Kommentar: San Marino zögert noch
Insgesamt sieben Mal hat San Marino - die laut Lexikoneinträgen älteste Republik der Welt - am ESC teilgenommen. 2008 gab sie in Belgrad ihr Debüt. Allerdings reichte es nur ein einziges Mal zu einem Einzug ins Finale: im Jahr 2014 in Kopenhagen, als Valentina Monetta ihr "Maybe" sang, am Flügel auf der Bühne unterstützt von Ralph Siegel. Der Münchner war vier Mal für die Republik inmitten von Italien im Einsatz. Alles in allem ist San Marino ein Teil Europas, der vor allem Fußballfans ein Begriff ist. Zumindest, wenn die san-marinesische Mannschaft in einer EM- oder WM-Qualifikationsgruppe mitmacht. Und auch Eurovisionsfreunde kennen die Enklave: San Marino ist durch den ESC zumindest in all jenen Ländern bekannt geworden, die mit der Republik im Halbfinale zu schaffen hatten.
ESC-Teilnahme für San Marino: Wer soll das bezahlen?
Mit anderen Worten: San Marino gehört einfach zum ESC dazu wie jedes andere Land auch. Dennoch wurden bei dem italienischen öffentlich-rechtlichen TV-Sender RAI, der maßgeblich am san-marinesischen Fernsehen beteiligt ist, kurz nach dem ESC in Stockholm Zweifel laut, wie eine Teilnahme am ESC 2017 finanziell zu schaffen sei. Da war der eigene Kandidat, Serhat, gerade in Stockholm im Halbfinale ausgeschieden. San Marinos ESC-Präsenz ist zu 100 Prozent von Sponsorengeldern abhängig - und für das kommende Jahr gibt es noch niemanden, der die Teilnahme eines Acts dieses Mikrolandes finanziell ermöglichen würde. Künstler, Produktion und Präsenz in Kiew kosten eben.
Ein 18-Jähriger bietet sich mit dem Song "Perfume" an
An einem Lied allerdings würde es nicht fehlen. In den vergangenen Tagen hat der Montenegriner Vasilije Ojdanic auf Facebook verkündet, er habe einen Beitrag für San Marino verfasst. Dieser trägt den Titel "Perfume". Der junge Mann, 18 Jahre, aus dem Kleinstaat des früheren Jugoslawien, schreibt mir: "Ich kam in Kontakt mit der Firma Nine 7 - und die haben das Lied für mich, das ich selbst singe, produziert." Der Texter der englischen Zeilen ist der Brite Jordan Grice. Wer schon mal reinhören möchte, findet den Titel "Perfume" auf YouTube. Ich würde auf Anhieb sagen: Nicht schlecht gelungen für eine leidenschaftliche Arbeit eines sehr jungen Mannes.
Ojdanic gibt zu, dass seine Werbung für dieses Lied so wirken könnte, als habe San Marino ihm bereits zugesagt. Was jedoch nicht der Fall ist. Interesse hätten entsprechende Ansprechpartner allerdings bereits signalisiert.
"Perfume" - Ein Lied mit Botschaft
Das mag so sein, aber ehe man beim San-Marino-TV auf die Idee kommt, eine der vielen Ideen, die dort eingereicht werden, einfach in die müllene Sammelablage zu werfen, verdient ein Satz von Vasilije Ojdanic zur Kenntnis genommen zu werden. Er schreibt uns zur Relevanz seines Liedes: "Jeden Tag sieht man in den Nachrichten, was jeden Tag passiert. So viele Leute sterben wegen Rassismus, ihrer Religion, ihrer Sexualität. Ich sage, nehmt dieses Lied, das hilft, diese Übel zu stoppen. Denn, vergesst nicht: Wir sind alle gleich."
Das Lied selbst ist von flammender Globalität und getränkt in immensem Gerechtigkeitsempfinden: "Das Team hinter dem Lied kommt aus verschiedenen Teilen der Welt, aus Montenegro, Serbien, Großbritannien, den USA, Kanada, der Ukraine, San Marino, Belgien, den Niederlanden und anderen. Ich glaube, dass jeder auf diesem Planeten in zweierlei Hinsicht gleich ist: Jeder ist perfekt auf seine Weise, und jedes Leben eines Einzelnen zählt."
Man erkennt sofort: Da hat jemand den glühenden Gedanken des ESC verstanden. Wer jetzt denkt, "Perfume" sei das typische Produkt eines erleuchteten ESC-Fans, der über ein kleines Land richtig dick rauskommen will, mag nicht falsch liegen. Aber eben auch nicht richtig: Möglich, dass dieses montenegrinische Angebot für San Marino die älteste Republik der Welt unter die Top Ten trägt. Nur: Wer soll das alles bezahlen?