Deutscher Vorentscheid: Die Acts sind heiß auf die Show
Neun Acts, neun Songs, neun Inszenierungen und neun Geschichten: Die Künstler des deutschen Vorentscheids 2024 freuen sich darauf, dass die Show bald endlich losgeht.
Im Studio G von Berlin-Adlershof wird es schonmal ungewohnt familiär. Egal ob Journalisten, Teammitglieder oder Künstler - alle nehmen den gleichen Eingang ins Gebäude, und so kommt man im kleinen Foyer schon einmal ins Plaudern. Nur wenige Schritte - und zwei schwere Sicherheitstüren später steht man dann auch schon im Studio. An diesem besonderen Ort, an dem schon die S!sters 2019 und Malik Harris 2022 den deutschen ESC-Vorentscheid für sich entschieden haben. Neun Acts wollen es ihnen gleichtun - und Deutschland beim ESC 2024 in Malmö vertreten.
Choreograph Marvin Dietmann hat an den Inszenierungen gearbeitet
Am Dienstag schon konnten sich die Acts mit der Bühne vertraut machen. Seit Mittwoch laufen die "heißen" Proben, bedeutet: In Kostüm und Maske, mit Inszenierung und Kameras. Ganz so wie es am Freitag in der Liveshow aussehen soll. Bestenfalls zumindest. Im Publikum sitzen diverse Journalisten, außerdem haben natürlich die ESC-Verantwortlichen des NDR, Delegationsleiterin Alexandra Wolfslast und Redakteur Stefan Leidner ihre Augen auf den Performances. Hinter dem Regiepult sitzen der Österreicher Marvin Dietmann, der erneut an allen Inszenierungen gearbeitet hat und Alexandra Farrensteiner, die wie schon im Vorjahr Regie führt und für "Unser Lied für Liverpool" für einen deutschen Fernsehpreis nominiert wurde.
Der ESC - eine große Familie
Und so wie auch der ESC bringt auch der Vorentscheid schon Menschen wieder zusammen. So wie etwa Daniel Leon Schmidt alias NinetyNine und seinen Bruder, die beide aus einer Musikerfamilie kommen: "Er ist klassischer Musiker geworden, ich bin Popmusiker geworden und jetzt auf dieser Riesenbühne hab ich ihn tatsächlich überredet bekommen, mit mir eine kleine Reunion zu feiern", erzählt der 1,99 Meter große Sänger, dem bei seiner ersten Probe auch ein kleines Missgeschick passiert ist: "Ich habe ein Gitarrensolo am Ende meines Songs und hab auf dem Weg zurück zum Mikro den Mikrofonständer umgehauen - und das ist immer gut, wenn sowas in der Probe passiert, dann kann es beim großen Auftritt am Freitag nicht schiefgehen!" Dort tritt er dann mit seinem Titel "Love On A Budget" an.
Musikalisch ist auch die Familie von Marie Reim. Der Vater ist Schlagerstar Matthias Reim, die Mutter Michelle nahm am ESC 2001 teil. Marie Reim trägt ein rotes Kleid, das früher noch ihrer Mutter gehört hat und das nun ein Glücksbringer für sie ist. Sie hat an ihrem möglichen ESC-Song "Naiv" selber mitgeschrieben: "Es ist ein autobiographischer Song, es betrifft mich auch in der Zeit gerade. Aber in der Liebe naiv zu sein, ist etwas Schönes, denn damit hat man immer wieder eine Chance auf Glück." Sie kann den Freitag schon gar nicht abwarten: "Ich freu mich sehr auf Showtime!" Mit dabei hat sie vier Tänzer, die in den verschiedenen Probendurchgängen mal schwarze Westen getragen haben, sie mal während des Songs ausgezogen haben und auch mal von Anfang an gar keine anhatten. Was wirklich in der Show passiert, bleibt spannend.
Max Mutzke und Ryk kehren auf die große Bühne zurück
Natürlich kennt man Max Mutzke nur zu gut von seinem Auftritt mit "Can't Wait Until Tonight" beim ESC 2004 in Istanbul. Damals holte er einen beachtlichen achten Platz, mit dem er selbst gar nicht so zufrieden war. Seitdem hat sich - vor allem technisch - einiges geändert. Aber auch bei dem Sänger selbst: "Es gibt ja mehrere Stellschrauben von 2004, die jetzt einfach zu verbessern waren: Styling, Frisur, Augen aufmachen. Und trotzdem bleibt es das gleiche Gefühl, wieder hier zu sein." Und schon den Applaus der Journalisten nach jedem Probendurchlauf von "Forever Strong", nimmt er auf und genießt ihn: "Am allerwichtigsten ist es, wenn Feedback aus dem Saal kommt. Das ist immer ganz, ganz ermutigend, wenn man so einzelne 'Yeah'-Rufe und Klatschen hört."
Ryk wollte schon im Jahr 2018 mit "You And I" zum ESC - und nahm am deutschen Vorentscheid "Unser Lied für Lissabon" teil. Und er fühlt sich in diesem Jahr sichtlich wohler und gefestigter in dem, was er auf der Bühne tut. Er hat sich viele Gedanken gemacht, um "Oh Boy" passend zu inszenieren: "Ich wollte das, was in mir passiert, nicht nur über die Musik und die Stimme sondern auch über die Bilder transportieren. Und das wechselt zwischen ganz klein und ganz groß." Und in seinem Titel geht es um "das Verschwimmen der Grenze zwischen freundschaftlicher und romantischer Liebe" - aber auch grundsätzlich darum, sich aus schwierigen Situationen zu befreien.
Keine Tiere, kein Rennen: Die Bedeutungen der Songs
"Sie ist 'ne Katze" singt das Duo Galant in ihrem an die Neue Deutsche Welle angelehnten Titel "Katze", dem sie mit vielen Röhrenfernsehern auf der Bühne eine auffällige Inszenierung gegeben haben. Doch "es geht in keiner Sekunde um ein Tier", stellt Sängerin Mona klar: "Es geht um einen Menschen, der durch schwierige Erfahrungen in der Vergangenheit immer mehr verschließt und sich ein dickes Fell hat wachsen lassen - wie eine Katze". Zusammen mit Paul steht sie auf der Bühne und performt diesen Song, der so anders klingt als der Rest im deutschen Finale. Paul freut sich sehr darauf, den Song am Freitag zu präsentieren: "Wir haben Bock und der Sound ist richtig, richtig toll."
So wenig wie es bei "Katze" um Katzen geht, so wenig geht es auch bei Isaaks "Always On The Run" ums Laufen. Stattdessen ist es ein Song über Depressionen - und um die Gefühle in so einer Phase. "Vor allem darum, dass man viele Sachen vernachlässigt, die sich immer mehr aufbauschen, und die den Alltag immer schlimmer machen", erklärt der Sänger, der sich in seiner Performance und in seinen eher alltäglichen Bühnenklamotten vor allem gut fühlen will - und das auch tut. "Ich fühl mich sehr wohl auf der Bühne", sagt er - und mittlerweile scheint er sich auch für eine passende dunkle Jacke entschieden zu haben, die er in der Live-Show trägt.
Ganz viel Liebe mit Leona und Bodine Monet
Die Liebe wurde schon häufig besungen - so natürlich auch während der Vorentscheids-Proben, die ausgerechnet an Valentinstag stattgefunden haben. Die 20-jährige Leona singt in "Undream You" von "einer verlorenen Liebe, und dass man alles tut, um diese Person bei sich zu halten, so wie es war." Das ganze macht sie in einem weißen Kleid, das ihr bis über die Hüfte geht und an ein Hochzeitskleid erinnert. Das allerdings war nicht die Absicht: "Ich hab es extra so gemacht und die Töne so ausgewählt, dass es nicht so aussieht wie ein Hochzeitskleid. Kein Hochzeitskleid ist ja so kurz. Aber ein Hochzeitskleid ist auch eine Erscheinung!" Und eine Erscheinung ist ihr Auftritt, der nur aus einer einzigen Kamerafahrt ohne Schnitt besteht, sicherlich auch.
Bodine Monet beginnt ihren Titel "Tears Like Rain" in einigen von der Decke herabhängenden Blättergirlanden. Natürlich aus einem Grund: "Ich liebe die Natur und Pflanzen", erklärt die Niederländerin nach ihrer ersten Probe. "Tears Like Rain" klingt deutlich fröhlicher als der Titel von Leona, doch der Inhalt ist ähnlich traurig: "Der Song handelt davon, Kraft aus einer negativen Situation zu schöpfen und sich wieder glücklich zu fühlen nach dem Schmerz." Die Sängerin hofft: "Der Song könnte andere Menschen inspirieren, die durch schwierige Zeiten gehen."
Floryan: Und plötzlich mitten im Vorentscheid
Zu diesen acht schon länger feststehenden Acts ist durch die Castingshow "Ich will zum ESC!" vor einer Woche noch ein neunter hinzugekommen. Floryan freut sich selbstverständlich sehr darüber, im deutschen Finale dabei zu sein: "Es ist mega krass, jetzt auf so einer großen Bühne zu stehen, mit der Inszenierung, mit den Lichtern." Dabei hatte er deutlich weniger Zeit, sich um die Inszenierung zu kümmern. Erst nach dem Finale von "Ich will zum ESC!" ging es richtig los. "Es wird schlicht, elegant, authentisch und pur", beschreibt Floryan seine Bühne. In "Scars" singt er von "den seelischen, emotionalen Narben, die wir alle in unserem Leben sammeln, aber dann dadurch stärker werden."
ESC-Vorentscheid live erleben
Einer dieser neun Acts fährt nun für Deutschland nach Malmö. Auf den Vorentscheid freuen sie sich alle. Dort stimmt dann eine internationale Jury und das Publikum jeweils zu 50 Prozent über die Beiträge ab. Wer überzeugt am meisten? Wer hat das beste Staging? Und werden die Tänzer von Marie Reim etwas anhaben? Antworten auf alle Fragen gibt es in "Eurovision Song Contest - Das deutsche Finale" mit Barbara Schöneberger am Freitag ab 22.05 Uhr live im Ersten, bei ONE, bei eurovision.de und in der ARD Mediathek.