Kesarev: "Russland wollte nie zum ESC nach Kiew"
Mikhail Kesarev ist seit 2009 Teil der Journalistenschar beim ESC. Der Journalist aus Moskau ist einer von wenigen Russen, die in Kiew für den 62. Eurovision Song Contest akkreditiert sind - und das, weil er das unbedingt wollte: "Eurovision ist mein Europa - und dass Russland nicht dabei ist, mag mein Herz beschweren, aber ich habe keine schlechten Gefühle der Ukraine gegenüber."
Julia Samoylova wurde mit Kalkül ausgewählt
Ihn hat man bei der Passkontrolle am Kiewer Flughafen überprüft, "aber sie sahen meine vielen Stempel und dass ich schon oft in der Ukraine war - nicht als Feind oder um dem Land eins auszuwischen". Für ihn steht fest: "Russland wollte von Anfang an nicht dabei sein. Das war schon klar in der Sekunde, als Jamala gewonnen hatte. Julia Samoylowa wurde ausgesucht, weil sie zu Auftritten auf der Krim entgegen der ukrainischen Bestimmungen eingereist war und weil sie im Rollstuhl sitzt, das weckt Mitleid."
Er wird einer der wenigen russischen Journalisten bleiben, die über den Song Contest in Kiew bericht. Am Wochenende wurde mehreren seiner Kollegen von den ukrainischen Behörden die Einreise verweigert, weil sie, wie die auserkorene russische ESC-Sängerin, nach der Okkupation der Krim dort waren - und nun mit einem dreijährigen Bann belegt wurden. Mikhail Kesarev hat diesen völkerrechtlich begründeten Makel nicht zu tragen, insofern gehört er zu den wenigen russischen Medienschaffenden, die vom ESC in Kiew berichten können.
Russland darf sich nicht zurückziehen
Kesarev verantwortet inzwischen die Webseite Mussnews, mit Sitz in Moskau: "Ich habe keine Angst. Ich bin für die große Politik nicht im Fokus, aber wir werden gelesen und gehört. Einschüchtern lassen wir uns aber nicht, wenn wir bedroht werden." Er findet den faktischen Boykott Russlands des Eurovision Song Contest in diesem Jahr in jeder Hinsicht kritikwürdig: "Russland ist Teil von Europa - und darf sich nicht zurückziehen." Er fühlt sich wohl in diesen Tagen in der Ukraine. "Ich wünschte mir, dass es keine Konfrontationen gibt, aber wir können nur als Journalisten berichten, wie es wirklich hier ist - und das tun wir mit unserer Webseite, die von allen gelesen werden kann."