Stand: 03.02.2016 14:00 Uhr

Sofareporter: "Freue mich auf Island"

von Sascha Gottschalk alias Sofareporter
ESC-Fan Sascha Gottschalk alias Sofareporter © Sofareporter
Sascha Gottschalk hat sich als "Sofareporter" in der ESC-Fangemeinde einen Namen gemacht.

Sascha Gottschalk hat seinen ersten Eurovision Song Contest 1979 gesehen. Damals in Jerusalem gewann Israel mit Gali Atari & Milk and Honey und dem Song "Hallelujah". Dschinghis Khan schafften es auf Platz 4. Seitdem hat ihn der ESC nicht mehr losgelassen. Live dabei war Sascha dann zum ersten Mal 2011 in Düsseldorf und berichtet seitdem als "Sofareporter" vom weltgrößten Musikwettbewerb. Nach Malmö, Kopenhagen und Wien bereitet er sich jetzt auf Stockholm vor und erzählt, warum sein Herz während der Vorentscheid-Saison ausgerechnet für Island schlägt.

Wenn es draußen in Deutschland kalt wird und richtig ungemütlich, dann beginnt die heiße Phase des Eurovision Song Contest (ESC). Nicht erst im Mai in den beiden Probenwochen vor dem großen Finale geht's für den ESC Enthusiasten los. Zum Jahreswechsel wird vorgeglüht - die Vorentscheide in den Teilnehmerländern beginnen, und man kann sich viele kleine ESCs per Livestream anschauen. So macht man eine kleine Reise durch Europa, und man sieht, wie unterschiedlich ausgeprägt jedes Teilnehmerland die Auswahl seines Songs zelebriert.

Geballte Vorentscheidungen im Februar

Es ist kaum möglich, alle Vorentscheide live mitzuverfolgen. Besonders im Februar kommt es zu einer geballten Entscheidungsdichte. So ein Super-Weekend ist beispielsweise der 27. Februar, dann entscheiden Finnland, Norwegen, Ungarn, Moldau und Litauen über ihren Song für Stockholm. Daher muss der ESC Enthusiast Prioritäten setzen. Neben Schweden verfolge ich sehr gern Islands Vorentscheid "Söngvakeppni Sjónvarpsins", was so viel wie "TV Gesangswettbewerb" heißt.

Geysire, Elfen und der ESC

Die isländische ESC-Kandidatin María Ólafs. © PIPAR\TBWA
Die Isländerin María Ólafsdóttir scheiterte 2015 in Wien am Halbfinale.

Leider hatte ich bisher noch nicht die Gelegenheit, die kleine Insel im Nordatlantik zu bereisen. Im letzten Jahr habe ich kurzzeitig gedacht, ich könnte meine Reisen zum ESC mit einem Island-Trip verbinden, aber leider ist María Ólafsdóttir mit "Unbroken" nicht mal ins Wiener Finale gekommen. So ist ein ESC in Reykjavik erst einmal vertagt worden. Seit einigen Jahren verfolge ich dieses kleine, aber feine Land, dass für Geysire, Vulkane und Elfen und zugegeben sein schlechtes Wetter bekannt ist. Wer nur etwa sechs Wochen Sommer hat und die übrige Zeit viel drinnen verbringen muss, entwickelt wohl Fähigkeiten für andere Bereiche. Nur so kann man sich erklären, dass die Dichte der Autoren, Lyriker, Komponisten und Sänger, bezogen auf die Einwohnerzahl, sehr hoch ist. So werden jedes Jahr beim isländischen Sender RÚV meist mehr als 200 Beiträge für den Söngvakeppnin eingereicht. Das wäre so, als würde man hierzulande weit über 50.000 deutsche Beiträge beim NDR einbringen. Die Einschaltquote beim ESC-Finale liegt in Island bei etwa 98 Prozent - und gefühlt befinden sich die anderen zwei Prozent in der Halle. Die Isländer sind sozusagen verrückt nach dem Eurovision Song Contest. Die Qualität der Teilnehmer und Songs, in diesem Jahr sind es zwölf, ist für so ein kleines Land überraschend gut.

Pflege des Isländischen

Eythor Ingi für Island auf der Bühne beim ESC 2013. © NDR Foto: Rolf Klatt
Eythor Ingi belegte 2013 in Malmö mit "Ég á líf" Platz 17. Der isländische TV-Sender RÚV hatte sich gegen eine englische Version des Songs entschieden.

In diesem Jahr wird der Söngvakeppnin am 20. Februar in Reykjavik von RÚV und per Livestream übertragen. Vorweg gibt es zwei Vorrunden am 6. und 13. Februar, bei denen sich jeweils drei der sechs Beiträge für das Finale qualifizieren müssen. Zunächst müssen alle Beiträge auf Isländisch vorgetragen werden, ungeachtet dessen, ob der Beitrag später auf Englisch präsentiert wird. Erst im Finale, spätestens in der Superrunde, haben die Künstler freie Wahl bei der Sprache, in der sie im Falle eines Sieges in Stockholm singen werden. Das ist so, weil die Isländer sehr viel Wert auf die Pflege ihrer Sprache legen. Es gibt auf Island sogar eine Kommission, die für den Erhalt des Isländischen sorgt. Zuletzt hat Eythor Ingi beim ESC 2013 in Malmö mit "Ég á líf" einen Song auf Isländisch gesungen. Den habe ich noch heute in meiner Playlist.

Alte Bekannte beim Vorentscheid

Gréta Salóme & Jónsi auf der Probebühne. © Eurovision TV Foto: Andres Putting
Gréta Salóme (re.) stand 2012 mit Jónsi auf der ESC-Bühne in Baku. In diesem Jahr geht sie solo in den isländischen Vorentscheid.

Wenn man den Söngvakeppnin schon mehrere Jahre verfolgt, entdeckt man auch immer wieder alte Bekannte aus vergangenen Vorentscheiden oder gar einem ESC. In diesem Jahr ist sicher die bekannteste Sängerin Greta Salóme, die bereits 2012 mit Jónsi auftrat und in Baku mit "Never Forget" Platz 20 belegte. Sie versucht es diesmal solo mit "Raddirnar" (dt.: Stimmen). Der Song könnte für Riverdance geschrieben worden sein, es sind irische und typisch isländische Klänge enthalten. Mein Fall ist es nicht, aber die Geschmäcker sind schließlich verschieden. Eine ebenso alte Bekannte in der Teilnehmerliste ist Erna Hrönn Ólafsdóttir, die schon viele Male am Söngvakeppnin teilgenommen hat, es aber noch nie zum ESC schaffte. Auch Sigga Eyrún, die beim Vorentscheid 2014 nach Pollapönk Platz 2 belegte, versucht es in diesem Jahr mit "Kreisí" (dt. quetschen) noch mal.

Am 6. Februar werde ich mein Notebook an den Fernseher stöpseln und die erste Runde des Söngvakeppnin verfolgen. Ich bin gespannt, welcher der zwölf Teilnehmer auf die große ESC Bühne darf. Ich werde es live in der Globe Arena erleben.

 

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Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 14.05.2016 | 21:00 Uhr

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