ESC-Schau: Nett anzusehen, aber nicht umfassend
Der Raum der "offiziellen ESC-Ausstellung" ist nicht größer als ein geräumiges Wohnzimmer. Insofern ist es recht übersichtlich, was seit dem vergangenen Wochenende unter dem Titel "Good Evening Europe" im Stockholmer Abba-Museum zu sehen ist.
Textilien in Vitrine
Spektakulär ist in der Mitte des bunt gehaltenen Raumes eine riesige Glasvitrine, in der verschiedene Originalkostüme aus dem ESC-Kontext ausgestellt sind: Verka Serduchkas transvestitische Silbermontur, der federleichte Fummel von Islands Yohanna, auch Getty Kaspers feenhaftes Textil, in dem sie 1975 mit "Ding A Dong" in Stockholm als Leadsängerin von Teach-In zum letzten niederländischen ESC-Sieg trällerte. Auch Céline Dions Kommunionsausrüstung von Dublin, als sie 1988 mit "Ne partez pas sans moi" siegte, ist zu bestaunen. Und, eine gute Wahl, Johnny Logans schwanenweißer Anzug, mit dem er 1987 in Brüssel seinen zweiten ESC-Sieg einfuhr.
Kostüme von Abba, Måns Zelmerlöws modisches T-Shirt plus Hose, Charlotte Nilssons hell-auberginefarbenes Nichts, mit dem sie 1999 in Jerusalem siegte - auch die Herrey's sind zu sehen, nur von Carola Häggqvists Sieg 1991 mit "Fångad av en stormvind" eurovisionär unsterblich wurde, ist nichts zu sehen. Sie scheint ihr Bühnenkostümierung nicht aufbewahrt zu haben.
Das ist nett anzusehen - der europäisch gesinnte Besucher darf sich nur nicht daran stoßen, dass die Ausstellung eigentlich eine schwedische Dominanz hat: Die offizielle Ausstellung missachtet in gewisser Weise den übernationalen Charakter des ESC selbst, darüber hinaus den Umstand, dass von den aktuell 63 Siegern und Siegerinnen seit 1956 nur sechs aus Schweden kommen. Okay, im Treppenaufgang zum Untergeschoss sieht man Lordis Siegesausrüstung von 2006, aber dieses finnische Juwel ist vielleicht eine Referenz an die Nachbarn, von denen man eventuell Besuch haben möchte.
Karaoke und Quiz
Klar, es gibt ein paar interaktive Elemente, man kann ein wenig Karaoke anstimmen, auch ein Quiz lädt zum Mitmachen ein. Wer sich nur halbwegs auskennt, wird alle zehn Fragen richtig beantworten. Das schwedische Schwergewicht dieser Ausstellung erdrückt die Idee, die Christer Björkman, Chef des Melodifestivals seit vielen Jahren und auch mitverantwortlich für den diesjährigen ESC, selbst formulierte: "Es ist gut, dass nicht immer die gleichen Länder gewinnen, sonst verliert der ESC an Popularität dort, wo man denkt, ein Sieg sei ganz ausgeschlossen."
Aber: Der ESC ist ein schier ultravielschichtiges Projekt, in das eine Fülle von nationalen Geschichten eingeflossen sind. Die schriftlichen Schautafeln allein reichen als Erzählung für das erfolgreichste europäische Kulturvermittlungsprojekt nicht. Dennoch: Ein Besuch fügt niemandem Schaden zu. Man schwelgt in Erinnerungen - wer auch immer sich in diesen Raum, der leider nur beschränkt eine Ruhmeshalle ist, begibt.