Finnland: Pertti Kurikan Nimipäivät
Einen Rekord haben die Finnen von Pertti Kurikan Nimipäivät (PKN) schon mal sicher. Mit einer Minute und 25 Sekunden ist ihr "Aina mun pitää" (zu Deutsch: Ich muss immer) der kürzeste Song, den es beim ESC je gab.
In dem selbst geschriebenen Lied geht es um das, was die Bandmitglieder beschäftigt: der Alltag behinderter Menschen. Und damit wären wir bei der zweiten Besonderheit von PKN: Die vier Punkmusiker leben alle mit geistiger Behinderung. Drei von ihnen haben das Down-Syndrom, einer ist Autist.
Soziale Probleme und Fußpflege
Die Punkband gibt es seit 2009. Gitarrist Pertti Kurikka, Sänger Kari Aalto, Bassist Sami Helle und Schlagzeuger Toni Välitalo tun sich während eines Kultur-Workshops zusammen. An seinem Namenstag schreibt Frontmann Pertti Kurikan seinen ersten Punksong - damit ist auch der Bandname geboren: Pertti Kurikan Nimipäivät (Pertti Kurikkas Namenstag). Von nun an schreibt er zusammen mit Sänger Kari die Texte und komponiert auch die Stücke. Soziale Probleme machen sie ebenso zum Gegenstand ihrer Songs wie unangenehme Fußpflege. Ihr musikalischen Vorbilder: finnische Punkbands aus dem vergangenen Jahrhundert.
Durchbruch der Finnen mit "Punk-Syndrom"
2010 bringen PKN ihre erste EP "Ei yhteiskunta yhtä miestä kaipaa" auf den Markt. Weitere Singles folgen. Bekannt werden die vier Finnen aber zunächst einmal nicht unmittelbar durch ihre Musik, sondern durch einen Film: die 2012 gedrehte preisgekrönte Dokumentation "The Punk Syndrome" von Jukka Kärkkäinen und Jani-Petteri Passi, die sich mit den Musikern befasst. Die Punkrocker gehen auf Tour - sie spielen nicht nur in ihrer Heimat, sondern geben unter anderem auch Konzerte in Deutschland. Wer hätte gedacht, dass ein einfacher Workshop den Startschuss für eine derartige Laufbahn geben könnte? Mittlerweile stehen die vier punkbegeisterten Finnen sogar bei Sony Music unter Vertrag.
Finnland schickt Punkrocker nach Wien
Auch wenn sie beim finnischen Vorentscheid "Uuden Musiikin Kilpailu" bei der Jury nicht vorne liegen: Die Zuschauer wollen PKN beim Eurovision Song Contest sehen und setzen sich durch. Die Punkband geht als Sieger des Vorentscheids hervor, lösen damit das Ticket zum ESC - und freuen sich über ihren Etappensieg dermaßen rührend, dass man diese Freude gerne noch mal genau so in Wien sehen möchte.
Ein gutes Ergebnis schien nicht ausgeschlossen, denn schließlich verbinden die Finnen mit härterer Musik gute Erfahrungen beim ESC: 2006 holen Lordi mit "Hard Rock Halleluja" den ersten und bisher einzigen Sieg für das Land. 2015 wagen die Finnen nun erneut mit (Punk-)Rock einen Angriff auf den ESC-Titel. Im Gegensatz zu Lordi verstecken sich PKN aber hinter keinen Monster-Masken - und verzichten auch sonst auf Showgedöns und Tamtam. Im Gegenteil: Sie sind vielleicht sogar die natürlichsten, echtesten, normalsten Kandidaten, die der Song Contest bisher gesehen hat. Die ESC-Fans konnten die Finnen bei ihrem Auftritt im ersten Halbfinale allerdings nicht überzeugen. Sie wählten PKN nicht ins Finale.