Dina Garipova zu Besuch in Berlin
Dina Garipova sorgt sich zur Mittagszeit in ihrer Garderobe um ihr Bühnenkleid - es muss gut präpariert werden, gedämpft und geglättet. Abends wird sie im Berliner Friedrichstadtpalast beim "Act Now Jugend Award", einem Preis der Stiftung "Sauti Kuu", auftreten. Initiatorin ist die in Kenia lebende Germanistin und Aktivistin Auma Obama - Halbschwester des US-Präsidenten. Die 24-jährige Garipova ist auch jenseits festlicher Outfits eine schöne Frau, zudem bescheiden und freundlich: nix und nie Zickenalarm bei ihr. Wir haben Tage zuvor per Mail verabredet, über den ESC und ihr Lied "What If?" zu sprechen - und ob er ihr Leben veränderte.
Frau Garipova, herzlich willkommen in Berlin. Ist das Ihr erster Besuch in der deutschen Hauptstadt?
Dina Garipova: Ich war schon einmal als Schülerin hier, aber in meiner Erinnerung ist da nicht viel geblieben. Es war nur ein kurzer Besuch. Wir haben jetzt mehr Zeit. Nach der Gala bleibe ich noch einige Tage. Aber was ich schon sehen konnte, ist eine schöne, sehr interessante Stadt.
Vielleicht sehen Sie eine Stadt wie Berlin auch mit den Augen einer Journalistin. Sie haben ja vor Ihrem Leben als Sängerin Journalismus studiert.
Garipova: Ja, ich mache ungefähr das Gleiche wie Sie: Recherchieren, schreiben, Interviews führen - das habe ich gelernt. Aber die Praxis fehlt mir, es war außerdem ein Fernstudium an der Universität Kasan. Ich bin ja nun Künstlerin, aber die Liebe zum Kreativen haben beide Berufe gemeinsam.
Wie kam es zu Ihrer Teilnahme am ESC 2013 in Malmö?
Garipova: Normalerweise gibt es in Russland ein strenges Auswahlverfahren für das Eurovisionsfestival. Man muss als Künstler populär sein. In der Zeit vor Malmö hatte ich die Show "The Voice" gewonnen - mit der Mehrheit der SMS- und Internetstimmen. Die Zuschauer hatten sich für mich entschieden. Und dann hatte man mich gefragt, ob ich Lust hätte, zum ESC delegiert zu werden.
Ist der ESC wichtig in Russland?
Garipova: Ja, er ist wirklich sehr beliebt in meinem Land. Ich habe das Eurovisionsfestival schon als Kind geschaut. Immer war ich neugierig, wer auftreten wird und wie die Lieder sein werden.
Man drückt ja immer dem Lied des eigenen Landes die Daumen. Haben Sie auch andere als russische Lieder schön und interessant empfunden?
Garipova: Ich bin ja in erster Linie Patriotin und deshalb drücke ich den russischen Liedern immer die Daumen. Aber natürlich höre ich die Qualitäten anderer Sänger und Sängerinnen. Ich kann mich mitfreuen, wenn ein sehr gutes Lied auch viele Punkte bekommt - gleich, ob es aus Russland kommt oder nicht.
Was hat Ihnen persönlich der ESC gebracht?
Garipova: Mir hat der ESC sehr viel gebracht. Im Persönlichen war es für mich ein Schritt zu mehr Charakterstärke, zu Professionalität und dem Erwachsenwerden. Meine Karriere hat vom ESC sehr profitiert - vor allem im Ausland. Ohne den ESC wäre ich heute nicht in Berlin. Und: Ohne den ESC bekäme ich keine Angebote von Komponisten und Textern aus dem Ausland, ihre Lieder zu singen.
Wie ist es, falls Sie sich daran erinnern, auf der Bühne des ESC zu stehen, wissend, dass man jetzt von 150 Millionen Menschen gesehen und beurteilt wird?
Garipova: Es ist sehr aufregend, wirklich aufregend. Aber ich habe nicht daran gedacht, dass jetzt so viele mich anschauen werden - das hatte ich mir vorgenommen und auch geschafft. Sonst wären meine Knie weich geworden. Ich hatte mich voll auf den Inhalt des Lieds konzentriert, eben auf "What If?".
Ihr Auftritt hat starken Eindruck hinterlassen, Sie kamen auf den fünften Platz.
Garipova: Das hat mich riesig gefreut. Man sitzt im Green Room und erhält immer wieder Punkte geschenkt. Aber ich habe auch an die anderen gedacht, für die es nicht so viel Zustimmung gab. Sie hatten mein Mitgefühl, denn sie alle versuchten ja auch nur, ihr Bestes zu geben.
Welche sind Ihre drei liebsten ESC-Lieder?
Garipova: Ach, ich kenne doch viel mehr liebgewonnene Lieder. Aber dürfte ich nur drei nennen, wäre es: Dima Bilan mit "Believe", der Sieger von 2008 in Belgrad, dann das armenische Lied "Qele Qele" von Sirusho aus dem gleichen Jahr - und Loreens "Euphoria", das 2012 gewonnen hatte.