Stand: 16.05.2015 18:45 Uhr

Pertti Kurikan Nimipäivät: "Badet uns in bestem Scotch!"

Sami Helle von der finnischen Band Pertti Kurikan Nimipäivät beim Interview mit Jan Feddersen.
Zwischen Süßigkeiten und Salzgebäck: Sami Helle spricht als einziger der vier Musiker von PKN Englisch und antwortet im Namen aller auf die Fragen.

In Finnland sind PKN längst eine Legende. Sie sind die Hauptpersonen in dem 2012 gefertigen Film "The Punk Syndrome", mit dem Zuschauerpreis auf dem Tampere International Short Film Festival ausgezeichnet. Alle vier gelten als ausgesprochen streitlustig; vor Auftritten sollen sie sich gern raufen und körperlich wie echte Punker angehen - pogomäßig. Das Management hat das Quartett, Pertti Kurikka, Kari Aalto, Sami Helle und Toni Välitalo, darum gebeten, in dieser Hinsicht kürzer zu treten: Bloß keine Verletzung vor den Auftritten.

Die Proben liefen gut, die Musiker fühlten sich offenbar wohl auf der Bühne: Die finnischen Männer von Pertti Kurikan Nimipäivät (zu deutsch: Pertti Kurikkas Namenstag) wirken halbwegs entspannt. Beim Interview vertilgen sie auf ausgesprochen schöne und gierige Weise die auf dem Tisch liegenden Süßigkeiten und das Salzgebäck - und das nicht krümelfrei. Der einzige der vier Musiker, der des Englischen mächtig ist, ist Sami Helle. Er gibt die Antworten, er formuliert sie für alle vier der Band PKN, wie ihr Kurzname lautet.

Wart ihr jemals in Deutschland?

PKN: Ja, vor zwei Wochen.

In welcher Stadt?

PKN: Keine Ahnung, hat aber Spaß gemacht.

Und wie ist es hier in Wien?

PKN: Nett. Alles ist nett. Der Song Contest, die Stadt, die Leute, die Musiker, das Wetter, die Bühne, alles, wirklich alles.

Wie kam es dazu, dass ihr als PKN am finnischen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest teilgenommen habt?

PKN: Unser Manager liebt den ESC, und der hat uns gefragt, ob wir Lust haben. Und Pertti liebt den ESC auch …

Wir haben gehört, "Lapponia" von Monica Aspelund - ihr ESC-Beitrag von 1977 - sei eines der liebsten Lieder von Pertti?

PKN: Ja … (Pertti stimmt an: "Lapponia ..." - und es klingt hinreißend echt)

Aber am Ende seid ihr doch Punker, oder?

PKN: Na klar, was sonst? Was könnten wir sonst sein in dieser Welt?

Von Finnen, so hörten wir in Deutschland, darf man eigentlich erwarten, dass sie Tango gut finden?

PKN: Wir hassen Tango, oh ja, wir finden Tango abscheulich.

Ja, das klingt, wie Punker klingen sollen. Aber hättet ihr gar keine Lust, mal in der Hauptstadt des Tangos, in Seinäjoki mal tüchtig zu musizieren?

PKN: Niemals würden wir nach Seinäjoki gehen, wir sind aus Helsinki, und einer von uns kommt aus Espoo, aber Seinäjoki - da leben Mücken und Tangoleute, das ist nichts für uns.

Muss es immer Punk sein?

Die finnische Band Pertti Kurikan Nimipäivät beim Interview mit Jan Feddersen.
Wollen mit ihrem Song "Aina mun Pitää" (zu deutsch: "Immer muss ich") gewinnen - Pertti Kurikan Nimipäivät mit Jan Feddersen in ihrer Mitte.

PKN: Nein, es könnte auch Metal, Gothic oder anderer harter Stoff sein.

Warum ist euer Lied eigentlich so kurz - das kürzeste in der Geschichte des ESC?

PKN: Punklieder sind immer kurz. Nie lang. Immer knapp. Wer etwas nicht in zwei Minuten erzählen kann, kommt nicht zum Punkt.

Es heißt, Finnland stehe hinter euch?

PKN: Wenigstens, wenn wir zurückkommen, dann wird man uns feiern.

Jetzt doch aber auch schon, oder?

PKN: Klar, wir haben gewonnen - und das ist stark, aber vor allem hatten wir Spaß.

Ihr seid speziell, darüber müssen wir reden. Zwei Musiker mit Down-Syndrom, ein Autist, einer von euch gilt als lernbehindert. Ihr seid jetzt schon in Europa Ikonen der Inklusion von sogenannten Behinderten …

PKN: Darüber reden wir nicht gern, das kommt höchstens in zweiter Linie. Zuerst sind wir Musiker. Punker. Musikalische Punker, die ihr Ding machen. Aber, okay, wir stehen auch für ein Ding, das viele ermutigen kann. Oder auch nicht. Wir singen davon, dass wir nicht dauernd betreut werden wollen. Und also andererseits, wir wollen gar nicht ermutigt werden.

Sondern?

PKN: Als selbstverständlich genommen werden, ohne Mitleid und Verständnis. Keine Verständnisscheiße, bitte!

Zwischendurch äußert sich Kari, der Sänger. Ist das Mikrofon auf ihn gerichtet, sagt er: „No cops, no help, no cops, no help!“ Man denkt sich: Das ist wirklich ungebügelter Punk, das könnte als stakkatohafter Sprechpogo durchgehen. So wie ihr Lied namens "Aina mun Pitää" - zu deutsch: "Immer muss ich … (mich waschen, auf mich aufpassen, freundlich sein, zum Arzt gehen, zur Arbeit etc.)". Nun weiter zur eurovisionären Wahrheit aller Acts, die Frage aller Fragen:

Wollt ihr gewinnen?

PKN: Ja, was denn sonst? Wozu sind wir sonst hier? Wer hier dabei ist, muss gewinnen wollen, ist sonst sinnlos.

Und wie Lordi 2006 in Helsinki vom Volk gefeiert werden?

PKN: Ja, das wäre was, dann haben wir alle hinter uns. Es gibt ja auch Kritik an uns, aber die sind leise geworden. Denn wir lieben Kaffee und Whisky.

Wie bitte?

PKN: Ja, nicht alle. Kari liebt mehr Kaffee, er trinkt rund um die Uhr Kaffee.

Ihr könntet mit Champagner überschüttet werden, wenn ihr gewinnt.

PKN: Das würde niemandem von uns schmecken. Badet uns in Whisky, das wäre toll, in bestem Scotch, bitte!

 

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 23.05.2015 | 21:00 Uhr

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