Hatari vertreten Island in Tel Aviv
Hass wird siegen ("Hatrið mun sigra") - hinter dem radikalen Leitspruch der Band Hatari und damit auch dem Titel ihres Songs verbirgt sich eine ebenso starke politische Motivation.
Hatari verstehen sich als antikapitalistische Performance-Gruppe, die sich kritisch mit unserer Konsum-Gesellschaft auseinandersetzt. Im Semifinale in Tel Aviv konzentrierten sich die Isländer auf ihre musikalische Darbietung, was Jury und Zuschauer mit dem Einzug ins Finale belohnt haben. Dort schaffen Hatari einen guten zehnten Platz.
Während der Punktevergabe hielten Bandmitglieder im Green Room aus Protest gegen Gastgeber Israel Palästina-Banner in die Kamera. Für einige Sekunden waren sie zu sehen, ehe es mit der Punktevergabe weiterging. Im Anschluss hat die ausrichtende Europäische Rundfunkunion (EBU) Islands Rundfunkanstalt RÚV dafür mit einer Geldstrafe belegt. Wie RÚV mitteilte, soll es sich dabei um 5.000 Euro handeln. Damit liegt die Strafe am unteren Rand der möglichen Sanktionen. Hatari wurden beim Zeigen der Banner in der Halle vom Finalpublikum laut ausgebuht.
Hatari kämpfen gegen den Kapitalismus
Man könne die Dinge, wie sie sind, nicht ändern, sagt die Band. Doch könne man auf die fehlenden Werte unserer Gesellschaft aufmerksam machen - Massenkonsum, wirtschaftlicher Wettbewerb und Menschen, die sich selbst unter Wert verkaufen.
Hatari reflektieren in ihren kunstvollen Darbietungen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit, Macht und Unterdrückung sowie Individualismus, indem sie Widersprüche aufdecken. Diese entstünden, wenn den Menschen ein System umgebe, aus dem er versuche auszubrechen, so die Band.
Symbiose aus Kunst und Musik
Die Mitglieder der Band vereinen unterschiedliche Facetten der isländischen Kunst- und Musikwelt. Matthías Tryggvi Haraldsson ist Journalist und Schriftsteller. Er absolvierte an der Icelandic Academy of Arts eine Ausbildung als Performance-Künstler und ist heute ein angesehener Dramaturg. Klemens Hannigan zeichnet sich durch einen ebenso vielfältigen Background aus. Er ist Musiker, Designer und Tischler. Auch er ist gerade im Begriff, seinen Abschluss an der Icelandic Academy of Arts in "Fine Arts" zu erreichen. Der Dritte im Bunde, Einar Hrafn Stefánsson, ist vor allem im Gebiet der Musik beheimatet. Er ist selbst Producer und Sound Ingenieur und war bereits Mitglied verschiedener isländischer Bands.
Trotz "Scheiterns" ein Comeback
2015 gründen Klemens Hannigan und Matthías Tryggvi Haraldsson Hatari. Kurze Zeit später schließt sich Einar Hrafn Stefánsson als Drummer an. Darauf folgt ihr erster Aufritt beim "Iceland Airwaves Festival" im Jahr 2016 und der Release ihrer ersten EP "Neysluvara". Beinahe trennen sich Hatari, nachdem ihre dritte Single "Spillingardans" erscheint, weil sie ihr Ziel, den Kapitalismus zu "stürzen“, nicht erreicht haben, so Hannigan in einem Interview mit Iceland Music News. Doch an Stelle einer Trennung folgt die Teilnahme am isländischen Vorentscheid "Söngvakeppnin" für den ESC. Diesen entscheidet Hatari mit ihrem Industrial-Hammer "Hatrið mun sigra" (Hass wird siegen) für sich.
Hatari fordert Netanyahu zum Ringkampf auf
Schon im Vorfeld hat die Band in einem Interview erklärt, sie werde bei einem Sieg ihren Auftritt zum Protest gegen die israelische Politik nutzen. Bereits Anfang Februar hatten Hatari dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu eine Challenge gestellt: Am 19. Mai möge er sich auf dem Magen-David-Platz in Tel Aviv zu einem isländischen Glíma-Ringkampf einfinden. Falls er gewinnen sollte, erhielte er die volle politische Gewalt über die südisländische Inselgemeinde Vestmannaeyjar - Hatari würden sich um die Zwangsumsiedlung der aktuellen Bewohner kümmern. Mit ihrer PR-Aktion treffen Hatari den Nerv vieler ihrer Landsleute: Im Mai 2018 hatten mehr als 16.500 Isländer eine Online-Petition unterzeichnet, dass ihr Land angesichts der politischen Situation nicht an einem Eurovision Song Contest in Israel teilnehmen solle. Das sind etwa fünf Prozent der isländischen Gesamtbevölkerung.
Vorentscheid mit Überraschungen
Ihren ESC-Vorentscheid wollten sich die Isländer dann aber nicht verderben lassen und so stellte der Sender RUV eine Show auf die Beine, die nicht nur mit alten Bekannten glänzte - neben Friðrik Ómar hatte auch Hera Björk einen neuen Anlauf genommen -, sondern auch im Pausenprogramm für unterhaltsame Überraschungen sorgte. Ari Ólafsson stimmte gemeinsam mit den beiden Opernsängern Bergþór Pálsson und Gissur Páll Gissurarson "Grande amore" von Il Volo an. Zu den Stars des Abends zählten daneben Zyperns bestplatzierte ESC-Teilnehmerin Eleni Foureira und Islands bestplatzierte ESC-Teilnehmerin Yohanna.