Stand: 22.03.2017 20:45 Uhr

Kommentar zum Einreiseverbot russischer Sängerin

 

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Die russische ESC-Kandidatin Julia Samoylova auf der Bühne. © Julia Samoylova

Rückzug Russlands vom ESC 2017 zeichnet sich ab

Nach dem Einreiseverbot der Russin Julia Samoylova in die Ukraine hat die EBU vorgeschlagen, sie solle von Russland aus singen. Dies lehnen beide Länder jedoch ab. mehr

Es ist eine naheliegende Entscheidung getroffen worden - seitens der ukrainischen Sicherheitsbehörden. Julia Samoylova darf nicht Anfang bis Mitte Mai in Kiew als Sängerin für Russland beim Eurovision Song Contest tätig werden. Der Beschluss ist deshalb klar, weil die Gesetze in der Ukraine sind, wie sie sind: Wer auf die von Russland okkupierte, bis vor kurzem zur Ukraine gehörenden Schwarzmeer-Halbinsel Krim einreist und dies von Russland aus tut, erhält für die Ukraine kein Einreiserecht. Für die Kiewer Regierung bedeutet, was Frau Samoylova anbetrifft, jede künstlerische Tätigkeit auf der Krim, die von Russland aus stattfindet, eine Verletzung des ukrainischen Verständnisses von der Krim: ein Teil des Landes, der illegal von russischen Militärs annektiert wurde.

Julia Samoylova ist keine Mata Hari

Für die ukrainischen ESC-Organisatoren bedeutet diese Entscheidung, bei aller juristischen Legalität, einen schweren Imageschaden: Die Ukraine wird ab sofort als hartherzig und engstirnig wahrgenommen. Wie kann die Kiewer Regierung nur einer jungen Künstlerin die Reise zum Eurovisionsfestival verweigern? Die Ukraine, die nichts so sehr fürchtet, als eine russische Besetzung des ganzen Landes, hat sich einen Makel zugezogen: Einer junge Frau, die im Rollstuhl sitzt und famos singen kann, wird die Chance genommen, ihren Traum zu leben, nämlich am ESC teilzunehmen. Denn, so wird es doch vom Publikum verstanden werden, sie, die Sängerin ist doch keine Mata Hari, keine Spionin, keine Rosa Klebb wie im James-Bond-Film "Liebesgrüße aus Moskau" - mit scharfen Messern in den Schuhspitzen.

Die Ukraine musste so entscheiden

Die russische ESC-Kandidatin Julia Samoylova © Ivan Knyazev / knyazevivan.com
Die European Broadcasting Union respektiert die Entscheidung der Ukraine, trotzdem sei man sehr enttäuscht, heißt es aus Genf.

Andererseits hat die Ukraine mit der Entscheidung völlig recht: Die Bestimmungen zur Krim sind (und waren) bekannt. Deshalb hat auch die European Broadcasting Union, hauptverantwortlich für den ESC, der Entscheidung der Ukraine zugestimmt. Man respektiere die Landesgesetze, heißt es in der Erklärung, obwohl man über die Entscheidung gegen Julia Samoylova tief enttäuscht sei.

Für Russland ist der Bann gegen die für Kiew nominierte Sängerin pures Gold. Man war doch sehr missgünstig und neidisch, weil nach eigenem Verständnis Sergej Lazarew voriges Jahr in Stockholm der Sieger war, wenigstens dem Televoting nach. Und gönnt obendrein dem von russischen Einflüssen abtrünnigen Nachbarn nichts an gutem Image: Insofern darf vermutet werden, dass Julia Samoylova auch in einer internen Entscheidung bestimmt wurde, damit über sie ein Bann verhängt wird. So etwas könnte man zynisch nennen, aber so geht auch Politik unter den Scheinwerfern der europäischen Öffentlichkeit: Da darf es auch mal schamlos sein.

Instrumentalisiert: Sängerin Julia Samoylova

Der Bann ist tatsächlich bedauerlich - aber die Sängerin wurde sehr vermutlich für politische Zwecke benutzt. Dass sie vielleicht mit dem Auftritt auf der (faktisch russisch dauerhaft besetzten) Krim jede Möglichkeit verwirkt hat, in der Ukraine aufzutreten: Das musste sie nicht wissen. Aber ihr Management, ihre Talentförderung Alla Pugatschowa: diese gewiss.

Ob Russland noch nachnominieren dürfte, ob es überhaupt dieses wollte, ob das Land sich aus dem ESC-Geschehen zurückzieht: Alles ist offen und ungeklärt. Wer noch einmal behauptet, das Eurovisionsding sei nicht politisch und habe nur Lieder im Sinn, wird nun eines Besseren belehrt.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Aktuell | 22.03.2017 | 16:15 Uhr

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