Junior ESC 2021: Wie Französisch hättet ihr es gern?
Der 19. Junior Eurovision Song Contest fand 2021 in Paris statt - zum ersten Mal überhaupt machte die Show also in Frankreich halt. Und das sollte man als Zuschauer auch merken.
Wer in seinem gesamten Leben noch nie etwas vom Junior Eurovision Song Contest gehört hat, und zufällig dieses Jahr in den Wettbewerb reingezappt hat, dem werden zwei Dinge nicht entgangen sein: Oh, dieser Wettbewerb findet in Frankreich statt. Und: Oh, es ist bald Weihnachten. Denn diese beiden Aspekte füllten im Prinzip die gesamte Show, wenn nicht gerade einer der 19 Acts performt hat. Zwar sind die Organisatoren des französischen Fernsehens nicht der Versuchung erlegen, einen riesengroßen Weihnachtsbaum in die Konzerthalle zu stellen - aber allein der Eröffnungsclip mit Kindern auf dem Weihnachtsmarkt und Vorjahressiegerin Valentina als Christkind auf einer Sternschnuppe gleitend, gab sofort die Richtung vor.
Vielseitiger Wettbewerb und gute Stimmen
Doch auch ohne den weihnachtlichen Hintergrund wäre dieser Junior ESC ein guter gewesen. Das lag vor allem an der großen Bandbreite der Acts. Nachdem sich im Jahr 2019 gefühlt die Häfte der Songs mit dem Klimawandel auseinandergesetzt hat und 2020 fast nur Einzel-Künstlerinnen aufgetreten sind, zeigte der Song Contest in diesem Jahr ein sehr diverses Bild: sei es bei den Performern oder bei den musikalischen Stilen. Rock aus Italien, Dark Pop aus Armenien und Nordmazedonien, Happy-Funk aus Georgien, dazu Balladen, Disney-Songs, Rap, und zwei Serbinnen, deren Choreo sehr an die erste Stunde in einer Tanzschule erinnerte. Bei den 19 Acts war für jeden etwas dabei. Und auch stimmlich konnten die meisten der jungen Talente komplett überzeugen.
Pauline mit viel guter Laune bei ihrem Auftritt
Die große Ehre den Wettbewerb zu eröffnen, gebürte Deutschland - wieder einmal. Die Wahrscheinlichkeit, zweimal in Folge auf den ersten Startplatz gelost zu werden, beträgt 0,004 Prozent - aber sie ist eingetreten. Nach Susan 2020 startete auch Pauline 2021 als Erste in den Wettbewerb. Die Bühne erstrahlte dabei in deutlich bunteren Farben als im Vorjahr. Auch zwei Tänzerinnen haben Pauline unterstützt. Die drei haben seit November miteinander für diesen Auftritt trainiert. Auf der bis zu 29 Meter breiten und weitläufigen Bühne konnte man Pauline den Spaß ansehen, was nicht bei jedem der Acts der Fall war. Ein guter Platz 14 beim Publikum und ein 16. bei den Jurys ergab unter dem Strich einen 17. Rang für sie.
Ein Junior ESC der kreativen Tanz-Performances
Schon einen Startplatz nach Pauline betrat Niko Kajaia aus Georgien die Bühne. Auch er hatte zwei Tänzerinnen, der Georgier schaffte es sofort, die Zuschauer in seinen Bann zu ziehen und holte am Ende Platz vier. Hilfreich waren dabei neben den knalligen Klamotten und dem mitreißenden Song auch seine herzigen Tanzbewegungen, die entfernt an die Isländer von Daði og Gagnamagnið erinnerten, die beim ESC 2021 ebenfalls auf Rang vier gelandet sind. Noch mehr spannende Performances: Die Background-Tänzerinnen der Polin Sara James sollten an Synchronschwimmerinnen erinnern. Die Tänzer des Franzosen Enzo haben gleich eine 70er-Jahre Revue mitsamt Showtreppe auf die Beine gestellt. Komplett auf Tänzer verzichtet haben zum Beispiel der Portugiese Simão Oliveira und der Ire Maiú Levi Lawlor, die beide derart glaubwürdig, überzeugt und selbstbewusst ihre Songs präsentiert haben, dass man ihnen noch mehr Punkte gewünscht hätte.
Frankreich überall - Französischkenntnisse von Vorteil
Zwischendurch durften auch die Moderatoren Olivier Minne, Élodie Gossuin und Carla etwas sagen - auch wenn sich ihre Wortbeiträge meist ähnelten. Wieso ausgerechnet die Unerfahrenste der drei, die 16-jährige Carla, auf Französisch und Englisch moderieren musste und dann auch noch die Green-Room-Interviews geführt hat, bleibt das Geheimnis der Organisatoren. Élodie Gossuin moderierte den kompletten Abend auf Französisch, was von den anderen allerdings auch nicht übersetzt wurde. Genauso gab es Live-Interviews etwa mit Enzo und Simão Oliveira, die ausschließlich auf Französisch geführt wurden, nur um zu zeigen, wo man sich befindet. Viele internationale Kommentatoren werden weite Teile der Show nicht verstanden haben. Kein gutes Zeichen - schließlich zeigt das auch, wie austauschbar die Moderationen in diesem Jahr waren.
Wichtig ist - und das bleibt am Ende hängen: Frankreich! Das Pariser DJ-Duo Ofenbach eröffnete die Show mit einem Remix französischer Chanson-Klassiker wie "La foule" von Édith Piaf, auch die Bühne - eingerahmt von zwei Brücken - war dem Pariser Stadtbild nachempfunden. Als sich Élodie Gossuin und Carla von Olivier Minne anhören durften, dass sie "fabelhaft französisch" aussehen, nahmen sie dies als Kompliment. Der deutsche Kommentator Consi merkte zurecht an: "Ein Kompliment für den einheimischen Look - bei uns zu Hause würde das schon fast als Beleidigung durchgehen."
Armenien landet am Ende vorn - nach einem spannenden Voting
Fünf Länder hatten nach dem Juryvoting noch die realistische Chance zu gewinnen: Frankreich, Polen, Armenien, Aserbaidschan und Georgien lagen vorne eng beieinander. Hier zeigte sich dann, wie uneinig Jury und Publikum sich in diesem Jahr waren. Während Georgien und Aserbaidschan bald raus waren, entschied es sich am Ende zwischen Gastgeber Frankreich und Armenien. Frankreichs Enzo bekam aber nur die viertmeisten Stimmen des Publikums - und so entschied die älteste Kandidatin mit dem erwachsensten Song den Wettbewerb für sich. Maléna aus Armenien lieferte eine absolut professionelle Performance. Umso rührender, dass sie bei der Siegerperformance vor Tränen kaum singen konnte. Auch sie ist eben doch erst 14 Jahre alt und hat sich nun einen riesigen Traum erfüllt und den zweiten Sieg für ihr Land geholt.