Cláudia Pascoal - Requiem für Großmutter
Leise, nachdenklich und melancholisch - so klingt die Pop-Ballade "O jardim" ("Der Garten"), mit der Cláudia Pascoal im ESC-Finale von Lissabon ihr Land vertritt. Mit dem Song verarbeitet die Komponistin Isaura den tragischen Verlust ihrer Großmutter: "Sie war mein bester Freund, es war einfach unausweichlich darüber einen Song zu schreiben. Ich habe immer noch mit der Tatsache zu kämpfen, dass sie nicht mehr da ist. Für mich ist das Schreiben von Songs ein therapeutischer Prozess. Ich hoffe, die Menschen können sich mit der Geschichte identifizieren. Mögen alle Großmütter künftig in Erinnerung bleiben, so wie meine."
Und tatsächlich: Das Lied in portugiesischer Sprache berührt. Auf der Bühne wurde Pascoal beim Festival da Canção, dem portugiesischen Vorentscheid, von Isaura unterstützt. Eine sympathische Geste, denn nicht zuletzt ist der portugiesische Vorentscheid - wie auch der ESC - ein Komponistenwettbewerb.
Pannen und Skandale beim Festival da Canção
Überschattet wird Pascoals knapper Sieg beim Vorentscheid vor Mitfinalistin Catarina Miranda von einem großen Eklat im Vorfeld des Finales: Böse Zungen könnten deshalb behaupten, sie sei nicht Portugals erste Wahl gewesen. Favorit Diogo Piçarra hatte sich mit dem Song "Canção do fim" ("Lied vom Ende") im zweiten Halbfinale gegen seine Mitbewerber durchgesetzt, tritt dann aber enttäuscht vom Wettbewerb zurück, nachdem ihm in den sozialen Netzwerken vorgeworfen worden war, er habe sich bei seinem Lied in Teilen bei Bob Culls Gospel "Open Our Eyes" bedient.
Beim ersten Halbfinale zeigte der portugiesische TV-Sender RTP - auch verantwortlich für den ESC im Mai - organisatorische Schwächen: Am Tag nach der Entscheidung müssen die Verantwortlichen die Ergebnisse sowie die Liste der Finalteilnehmer korrigieren. Ein Mitarbeiter habe die Abstimmungsergebnisse des Publikums falsch aufgeschrieben.
Casting-Shows bestimmen bisherige Karriere
Cláudia Pascoal kommt am 12. Oktober 1994 in São Pedro da Cova, einer Kleinstadt in der Nähe der portugiesischen Metropole Porto zur Welt. Seit ihrem 15. Lebensjahr spielt sie Gitarre, unternimmt erste musikalische Gehversuche als Straßenmusikerin. Als Teenager beginnt Pascoal auch, bei Casting- und Talentwettbewerben im Fernsehen mitzumachen - wobei der große Erfolg zunächst ausbleibt: 2010 macht sie bei "Ídolos" mit, 2013 versucht sie sich bei "Factor X" und im Jahr 2015 unternimmt sie einen zweiten Anlauf bei "Ídolos". Im Jahr 2017 gelingt dann bei "The Voice of Portugal" endlich der Durchbruch: Pascoal schafft es bis in die Live-Shows des Halbfinales, belegt am Ende den sechsten Platz. Neben ihrer Solokarriere ist sie die Frontfrau in ihrer Band Morhua. Neben der Musik gilt ihre zweite Leidenschaft dem Moderieren: Beim Casting für die Jugendtalkshow "CurtoCircuito" belegt sie 2014 den dritten Platz.
Schweres Erbe eines grandiosen ESC-Siegers
Trotz der bislang eher mäßig erfolgreichen Gesangskarriere und der großen Fußstapfen, die ihr Portugals Vorjahressieger und begnadeter Sänger Salvador Sobral hinterlässt, bleibt Pascoal selbstbewusst: Ihr Erfolgsrezept sei es, an das zu glauben, was sie tue.