Lundvik: "Ich will meine Kinder stolz machen"
Wir treffen uns in einem Boutique-Hotel von Tel Aviv, dort hat die schwedische ESC-Delegation Herberge genommen: John Lundvik telefoniert gerade noch mit seiner Familie, als er sich für ein kurzes Gespräch für eurovision.de Zeit nimmt - "aber nicht lang, bitte", sagt die Managerin. Der Künstler lacht über diesen Hinweis nur und sagt: "Wir nehmen uns die Zeit, die du brauchst." Wir sind, wie in Schweden üblich, per Du.
John Lundvik, wie spricht man deinen Namen in Schweden aus?
John Lundvik: Wie "Jon", also ohne englische Aussprache. Als mich meine Eltern adoptierten, war ich erst ein paar Tage auf der Welt, aber das Englische ist mir aus meiner ersten Lebenszeit geläufig. Aber in Schweden sagt man "Jon", ohne den Sch-Laut beim J, und das O wird lang ausgesprochen.
Wahrscheinlich isst du auch gern die schwedische Variante von Hackklößchen?
Lundvik: Na klar, vor allem meine beiden Kinder lieben Köttbullar. Das ist ein einfaches und gutes Gericht, und ich liebe es auch, seit ich denken kann.
Um auf dein Berufliches zu sprechen zu kommen: Was ist der ESC für dich?
Lundvik: Ehrlich gesagt, als würde ein Traum für mich wahr werden. Ich schaue den ESC - auch die schwedische Vorentscheidung, das Melodifestivalen -, seit ich Kind bin. Ich bin ja ein guter Sportler gewesen, meine Eltern haben meine Talente stets gefördert. Und die Art des Wettbewerbs, die der ESC ist, fixte mich immer an.
Musstest du von deiner Heimatstadt Växjö, tiefste Provinz in Schweden, nach Stockholm gehen, um deinen künstlerischen Aufstieg zu schaffen?
Lundvik: Ja, das ist eine Tatsache. Alle wichtigsten Geschichten um Musik laufen über Stockholm. Der Erfolg sucht einen aber nicht in Växjö, sondern dort, wo eben die Musik spielt, in der Hauptstadt Stockholm. Ich wollte raus und die Welt kennenlernen - Stockholm war dafür perfekt.
Was sind deine drei liebsten schwedischen Titel?
Lundvik: Schwere Frage. Ich würde sagen, Carolas "I evigheit" (singt es soft und sicher an), dann natürlich Loreens "Euphoria", von dem ich wusste, dass es eine Gewinnerchance in Baku haben würde. Nach drei Tönen hatte ich eine Gänsehaut, das kommt nicht so oft vor. Und als dritten Song würde ich Måns Zelmerlöws "Heroes" nennen - sehr catchy, sehr einnehmend von den ersten Tönen an.
Du bist eher für die pompöseren, vor allem schnelleren Sachen empfänglich?
Lundvik: Ja, Up-tempo-Songs sind eher mein Ding, auch wenn "Too Late For Love" eher ein Mid-tempo-Ding ist. Aber wenn es in die Beine geht, was ich höre, dann höre ich eher zu.
Es hat beim ESC nur selten gospelartige Lieder gegeben, und gar keinen aus Schweden ...
Lundvik: ... na ja, das Lied besteht eigentlich aus drei Teilen, die zusammen einen Mix ergeben. Gospel ist da auch viel drin, klar. "Too Late For Love" hat die Botschaft, mit Lebensfreude mögliche Probleme anzugehen, sich nicht erdrücken zu lassen von dem, was man lösen muss - und die Liebe zählt unbedingt zu den wichtigsten Dingen, die ein Leben erfreulich machen.
Wie hast du deine famosen Choristinnen für deinen Act gewonnen?
Lundvik: Ich kannte eine von ihnen und hab sie gefragt. Kannst du mitmachen? Und weißt du noch andere, die mitsingen würden. Aber sie müssen wirklich außergewöhnlich gut sein. Nun, jetzt sind sie da - und ich freue mich extrem, sie als Backingvocals zu haben. Sie haben mehr als nur Stimmen, sie tragen mich durch die ganzen drei Minuten.
Was bedeutet dieser ESC in Israel?
Lundvik: Ein wahnsinnig schönes Land, interessant, geschichtlich, klar. Vor allem kenne ich viele Musiker und Musikerinnen, die andere Traditionen drauf haben als ich mit meinem schwedischen und englischen Hintergrund. Es gibt hier Instrumente, die Töne geben, die mir noch nie ins Ohr kamen. Es ist eine Vielfalt, die mich flasht.
In Schweden wird jedes Jahr von einem ESC-Repräsentanten erwartet, zu gewinnen. Auch von dir. Ist das eine Last für dich?
Lundvik: Ich weiß um diesen Druck. Noch ein Sieg - und Schweden hätte genau so oft den ESC gewonnen wie Irland. Aber das kann nicht mein Maßstab sein. Ich möchte gewinnen, selbstverständlich. Aber das will jeder hier, der am ESC teilnimmt. Wer sagt, am Gewinnen nicht interessiert zu sein, macht sich entweder etwas vor und hat ohnehin nicht die richtigen Vibes, um das Publikum für sich zu gewinnen. Es ist letztlich egal, ob man siegt oder Achter wird. Mit der eigenen Performance will ich zufrieden sein, auf dass meine Kinder auf mich stolz sein können.