Romantische Momente und viel Haut
Die Erste von drei Shows in Malmö hat zehn glückliche Finalisten hervorgebracht, die sich nun für drei Tage ein klein wenig entspannen können - bis sie am Sonnabend noch einmal auf die Bühne der Arena dürfen. Die Erste, die sich an diesem Abend in Sicherheit wiegen kann, ist Aliona Moon aus Moldau. Kein Wunder, bei ihrem Auftritt kommen nicht nur die beim ESC beliebten Lichteffekte zum Einsatz: Unter dem weit ausgestellten, farbig angestrahlten Kleid verbirgt sich offenbar eine Hebebühne. Durch sie wächst die Sängerin während des Auftrittes praktisch über sich hinaus. Übrigens, wer sich fragt, wie das ausladende Kleid am Ende von der Bühne kommt: In der Halle Anwesende berichten, dass nach dem Auftritt fünf Helfer mit anfassen müssen.
Erfolgsrezept: Haut zeigen
Im Finale wird es ein kurzes Treffen mit den 80er-Jahren geben: Der Litauer Andrius Pojavis ist weiter. Gesanglich erinnert er an Depeche Mode. Auch wenn seine Stimme teilweise etwas kräftiger hätte sein können, er wird "Something" noch einmal präsentieren. Auch die überdimensionierte Discokugel mitten auf der Bühne und Alena Lanskaja aus Weißrussland - in einem glitzernden Hauch von Nichts - sehen wir wieder. Von einigen unserer User wird sie als "weißrussische Shakira" bezeichnet.
Mit nackten Männeroberkörpern kann man beim ESC offenbar punkten. Jedenfalls sind die Tänzer von Ryan Dolan - der sich selbst ein Lederoutfit gönnt - nur mit Hosen und Schuhen auf der Bühne. Obenrum tragen sie lediglich Tattoos und Körperöl. Beim Publikum in der Halle und bei der Jury erntet der irische Doppelgänger von Bully Herbig jedenfalls großen Applaus. Genau wie Birgit Öigemeel. Bei ihrem Auftritt fühlt man sich kurzzeitig in die Zeit des Schwarz-Weiß-Fernsehens zurückversetzt - zumindest diejenigen, die diese Zeit noch miterleben mussten. Erst als die estnische Sängerin ihre Stimme erhebt, kehrt die Farbe auf den Bildschirm zurück. Sie trifft alle Töne - und offenbar auch den Geschmack der Menschen.
Gefühlvolle Balladen und Power-Songs
Schon als die ersten Töne von "Only Teardrops" ertönen, donnert im Inneren der Halle der Applaus los: Emmelie de Forest gilt längst als Favoritin des ESC. Als Goldregen und Song langsam ausklingen, gibt es kein Halten, Begeisterung und Applaus kennen keine Grenzen - Emmelies Strahlen später auch nicht. In großer Begeisterung beim Publikum und den Finaleinzug mündet auch der Auftritt von Dina Garipova aus Russland. Ihre Bühnendeko ist romantisch-zart, ihr Kleid dezent - aber die Stimme, die ist sehr stark. Nach ihrem Auftritt wird sie von großem Applaus getragen.
Riesige Augen suchen die Kamera: Es ist Zeit für Roberto Bellarosa, der für Belgien antritt. Der 19-Jährige legt an diesem Abend eine Extraportion Power in seine Stimme und einen sehr sicheren Auftritt hin. Die beiden Tänzerinnen hinter ihm scheinen mit ihren abgehackten Bewegungen vom Sänger ablenken zu wollen. Gelungen ist es ihnen nicht. Im Finale wird auch eine Portion Märchen zu sehen sein: Ein Riese mit Pfauenfedern am Helm trägt Zlata Ognevich in seinen großen Armen und mit staksigen Schritten auf die Bühne. Dort beweist die zierliche Sängerin, die für die Ukraine antritt, dass auch sie riesig sein kann - gesanglich. Die Töne sitzen genauso gut wie ihr hautenges, trägerloses Kleid. So zieht man ins Finale ein. Oder wie Anouk aus den Niederlanden: dunkles Outfit, sehr dunkle Stimme. Ein sehr schlichter, aber sehr schöner Anblick, eine sehr klare und tolle Stimme, die wir am Sonnabend noch einmal erleben dürfen.
Absturz der Astronauten und Chöre
Für sechs Kandidaten ist der Traum vom Eurovision Song Contest an dieser Stelle schon ausgeträumt. Der Gesang könnte man meinen, stimmt bei Natália Kelly, aber vielleicht ist der Auftritt der österreichischen Kandidatin doch zu statisch? Sie kann genauso wenig überzeugen, wie die Slowenin Hannah, die den ersten Dance-Song des Abends präsentiert. Einen, an dem nicht viel dran ist - aber eben auch wenig Positives. Der traditionelle kroatische Gesang von Klapa S Mora erinnert zu sehr an einen weihnachtlichen Chor, die Kostüme zu sehr an Kosaken. Auf diese Bühne reitet die Band jedenfalls nicht noch einmal ein. Ein Feuerwerk der guten Laune lassen Who See für Montenegro explodieren, aber das Feuer ist bei diesem Auftritt verschossen: Die Raumfahrer-Anzüge können am Sonnabend im Schrank bleiben.
Despina Olympiou trägt an diesem Abend ein bodenlanges Kleid aus schwarzer Spitze, das vielleicht zu sehr vom Gesang ablenkt - aber offenbar nicht genug Eindruck schinden kann. Kein Finalplatz für die zypriotische Celine Dion. Auch nicht für Moje 3 aus Serbien. Deren Kostüme sind höchstens der Traum kleiner Mädchen, die noch mit Puppen spielen und Cupcakes lieben. Während der Show wird eine der drei Sängerinnen von den anderen beiden bedrängt und hält sich die Ohren zu. Vielleicht war sie nicht die einzige, jedenfalls müssen wir dieses Farbspektakel nicht noch einmal ertragen.