Aufatmen in Malmö: So war der ESC in der Halle
Der Eurovision Song Contest 2024 ist vorüber. Die Show von Malmö war von Anfang an sehr politisch geprägt. Das merkte man natürlich auch in der Halle.
Rund eine Stunde vor Showbeginn ist die Stimmung in der Malmö Arena gut. Drinnen spielt der DJ den ESC-Klassiker "Run Away" mit dem Epic Sax Guy aus Moldau, draußen stehen auf dem Dach des benachbarten Einkaufszentrums zwei Scharfschützen bereit. Es sind mittlerweile gewohnte Bilder des Hochsicherheits-ESC in Malmö: Polizisten sind an jeder Ecke. Die Teilnahme Israels, die Gegenproteste, die aufgeheizte Stimmung - all das dominierte schon die ganze Finalwoche über die Schlagzeilen aus Malmö und hat das verdrängt, um was es eigentlich geht: "United By Music" zu sein. So lautet seit 2023 und - bis auf Weiteres - bis in alle Ewigkeit das Motto des Eurovision Song Contests.
Buh-Rufe bei Punkten an Israel
Dass ESC-Künstler ausgebuht werden, ist nichts Neues mehr. Mitte der 2010er-Jahre erging es russischen Acts häufig so, weil ESC-Fans gegen die aggressive und repressive Politik des Präsidenten Putin demonstrieren wollten. Die israelische Künstlerin Eden Golan bekam ebenfalls Unmut zu spüren. Bei ihrer Vorstellungs-Postcard war noch alles ruhig, doch besonders am Anfang und Ende ihrer Performance von "Hurricane" wurde es laut im Publikum, wobei andere Fans mit Applaus versuchten, den Buh-Rufen etwas entgegenzusetzen. Vereinzelt hörte man auch "Free Palestine"-Rufe unter den Zuschauern. Deutlich lauter wurde das Buhen dann bei der Punktevergabe - bei jeder Wertung für Israel wurde es unruhig - insbesondere, als Israels fantastisches Televotingergebnis von 323 Punkten bekanntgegeben wurde und Israel vorübergehend auf Rang eins sprang. Auch aus Deutschland ging die Höchstwertung an Eden Golan. Jubel hingegen kam auf, als klar wurde, dass Israel diesen ESC doch nicht gewinnen würde. Große Teile des Publikums wirkten sehr erleichtert.
Martin Österdahl zieht den Unmut auf sich
Dieses ESC-Finale werden Fans wohl so schnell nicht vergessen. Nicht nur wegen Israels Teilnahme gingen selbst andere Eurovision-Acts auf die Barrikaden, auch wegen der Disqualifikation von Joost Klein aus den Niederlanden, der gegenüber einer Produktionsmitarbeiterin aggressiv geworden sein soll. Für das Publikum war diese Entscheidung offenkundig zu hart. ESC-Boss Martin Österdahl wurde noch lauter ausgebuht als Eden Golan. Seine Rede vor der Punktevergabe und auch die zwölf Punkte der Niederlande, die er ersatzweise verlas, konnte man in der Halle kaum verstehen. Es hat eine besondere Ironie, dass das schwedische Fernsehen, das den ESC ausgerichtet hat, gerade in diesem Jahr dem Schweden Österdahl einen satirisches Liebeslied in einem Zwischen-Act geschenkt hat.
Spanien und Finnland - die Publikumslieblinge
Doch trotz all der Politik und des Streits, der vor allem in den vergangenen Tagen hochgekocht ist, war auch dieses ESC-Finale zu weiten Teilen ein ganz normales. Mit guten Gags von Moderatorin Petra Mede, mit haufenweise Fans in ESC-Klamotten und mit herausragenden Performances. Nebulossa aus Spanien gehören dabei genauso zu den Publikumsfavoriten der Halle wie Windows95man aus Finnland. Doch auch der spätere Sieger-Act aus der Schweiz und der Zweitplatzierte aus Kroatien wurden gefeiert. Und auch bei "Always On The Run" von Isaak, der einen guten zwölften Platz für Deutschland holte, wurde auf den Rängen mitgetanzt und mitgesungen.
Die Jurys bestimmen erneut den Sieger
Dass Nemo aus der Schweiz diesen ESC gewonnen hat, liegt vor allem an den Jury-Wertungen. Die 365 Punkte der Fachleute an die Schweiz waren für die anderen nicht mehr aufzuholen. Der fünfte Rang im Televoting reichte Nemo dann zum Gesamtsieg. Ähnlich lief es im Vorjahr in Liverpool. Doch der Unmut, dass nicht Publikumssieger Käärijä, sondern die Schwedin Loreen gewonnen hat, war dort ungleich größer. Das gesamte Publikum jubelte Nemo zu. Mit der Performance zu "The Code" endete nach knapp vier Stunden Europas größte Fernsehshow trotz eines wilden Tages doch sehr friedlich und ohne die befürchteten Störungen. Im Regionalexpress zurück Richtung Malmöer Hauptbahnhof spielten ein paar Fans den französischen Song "Mon amour" laut auf ihrem Handy und sangen mit. Irgendwie war man dann doch "United By Music".