammadov aus Aserbaidschan mit seiner leidenschaftlichen und kraftvollen Ballade "Hold Me". Auch sein Auftritt enthält märchenhafte Elemente und eine ausgefeilte Choreografie: in einem Glaskasten kopiert ein Tänzer die Bewegungen des Sängers und haftet - Spiderman nicht unähnlich - immer wieder an den Glaswänden.

Noch mehr Märchen geht nur beim Auftritt der Ukrainerin Zlata Ognevich: Mit Riesen-Schritten wird die zierliche Sängerin von einem starken Mann auf die Bühne getragen und in einem Zauberwald abgesetzt. Stark ist vor allem aber auch die Stimme, mit der Zlata "Gravity" singt.

Rockige Töne in Malmö

Amandine Bourgeois auf der Bühne beim ESC 2013. © NDR Foto: Rolf Klatt
Starker Gesang, schwache Platzierung: Amandine Bourgeois aus Frankreich.

Zunächst aber startet der Abend eher rockig, mit Amandine Bourgeois aus Frankreich. Ihren kraftvollen "Rock-Chanson" trägt sie mit sehr viel Leidenschaft, ganz starker Stimme und zu lasziv anmutenden Bewegungen vor - und landet trotzdem nur auf Platz 23. Auch der zweite Auftritt liefert rockige Töne, unterstützt von Gitarrensounds: "Something" von Andrius Pojavis, dessen Stimme ein Traum für Fans der Band Depeche Mode ist.

Die Dorians haben eine Rockhymne im Gepäck. Während sie in ihrer Heimat Armenien nicht nur bekannt, sondern auch sehr erfolgreich sind, reicht es an diesem Abend in Malmö nur zu einem 18. Platz. Die Stimme der einstigen Rockröhre Bonnie Tyler wirkt inzwischen ein klein wenig altersmilde, es ist eigentlich nur noch ein "Reströhren" vorhanden. Die Britin singt aber mit großer Leidenschaft, die sich schnell auf das Publikum in der Halle überträgt.

Anouk aus den Niederlanden ist eigentlich auch das was man als Rockröhre bezeichnen könnte, am ESC aber nimmt sie mit einer Ballade teil - und beweist, dass sie auch dieses Segment beherrscht. Ihr Auftritt ist unaufgeregt, aber schön, sorgt im Publikum für riesigen Applaus und beschert ihr einen sehr guten neunten Platz.

Wilde Shows und Glamour-Faktor

Krista Siegfrids küsst eine Tänzerin auf der Bühne beim ESC 2013. © NDR Foto: Rolf Klatt
Die Finnin Krista Siegfrids würde "Ja" sagen. Nur zu wem?

Willkommen in Las Vegas: Krista Siegfrids' Auftritt beginnt mit Hochzeitsglocken, sie selbst ist offenbar von einem exzentrischen Brautausstatter eingekleidet worden. Etwas extravagant ist auch der dazugehörige Popsong "Marry Me" - zu dem die Sängerin hopst, sich schüttelt - und küsst. Ähnlich wild ist auch der Auftritt von Koza Mostra und Agathonas Iakovidis. Nach vielen Balladen und getragenen Songs sorgen die Griechen für ausgelassene Stimmung und flippen auf der Bühne generationsübergreifend aus. Das tun sie - zu Recht - übrigens auch als sie erfahren, dass sie den sechsten Platz belegen. Durchtrainierte Trommler mit nackten, eingeölten Oberkörpern, begleiten den Iren Ryan Dolan auf die Bühne. Am Ende gibt es aber keinen Trommelwirbel für den Sänger: er wird Letzter.

Die Weißrussin Alena lanskaja entsteigt zu Beginn ihres Auftrittes einer riesigen Discokugel: Im kleinen Silber-Blauen präsentiert sie mit "Solayoh" eine ungewöhnliche Mischung aus Folklore und Dance-Song. Apropos Dance: Eine Meisterin des Dancefloor ist Cascada. Zu ihrem Auftritt von "Glorious" sprühen nicht nur auf der Bühne Funken, auch sie selbst sprüht vor Dynamik und legt einen sehr guten Auftritt hin. Leider springt der Funke auf das Publikum wohl nur bedingt über, sie erlangt Platz 21. Anders die Norwegerin Margaret Berger, sie präsentiert sich mit glockenklarer Stimme und weißblonder Frisur als nordische Göttin - und landet auf einem fast göttlichen vierten Platz.

Große Effekte und große Gefühle

Aliona Moon auf der Bühne beim ESC 2013. © NDR Foto: Rolf Klatt
Märchenaft schön: Aliona Moon aus Moldau.

Gleich zwei Acts wachsen an diesem Abend optisch über sich hinaus: Aliona Moon, die mit "A Million" das Thema Liebeskummer aufgreift, und auch Graf Cezar - der eine exotische Vampirshow liefert werden während ihres Auftrittes per Hebebühne in luftige Höhen befördert. Zwischen den beiden, auf Platz zwölf, landet der Belgier Roberto Bellarosa mit "Love Kills", einem eingängigen Song mit einer gewissen Ohrwurmqualität.

Der diesjährige ESC ist aber auch ein Festival der Balladen. Birgit Öigemeel präsentiert "Et uus saaks alguse" vor einer Kulisse, die stark an die 70er-Jahre erinnert. Stark ist auch ihre Stimme, ein wenig zu belanglos vielleicht der Song, sie landet auf Platz 20. Die Popballade der SpanierEl Sueño de Morfeo schneidet noch ein bisschen schlechter ab, hier könnte die dünne Stimme der Sängerin schuld sein.

Es darf geschmachtet werden: Sophie Gelovani und Nodi Tatishvili schwärmen sich nicht nur gegenseitig an, sondern auch einen Wasserfall. Stimmgewaltig sind sie beide und zum Wasserfall im Text gibt es auf der Bühne, Nebel und Feuerwerk - ein Spiel mit den Elementen und eine Titanic-reife Schlussszene reichen für Platz 15. Marco Mengoni steht zwar allein auf der Bühne, aber bei ihm geht es um die ganz großen Gefühle. Stimmlich gibt er alles, legt teilweise sogar so viel Kraft in das Organ, dass er rot anläuft.

Schmachtfetzen und Gute-Laune-Songs

Eythor Ingi für Island auf der Bühne beim ESC 2013. © NDR Foto: Rolf Klatt
Sieht aus wie ein sympathischer Naturbursche: der Isländer Eythor Ingi.

Blonde Mähne, schmachtender Blick: Der Isländer Eythor Ingi singt seine Ballade "Ég á líf" in Landessprache und kommt dabei so sympathisch rüber wie jemand, mit dem man Islandpferde stehlen könnte. Seine Stimme reicht fast für drei Sänger. Dieses Kompliment kann man auch der russischen Sängerin Dina Garipova machen. Sie träumt in ihrer Ballade davon, die Welt zu verändern. Das ist ihr an diesem Abend wohl nicht unbedingt gelungen, aber immerhin macht sie einen sehr guten fünften Platz.

Der Titel "Liebling" oder zu Ungarisch "Kedvesem" klingt zwar auch nach Ballade, hierbei handelt es sich aber um einen eher fröhlichen Song. Und freuen kann sich am Ende wohl auch sein Sänger ByeAlex über den zehnten Platz. Gianluca Bezzinas sommerlicher Song erinnert einen sofort an eine Fahrt im Cabriolet auf dem Weg zum Strandausflug. Sommerlich leicht ist zwar auch sein Stimmchen, aber er macht das durch sein strahlendes Lachen während des gesamten Auftritts wett. Auch der Gastgeber, Robin Stjernberg präsentiert einen Song für den bevorstehenden Sommer: "You" ist eine richtig gute Mitsing-Hymne.

Eine sehr gelungene Show

Petra Mede beim ESC in Malmö © NDR Foto: Rolf Klatt
Petra Mede führt nicht nur als Moderatorin durch den Abend. Sie singt und tanzt auch.

In der Gesamtheit haben die Veranstalter in Schweden eine aufwändige Show geliefert: Deckenlampen sind in die Beiträge eingebunden. Zur spanischen Sängerin Raquel schwebt eine herunter, als Anouk mit "Birds" auftritt, deuten die Lampen Flügelschläge von Vögeln an. Eine große Show liefert auch Petra Mede ab und zeigt, dass sie mehr ist als nur Moderatorin: Während der Votingpause tanzt und singt sie und ist Teil eines Kurz-Musicals.

Special Guests sind Vorjahressiegerin Loreen, die - mit fremden Federn geschmückt - in Richtung Hallendecke schwebt und der schwedische ESC-Star Carola. Es ist außerdem eine Show mit viel Witz und Komik-Elementen, vor allem in den Pausenfilme mit der "Reporterin" Linda Woodruff, die den Zuschauern Schweden nahebringt. Eine Show, wie sie in Dänemark nur schwer zu toppen sein wird - aber bis dahin bleiben ja noch zwölf Monate.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 18.05.2013 | 21:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Schweden

2013