Frauenpower bestimmt deutschen Vorentscheid
Es ist kurz nach 22.30 Uhr als feststeht: S!sters gewinnen mit ihrem Song "Sister" den deutschen Vorentscheid "Unser Lied für Israel" - und lösen damit das begehrte Ticket zum ESC nach Tel Aviv. Sowohl Laurita als auch Carlotta Truman haben nicht mit einem Sieg gerechnet, erzählen sie Barbara Schöneberger und Linda Zervakis mit tränenerstickten Stimmen. Das Duo ist sichtlich bewegt. Als es den Siegertitel noch einmal performt, bringt vor allem Carlotta aus Hannover vor Glück kaum einen Ton heraus. Zum Schluss löst sich dann jegliche Anspannung, und die beiden tanzen - sich in den Armen liegend - auf einer sich drehenden Hebebühne.
Zusammen sind S!sters stark
Als die ersten sechs Kandidaten für den Vorentscheid bereits feststehen, springen die S!sters mit dem Song "Sisters" noch auf den ESC-Zug. Laurita aus Hessen und die Niedersächsin Carlotta Truman müssen allerdings erst noch zusammenwachsen. Doch das gelingt ihnen außerordentlich schnell. Dabei hat ihnen sicher auch die Botschaft des Liedes geholfen: Zusammen sind wir stark. Es geht um mehr Miteinander unter Frauen und weniger Zickenkrieg. "Ich weiß, dass ich bei dir bin", singen sie im Refrain von "Sister". Worte, mit denen sie gemeinsam nach Israel fahren können, wohl wissend, sich aufeinander verlassen zu können.
Frauen dominieren den deutschen Vorentscheid
Überhaupt ist es Frauenpower, die diesen Abend bestimmt. Linda Zervakis und Barbara Schöneberger führen souverän und kurzweilig durch die Show in Berlin: "Schau uns an, blond und braun, erfolgreich und sexy - wann gab's das zuletzt im deutschen Fernsehen? Bei Modern Talking!" Bei den Zuschauern kommen beide gut an, Traumduo schwärmen viele in den Kommentaren.
Hinter den S!sters, die von Jury und Televoter zwölf Punkte bekommen, reihen sich weitere starke Frauenstimmen ein. Dazu gehören Makeda aus Bonn, die mit der Ballade "The Day I Love You Most" berührt. Die Wahl-Amerikanerin Aly Ryan sorgt mit Electro-Beats bei "Wear Your Love" für viel Rhythmus. Und Lilly Among Clouds, gelingt mit "Surprise" eine wirkliche Überraschung. Die eher ungewohnten Klänge und ihre außergewöhnliche Stimme erinnern entfernt an isländische Sängerinnen wie Björk oder Emiliana Torrini. Lediglich BB Thomaz bleibt hinter den Erwartungen zurück, trotz Showtreppe und trampolinspringenden Männern landet sie mit "Demons" nur auf dem letzten Platz.
Linus Bruhns Schweden-Pop setzt sich nicht durch
Zwischen lauter starken Frauen machen noch zwei junge Sänger kurzzeitig auf sich aufmerksam, doch sowohl für Linus Bruhn aus Hamburg als auch für Gregor Hägele von der Schwäbischen Alb reicht es nur zu viel Applaus und einen Achtungserfolg. Dabei kann sich der gut gemachte Schweden-Pop, den Bruhns mit "Our City" tanzend präsentiert, durchaus hören und sehen lassen. Sein frecher Justin-Bieber-Charme kommt vor allem bei den jungen Mädchen gut an, mehr als der brave Hägele, der mit der Ballade "Let Me Go" Vorletzter wird.
Standing Ovations für Michael Schulte
Alles in allem aber bieten die Künstler ein gutes gesangliches Niveau. Das bescheinigen auch erfahrene ESC-Beobachter. Für jeden Geschmack ist etwas dabei: R'n'B, Soul, Electro- und Indie-Pop, Singer-Songwriter-Musik. Spannende Bühneninszenierungen sorgen immer wieder für Abwechslung. Wie bei den großen ESC-Shows im Mai machen die Macher in Berlin alles möglich - von Bodennebel, Pyro- und Lichteffekten, Laufband, Trampolin, Hebebühne bis zu einer großen Showtreppe. Und wem das noch nicht gereicht hat, dem versüßen die Interval-Acts den Abend, allen voran Udo Lindenberg, der mit Andreas Bourani auftritt, die Band Revolverheld oder die ESC-Siegerin Lena mit "Thank You", die noch immer verzückt.
Nicht zu vergessen Michael Schulte, der noch einmal alle in seinen Bann zieht - mit seinem neuen Song "Back To The Start" - und vor allem mit "You Let Me Walk Alone". Als er seinen Siegertitel von 2018 als Opener performt, singt die ganze Halle mit - und es gibt Standing Ovations. Es ist das eigentliche Momentum des Abends. Jetzt ist es an den S!sters, es ihm nachzumachen.