Finnische Namenstage
Sein Versprechen, neuen Schwung in die finnische Musikszene zu bringen, hat das 2012 eingeführte Vorentscheidungsformat "Uuden Musiikkin Kilpailu" (UMK) eingelöst: Künstler wie Stig oder Diandra konnten sich dadurch langfristig in der heimischen Musiklandschaft etablieren und den Siegertiteln "Marry Me" von Krista Siegfrids 2013 und "Something Better" von Softengine 2014 gelang sogar der eine oder andere internationale Charterfolg. Auch in diesem Jahr hat das Format eine Menge hervorragender und innovativer Acts und Songs hervorgebracht, sodass es schwer fiel, sich nach drei Semifinalrunden in der Endrunde für einen einzigen der neun Finalisten entscheiden zu müssen. Bollywood auf Finnisch? Opernkoloraturen zu Techno-Beat? Oder doch lieber Ethno-Pop mit sämischen Jovic-Einlagen? Eine buntere Auswahl findet sich wohl bei keiner anderen Vorentscheidung in Europa.
Nagelprobe für Europas Toleranz
Anders als in den Vorjahren wurde das Ergebnis nicht zu 50 Prozent von einer Fachjury bestimmt, sondern durch eine repräsentative Jury aus "Durchschnittsfinnen", die allerdings nur zu einem Bruchteil ins Endergebnis einfloss. Das Publikum entschied sich dann, wie von britischen Buchmachern vorhergesagt, für die Hardrockband Pertti Kurikan Nimipäivät (Pertti Kurikkas Namenstag), die aus vier Musikern mit Lernschwäche besteht. Ihr selbst geschriebener Song "Aina muun pitää" (Immer muss ich) handelt in anrührender Schlichtheit vom Alltag als behinderter Mensch und ist mit einer Minute vierzig Sekunden der kürzeste Beitrag der ESC-Geschichte. Nach Conchita Wurst im vergangenen Jahr kommt nun die Nagelprobe für die tatsächliche Toleranz Europas gegenüber Menschen, die nicht einfach mit ein wenig Schminke und falschen Haaren eine Tugend aus ihrem Anderssein machen können. Finnland hat sich weit aus dem Fenster gelehnt.