"Cleopatra", 2020 in Rotterdam (1. Halbfinale)
Samira Efendi - erst Königin, jetzt Spionin
Samira Efendis Traum stand kurz davor, sich zu erfüllen. Viermal hatte sie schon versucht, für Aserbaidschan beim Eurovision Song Contest teilzunehmen - überhaupt nur zwölfmal war das Land bislang beim ESC dabei. Schon 2019 schaffte sie es intern unter die letzten vier Künstler, schließlich wählte man aber Chingiz als Act für Tel Aviv. 2020 entschied sich die Jury in Aserbaidschan für sie. Musikexperten, Produzenten, Journalisten und Offizielle des Fernsehens wählten Efendi als Sängerin für den ESC in Rotterdam. Doch wegen der Coronapandemie wurde dieser Wettbewerb abgesagt. Jetzt folgt der nächste Anlauf: Samira Efendi repräsentiert Aserbaidschan beim ESC 2021. Nach einem gelungenen Auftritt im Halbfinale kommt sie mit ihren Song für Rotterdam mit dem Titel "Mata Hari" im Finale auf Platz 20.
Efendis Musikkarriere läuft schon lange
Samira Efendiyeva, auch Samira Efendi oder international nur Efendi genannt, wird 1991 in Baku geboren. Sie entstammt einer Offiziersfamilie und singt bereits als Kleinkind. Später macht sie an einer Musikschule einen Abschluss in Klavier und studiert am Nationalkonservatorium. Seit über zehn Jahren nimmt sie an zahlreichen Musikwettbewerben und TV-Shows teil. Im ESC-Vorentscheid 2014 covert sie in einer Vorrunde den albanischen ESC-Titel "It's All About You" von Juliana Pasha. Sie wird sowohl Dritte beim aserbaidschanischen "The Voice" als auch beim internationalen Musikwettbewerb "Silk Way Star", der 2017 in Kasachstan produziert wird. Bei der Abschlussfeier des Formel-1-Rennens 2018 in Baku singt Efendi die Hymne Aserbaidschans.
Efendi singt bislang oft in Landessprache
In Aserbaidschan ist Efendi vor allem mit landessprachlichen Songs bekannt. Drei aserbaidschanische Singles veröffentlichte sie im Jahr 2019. In allen von ihnen sind starke Ethno-Elemente herauszuhören. "Yarımın Yarı" ist im Stil orientalischer Popmusik gehalten, bei "Sən Gələndə" zeigt Efendi ihr Können in einer klassischen Popballade. Zum wohl spannendsten der Lieder, "Yol Ayrıcı", gibt es auch ein Musikvideo, das Efendi an verschiedensten Orten Europas zeigt, unter anderem am Eiffelturm in Paris. Ihr Song "Cleopatra", mit dem sie beim ESC 2020 starten wollte, klingt allerdings ganz anders - und auch "Mata Hari" ist deutlich für das ESC-Publikum komponiert.
"Cleopatra" und "Mata Hari": Ähnliche Themen, ähnliche Songs
Für ihre beiden ESC-Songs hat sich Efendi historische Frauen als Titelgeberinnen ausgesucht. Während sie die ägyptische Königin Cleopatra als starke emanzipierte Frau huldigte, besingt sie nun die niederländische Tänzerin und Spionin Mata Hari als verführerische Femme Fatale. Hinter "Mata Hari" steckt das niederländische Komponisten- und Produzententrio Amy van der Wel, Luuk van Beers und Tony Cornelissen, wobei letzterer auch schon etwa an "Glorious" von Cascada mitarbeitete. Thema und Musik der beiden Songs von Efendi sind sehr ähnlich. Auch in "Mata Hari" gibt es vor dem Refrain einen kurzen Part, in dem Efendis Stimme sehr tief gepitcht ist - am Ende fällt auch dieser Song in einen extrem stampfenden schnellen Rhythmus. Noch dazu gibt Efendi in den Lyrics sogar eine direkte Anspielung auf ihren vorhergehenden ESC-Song "Cleopatra". Sie selbst sagt zu ihrem Song: "Es ist sehr wichtig, über starke Frauen zu sprechen, um unsere tollen Frauen daran zu erinnern, dass obwohl wir noch immer in einer Welt voller Vorurteile leben, eine Frau alles erreichen kann und die weibliche Power mit nichts zu vergleichen ist."
ESC: Aserbaidschan findet wieder in die Spur
Zum großen Teil werden die Songs aus Aserbaidschan von einheimischen Sängern performt und von internationalen Komponistenteams geschrieben. Das Land startete beim Eurovision Song Contest sehr erfolgreich. In den ersten sechs Jahren seit dem Debüt 2008 gab es nur Top-Ten-Platzierungen, darunter fiel auch der Sieg von Ell und Nikki in Düsseldorf 2011. Danach wurden die Ergebnisse etwas schlechter. Elnur Hüseynov qualifizierte sich in Wien 2015 nur knapp fürs Finale, Aisel scheiterte 2018 im Halbfinale. Mit Chingiz und "Truth" kam 2019 mit Platz acht das Glück zurück.