Anna Odobescu: Mit Klischee-Pop für Moldau zum ESC
Die moldauische Sängerin Anna Odobescu tritt in Tel Aviv in große Fußstapfen, denn die kleine Republik Moldau war in den vergangenen beiden Jahren beim ESC überaus erfolgreich. "Das ist ein sehr wichtiger Schritt in meinem Leben", sagt Odobescu nach dem sie den moldauischen Vorentscheid "O Melodie pentru Europa" gewann. "Ich werde alles dafür tun, mein Land mit Würde zu vertreten." Doch für Anna Odobescu waren die Fußstapfen zu groß: sie scheidet im zweiten Halbfinale am 16. Mai aus.
Kindheit in Transnistrien und Musikstudium
Anna Odobescu wächst in der kleinen Stadt Dubăsari auf, die in der autonomen Region Transnistrien liegt. Schon früh wird ihr musikalisches Talent entdeckt. 2007 gewinnt sie im Alter von 16 Jahren den transnistrischen "Grand Prix of Discovery". Für das Studium an einer Musikakademie zieht sie in die moldauische Hauptstadt Chișinău. Dort nimmt sie Unterricht in Jazz- und Pop-Gesang. Später tritt sie unter anderem mit dem Victor-Zelenskiy-Jazz-Orchester auf. Mittlerweile ist die 28-Jährige nicht nur selbst Sängerin, sondern unterrichter auch Nachwuchsmusiker.
Der ESC scheint für die moldauische Sängerin wie gemacht zu sein, denn die Künstlerin liebt den direkten Wettbewerb. Unter anderem nahm sie bereits an der russischen Ausgabe von "The Voice" teil, gewann das moldauische Musikfestival "Două inimi gemene" und wurde Zweite bei dem internationalen Künstlerfestival "Slavianski Bazaar" in Weißrussland.
Sieg mit "Stay" bei "O Melodie pentru Europa"
Auch für den ESC qualifiziert sich Anna Odobescu im direkten Wettbewerb: Fünf der sieben Fachjuroren geben ihrer Rockballade "Stay" beim moldauischen Vorentscheid "O Melodie pentru Europa" die Höchstpunktzahl. Die Zuschauer sehen sie in einer turbulenten und von technischen Mängeln durchzogenen Show nur auf dem zweiten Rang.
Geschrieben haben den Titel der griechische Komponist Georgios Kalpakidis, Maria Broberg und die dänischen Produzenten Thomas und Jeppe Reil. Für Komponist Kalpakidis ist es nach Einreichungen in Litauen, Zypern, der Schweiz, Irland, Georgien, Polen, Portugal, Weißrussland und Malta im 36. Anlauf der erste erfolgreiche Versuch, eine nationale Vorentscheidung zu gewinnen. Dass Anna Odobescu am Ende die Nase vorn hat, dürfte aber in erster Linie ihrer überzeugenden Gesangsleistung zu verdanken sein, als der Komposition von Kalpakidis. Der der Titel "Stay" ist von einer eurovisionären Klischeehaftigkeit durchzogen, die der moldauischen Erfolgsserie ein jähes Ende bereiten könnte. In Kiew stürmte das Trio SunStroke Project 2017 mit "Hey Mamma" auf den dritten Platz - die beste Platzierung, die das Land je erzielt hat. Im vergangenen Jahr gab es für das kleine Land mit DoReDos und "My Lucky Day" immerhin einen achtbaren zehnten Rang. An diese Platzierungen wird Odobescu mit der Rockballade "Stay" nicht anknüpfen können.