Retrovision aus Baku
Pünktlich um 21 Uhr mitteleuropäischer Zeit - wegen der Zeitverschiebung ist es in Aserbaidschan schon Mitternacht - begrüßen Vorjahressieger Eldar Gasimov und seine beiden Co-Moderatorinnen Nargiz Birk-Petersen und Leyla Alieva die Zuschauer in Anzug und Abendkleid mit einem fröhlichen "Good evening, Europe!" Rechtzeitig zur Show hatten die Zuschauer aus Aserbaidschan und ganz Europa die Halle gestürmt, um ihre Favoriten zu unterstützen und sich Europas größte Fernsehshow live anzusehen.
Touristische Highlights fürs europäische Publikum
Freundlich und souverän wirken die drei bei ihrem ersten Moderationsauftritt auf internationaler Ebene, originell sind ihre Moderationen allerdings nicht. Ganz als klassische Ansager der Songs geben sich die drei in der Crystal Hall und scheinen damit das Konzept dieses ersten Semifinals zu verkörpern: Es ist ein ESC, wie er früher meistens war.
Die sogenannten Postcards, kleine Einspielfilme vor jedem Lied, sind wie in der Vergangenheit tatsächlich echte Postkarten. Aserbaidschan gibt in diesen Hochglanzfilmchen Eindrücke von touristischen Sehenswürdigkeiten - der Bezug zum jeweiligen Kandidatenland, der sich eigentlich in den vergangenen Jahren durchgesetzt hatte, fehlt 2012.
Bekannter Sound aus vielen Ländern
Aber das gewisse Retro-Ambiente der Show passt erstaunlich gut zu vielen der Songs: Sei es beim musicalhaften Duett der Isländer, den Eurodance-Songs aus Griechenland und Zypern, dem Sixties-Style von Izabo aus Israel oder selbst beim siegelschen Neunziger-Jahre-Trash-Rezept für San Marino - das klingt im Guten wie im Schlechten alles recht bekannt.
Herausstechen kann gleich zu Anfang Rambo Amadeus mit seinem ironischen, europakritischen Protestsong für Montenegro, was dem Publikum aber wohl nicht positiv auffällt: Er schafft es nicht in die nächste Runde. Auch die Trackshittaz aus Österreich mit ihrer gerappten Poledance-Nummer wirken im Vergleich zum restlichen Feld trotz des miesen Textes modern, können aber das Publikum nicht überzeugen. Dänemark bietet mit einer Singer-Songwriter-Nummer einen Song, der jederzeit im Radio laufen könnte und schafft es damit ins Finale.
Omas Backofen und Jedwards Dusche
Den vielleicht überraschendsten Auftritt bieten die Großmütter aus Russland: Zunächst klassische Volksweise mit einigen schiefen Tönen, dann moderner Pop mit sehr tanzbarem Refrain. Mit ihrer noch immer unbeholfen wirkenden Art auf der Bühne können die Mitfavoritinnen die Herzen der Zuschauer berühren und schaffen es in die Endrunde.
Und noch eine Überraschung gab es ganz zum Schluss: John und Edward, also Jedward, haben ihre charakteristischen Haar-Tollen heruntergekämmt. Passt allerdings gut zu ihrem einfach gestrickten Song "Waterline" - inklusive Ganzkörperdusche im Bühnenspringbrunnen für die hyperaktiven Zwillinge. Und so erreichen die Iren als letzte von zehn Kandidaten im zweiten Jahr in Folge ins Finale.
Crystal Hall als Kulisse für die Länderflaggen
Highlight des Abends ist neben dem kurzen und erstaunlich witzigen Einspielfilm von der Begrüßung der Stars in Baku die Halle selbst: Auch wenn die Bühne kleiner ist als in den vergangenen Jahren, ist die Inszenierung mit Licht, Pyrotechnik und LED-Wänden perfekt. Und besonders der in die Halle verlagerte Greenroom, in dem die Künstler sich nach ihrem Auftritt den Rest der Show ansehen können, lässt Zuschauer und Stars enger zusammenrücken.
Auch der Crystal Hall, dem Austragungsort, kommt eine eigene Rolle zu: Vor jedem Land wird die Halle von außen in den jeweiligen Landesfarben erleuchtet. Im Zusammenspiel mit der spektakulären Architektur und der Skyline von Baku ergibt das ein beeindruckendes Bild.
Zehn Glückliche kommen ins Finale
Von den 18 Kandidaten des ersten Halbfinales werden wir zehn am kommenden Samstag im Finale ein zweites Mal sehen: Rumänien, Moldau, Island, Ungarn, Dänemark, Albanien, Zypern, Griechenland, Russland und Irland.
Für Montenegro, Lettland, die Schweiz, Belgien, Finnland, Israel, San Marino und Österreich war an diesem Dienstagabend bereits Schluss. Im zweiten Halbfinale am Donnerstag können sich zehn weitere Kandidaten qualifizieren, um am Samstag im Finale gegen Roman Lob anzutreten.
Platz | Land | Künstler | Titel | Punkte |
---|---|---|---|---|
1. | Russland | Buranowski Babuschki | Party For Everybody | 152 |
2. | Albanien | Rona Nishliu | Suus | 146 |
3. | Rumänien | Mandinga | Zaleilah | 120 |
4. | Griechenland | Eleftheria Eleftheriou | Aphrodisiac | 116 |
5. | Moldau | Pasha Parfeny | Lăutar | 100 |
6. | Irland | Jedward | Waterline | 92 |
7. | Zypern | Ivi Adamou | La La Love | 91 |
8. | Island | Greta Salóme & Jónsi | Never Forget | 75 |
9. | Dänemark | Soluna Samay | Should've Known Better | 63 |
10. | Ungarn | Compact Disco | Sound Of Our Hearts | 52 |
11. | Schweiz | Sinplus | Ubreakable | 45 |
12. | Finnland | Pernilla Karlsson | När Jag Blundar | 41 |
13. | Israel | Izabo | Time | 33 |
14. | San Marino | Valentina Monetta | The Social Network Song | 31 |
15. | Montenegro | Rambo Amadeus | Euro Neuro | 20 |
16. | Lettland | Anmary | Beautiful Song | 17 |
17. | Belgien | Iris | Would You? | 16 |
18. | Österreich | Trackshittaz | Woki Mit Deim Popo | 8 |