Mary Roos feiert 70. Geburtstag
Sie hat schon zu einem frühen Zeitpunkt ihrer Karriere über den deutschen Tellerrand hinausgeguckt. Beziehungsweise: davor keine Angst gehabt. Sie war damals mit dem Franzosen Pierre Scardin verheiratet, trat in Paris auf, spielte sogar ein gutes Dutzend französischsprachige Lieder ein, phonetisch astrein. Sie hatte eine Gastrolle in der amerikanischen "Muppet"-Show und wusste sich überhaupt international zu bewegen. Mary Roos hat eine an Höhepunkten und Akzentwechseln reiche und vor allem dauerhafte Karriere hingelegt: Ein Comeback gab es nie, sie war immer da.
Seit Kindertagen auf der Bühne
Und sie währt noch, sie ist ja noch auf der Bühne, demnächst geht sie mit Band auf "Abenteuer Unvernunft"-Tour, Auftakt ist am 1. März in Würzburg. Man könnte sagen: Mary Roos, 1949 am Rhein in Bingen als Tochter einer Hotelfamilie geboren, stand seit Kindertagen auf der Bühne - und hat sie, inklusive TV- und Radio-Studios, nie mehr verlassen. Das alles hat sie ihrer natürlich wirkenden Professionalität zu verdanken, einem Können als Künstlerin, das ihre glänzende Stimme und ihre sympathische Ausstrahlung zum Fundament hat. Ihre Vokalkraft kommt indes erst so richtig zur Geltung, wenn sie live singt.
Sie spielt zur richtigen Zeit die richtigen Lieder ein: Mit Georgio Moroder und Michael Holm als Komponisten ihren "Arizona Man", mit angloamerikanisch geschulten Produzenten auch Lieder der Mamas & Papas - und, ein Juwel, die erste deutsche Fassung von Frank Sinatras "My Way", in ihrer Version "So leb dein Leben".
Dem ESC hat sie sehr viel zu verdanken
Vor allem aber hat sie dem Grand Prix Eurovision de la Chanson, wie der ESC in jener Zeit noch genannt wurde, ihre Popularität, zu verdanken: 1972 gewinnt sie mit "Nur die Liebe lässt uns leben" die deutsche Vorentscheidung in Berlin und landet damit im Finale in Edinburgh auf dem dritten Platz. 1984 steht sie erneut auf der Eurovisionsbühne. Diesmal in Luxemburg mit dem wegen vielerlei privaten Krisen besonders stimmigen Lied "Aufrecht geh’n". Sie landet nur auf Platz 13, ein Klassiker der deutschen ESC-Geschichte ist das Lied dennoch geworden. Man erkennt an ihrer Biografie, dass ein Sieg beim ESC nicht nötig ist, um sehr viele Jahre erfolgreich zu sein, auch über das Eurovisionsfestival hinaus.
Mary Roos, das ist auch die Sängerin, die Ende der neunziger Jahre Chers "Believe" mit "Leider lieb‘ ich dich immer noch" ein deutschsprachiges Kleid verpasste: Platz eins in den Schlagercharts war der Lohn. Diese die meisten Jahre ihres Lebens in Hamburg lebende Chanteuse hat in eurovisionärer Hinsicht über die zwei internationalen Performances hinaus auch an einigen Vorentscheidungen teilgenommen: mit David Hanselmann 1982 und dem Titel "Lady" und 1975 mit "Eine Liebe ist wie ein Lied". 2010 war sie Teil der deutschen ESC-Jury in Oslo, 2013 Jurypräsidentin beim deutschen Vorentscheid. 2018 dann sogar Präsidentin der deutschen Jury für Lissabon. Man erkennt: Sie ist dem Festival in vielerlei Hinsicht treu geblieben.
Erfolgreich auch im Kreis junger Kollegen
Im vergangenen Jahr war sie auch Teil der fünften Staffel von "Sing meinen Song - das Tauschkonzert": Völlig zurecht tummelte sie sich im Kreis von Mark Forster, Judith Holofernes, Rea Garvey, Johannes Strate, Leslie Clio und Marian Gold - und erntete Verehrung als Bühnenkollegin, die von Jungen so gemocht wird wie keine andere ihrer Schlagergeneration.
Heute feiert sie ihren 70. Geburtstag: Möge sie sich feiern lassen, möge ihre Tour erfolgreich sein - und möge sie dem ESC verbunden bleiben: Herzlichste Glückwünsche, nicht nur von ihren Fans.