Was macht eigentlich ... Nino de Angelo?
eurovision.de: In den aktuellen CD-Charts bedienen sich viele Künstler deutlich bei der Musik der Achtziger Jahre. Für Sie hat diese Epoche den Höhepunkt Ihrer Karriere bedeutet. Kommt Ihnen das entgegen? Sie wollen dieses Jahr ein neues Album herausbringen.
Nino De Angelo: (Lacht) Es kommt mit Sicherheit wieder und ist dann wieder weg. Aber man beginnt, sich der musikalischen Elemente aus den Achtzigern zu bedienen, oder der Art und Weise, wie man Songs geschrieben hat. Das wird wohl wieder modern.
eurovision.de: Nun haben Sie seit den Achtzigern sehr viel erlebt und durchlitten. Haben diese Erfahrungen auf die aktuellen Songs Einfluss gehabt?
De Angelo: Hm, ja, das ist ein bisschen schwierig. Da muss ich selber immer sehr aufpassen, dass ich nicht Songs schreibe, wo man sich am liebsten nachher umbringen möchte (lacht). Wenn man, wie ich, diese Talfahrten gemacht hat, neigt man zu mehr Tiefe, die sich leicht in eine Depression umändern kann. Ich möchte nicht unbedingt aus der Vergangenheit erzählen. Es ist doch viel spannender zu hören, wie man da raus kommt, wie man wieder Spaß hat am Leben.
eurovision.de: Was für einen Stil dürfen wir auf Ihrem neuen Album erwarten?
De Angelo: Wie kann man das beschreiben? Wenn ich sage anspruchsvolle deutsche Schlager-Popmusik, dann sagt man: Was ist das wohl? Wenn man meine größten Hits auf einer Platte hätte - nehmen wir mal "Jenseits von Eden", "Ich sterbe nicht noch einmal" und "Sie", dann haben wir das, was ich anspruchsvollen deutschen Schlager oder Popschlager nenne.
eurovision.de: Wie war es für Sie, nach Ihrer Genesung in der TV-Serie "Unter Uns", wo Sie gelegentlich eine kleine Rolle haben, 2009 mit Ihrer Tochter vor der Kamera zu stehen?
De Angelo: Das fand das wunderschön. Ich bin eigentlich kein Schauspieler, kein gelernter jedenfalls. Ich habe viel zu viel Respekt vor guten Schauspielern, als dass ich mich da jetzt groß breit machen möchte. Ich fand diese Arbeit sehr interessant, aber es ist nicht meine Zukunft.
eurovision.de: ... Schuster, bleib bei deinen Leisten ...
De Angelo: Ja, das ist etwas, was sehr viel Wahrheit hat. Was ich kann, ist Singen und Songs schreiben; obwohl, wofür ich 100-prozentig meine Hand für ins Feuer lege, ist fürs Singen (lacht).
eurovision.de: Dieter Bohlen attestiert ihnen, "eine der besten Stimmen Deutschlands" zu sein, Er hat sie produziert und ihnen den Song 1989 geschrieben, mit dem Sie Deutschland beim ESC in Lausanne vertreten haben. Die jetzige Finalistin Lena ist gerade 18 – was können Sie der Abiturientin für Tipps mitgeben? Sie hatten auch bereits sehr früh Erfolg und nicht immer die besten Erfahrungen gemacht.
De Angelo: Ich möchte vorweg sagen, dass ich sehr, sehr dankbar bin, für alle Hits, die ich hatte. Allerdings habe ich nicht nur drei Hits aufgenommen, sondern ungefähr 250 oder 300 Songs. Da sind viele Songs dabei, die ich eigentlich nicht machen wollte. Aus heutiger Sicht würde ich auf jeden Fall dringend raten, wenn man wirklich an diesem Job hängt und mit Leib und Seele Musik macht, dass man sich nicht verbiegen lassen sollte.
eurovision.de: Kann man das erkennen, wenn man 18 Jahre alt ist?
De Angelo: Das ist ja die Schwierigkeit. Da muss man gucken, dass man die richtigen Leute hat, die diese Meinung teilen. Die an einen glauben und die sagen: Mensch, du bist viel zu schade für dieses oder jenes. Man wird oft viel zu schnell verheizt. Letztendlich geht es doch ums Geld verdienen. Was der Künstler eigentlich ausdrücken will, wird irgendwo vernachlässigt. Natürlich muss es kommerziell vermarktbar sein, aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Man darf eine gewisse Grenze nicht überschreiten. Sonst wird man unglaubwürdig. Und dann macht es keinen richtigen Spaß mehr. Dann ist der Ursprung, weshalb man angefangen hat zu singen, weg. So war es damals bei mir. Musik war einfach mein Leben, das hat mir unheimlich viel gegeben. Man braucht eine gute Plattenfirma, ein gutes Management und Leute, die richtig verfolgen, was man macht, ohne nach links und rechts zu springen.
eurovision.de: Mit "Flieger" hatten Sie einen 1989 beim ESC in Lausanne guten Song, sind auf einer hinteren Platzierung gelandet. Dem Österreicher Thomas Forstner gelang mit dem ebenfalls von Bohlen komponierten Song "Nur ein Lied" ein fünfter Platz. Haben Sie sich darüber geärgert?
De Angelo: Ich war schon sehr enttäuscht, dass es noch jemand anderes gibt, der auch einen Bohlen-Beitrag sang. Das war keine Eifersucht. Das war für Bohlen einfach ein Absichern, falls Nino "abkackt", um es in Dieters Worte zu hüllen. Der Song aus Österreich war ja auch sehr gut. Ich wurde damals Vierzehnter, obwohl wir als Favoriten gehandelt wurden. Aber da ist so vieles schief gelaufen, auch deswegen, weil Dieter auf zwei Hochzeiten tanzte. Die Stimmung war dann sehr schlecht. Und das hat sich auf den Auftritt ausgewirkt. Dementsprechend hatten wir einen schlechten Platz, denn ich war dann nicht mehr 100-prozentig dabei. Und wenn ich nicht voll dabei bin, wird das auch nichts.
eurovision.de: Haben Sie überhaupt positive Erinnerungen an den Grand Prix in Lausanne?
De Angelo: Ja, sicher, das war eine superschöne Zeit. Man darf bloß nicht daran denken, wie viele Millionen Zuschauer vor den Bildschirmen sitzen, sonst wird man bekloppt. Man muss das Ganze auch als Fernsehsendung sehen und das war sehr spannend, wie die ganzen Künstler, die ganzen Nationen dabei waren.
eurovision.de: Ganz gebranntes Kind sind Sie anscheinend nicht gewesen, Sie haben 2002 mit "Und wenn Du lachst" noch einen Anlauf auf den ESC gestartet …
De Angelo: Ja, da habe ich es noch einmal versucht. Aber da bin ich in Kiel schon in der Vorentscheidung gescheitert, obwohl ich den Song sehr schön fand. Ein sehr positiver Song, aber anscheinend war der nicht stark genug.
eurovision.de: Sie schreiben derzeit an Ihrer Autobiographie. Wann kommt diese auf den Buchmarkt?
De Angelo: Sie wird dann herauskommen, wenn sie fertig ist. Ich lasse mich da nicht hetzen. Ich denke, die kommt nicht mehr dieses Jahr heraus.
eurovision.de: Nennen Sie uns doch ein paar Ihrer Tophits vom Grand Prix!
De Angelo: Auf jeden Fall ist da "Waterloo" von Abba und Johnny Logans "What's Another Year." Es gibt aber viele andere, etwa "Wings Of Love" von den Olsen Brothers. Es gibt auch Songs, die ich nicht verstanden habe, aber auch ganz tolle ESC-Songs, die weltweit so richtig abgegangen ist.
eurovision.de: Wie schätzen Sie ein, wird die deutsche Kandidatin Lena in Oslo abschneiden?
De Angelo: Ich bin mal gespannt. Ich habe sie ja gesehen und denke, das wird was... Wird sie auf deutsch singen oder auf Englisch?
eurovision.de: Der Song heißt "Satellite", ist auf Englisch und seit seinem Erscheinen Tophit in den Downloadcharts.
De Angelo: Englisch? --- Ja, was soll ich dazu sagen? Ich wünsche Lena alles Gute!
eurovision.de: Vielen Dank für das Gespräch!