Stand: 30.04.2018 12:18 Uhr

Vor 30 Jahren: Céline Dion gewinnt den ESC

Céline Dion beim Grand Prix d'Eurovision 1988 © picture-alliance / dpa Foto: Lehtikuva code 880511
Céline Dion: Für sie begann nach dem ESC-Sieg eine große Karriere.

Angeblich waren die Deutschen Maxi & Chris Garden mitfavorisiert, den 33. Eurovision Song Contest 1988 in Dublin zu gewinnen. Pustekuchen! Auf der Bühne des Dubliner Point Theatres hörte sich ihr "Lied für einen Freund" allenfalls wie ein freundliches, von Dauerlächelei aus zwei Gesichtern begleitetes Plätschern an. Mutter und Tochter erwärmten die Herzen der ESC-Juroren jedenfalls nicht, es reichte mit 48 Punkten lediglich für den 14. Platz. Glaubwürdiger war damals schon die Prognose für Karoline Krüger aus Norwegen, die am kandelabergeschmückten Klavier sitzend mit ihren schmachtvollen Weltverbesserungssong "For vår jord" immerhin Fünfte wurde. Kirsten Siggaard, schon zum dritten Mal dabei, kam mit ihrer Formation Hot Eyes mit "Ka' du se hva' jeg sa'?" auf den dritten Rang für Dänemark.

Einer trat an, in Frankreichs Diensten, den man in Deutschland gut kannte: Gérard Lenorman. Einer der wichtigsten französischsprachigen Sänger jener Zeit. Ein Mann, der auch außerhalb seiner Heimat viele Hits landen konnte. Aber sein ESC-Engagement war eher Gesichtspunkten geschuldet, die viel mit dem Herbst seiner Karriere zu tun hatten: Die Plattenfirma wollte mit Lenorman nur dann ein Album produzieren, sofern er beim Eurovisionsfestival antritt. "Chanteur de charme" reflektierte das Leben und die Arbeit im Schlagergewerbe - ein autobiografisches Lied sozusagen, das lediglich den zehnten Platz erreichte.

 

Porträt
Céline Dion singt beim Grand Prix 1988 für die Schweiz und gewinnt den Wettbewerb © Picture Alliance/dpa Foto: ANP

Kanadierin Céline Dion singt die Schweiz zum Sieg

Wohl kaum ein Sieg beim Eurovision Song Contest war so knapp und so spannend, wie der von Céline Dion. Die junge Frau mit der imposanten Stimme gewann mit nur einem Punkt Vorsprung. mehr

Tommy Körberg, der in Schweden ein Star war, blieb und bis heute ist, ging damals schwer erkältet an den Start. "Stad i ljus" landete auf einen für ihn enttäuschenden zwölften Rang. Ein pompöses Lied mit eigentlich starker Stimme, das von der deutschen Kommentatorin Nicole sehr gelobt wurde, doch an diesem Abend des 30. April 1988 in Dublin nicht so recht überzeugte.

Das Dubliner Point Theatre sollte die Modernisierung des ESC einleiten - mehr jugendlicher Pop, weniger steifes Entertainment für Leute, die den ESC ohnehin nur skeptisch beäugten. Als Interval Act, also Pausenfüller zwischen den Liedern und der Punktewertung, trat die damals frische Band Hothouse Flowers auf. Erstmals in der ESC-Geschichte wurden die Punkteinformationen zudem nicht mehr gesteckt und geschoben, sondern auf einer Videowand präsentiert.

Sieg für Céline Dion

Den eigentliche Kampf um den Sieg machten zwei Künstler unter sich aus: Scott Fitzgerald, der für Großbritannien auf der Bühne stand, und die Frankokanadierin Céline Dion, die für die Schweiz ins Rennen ging. Scott Fitzgeralds Titel "Go" lag bis zur letzten Wertung mit fünf Punkten in Führung, aber seine Konkurrentin holte mit der letzten Jury aus Jugoslawien noch sechs Punkte, Fitzgerald bekam von dieser keinen einzigen Zähler. So hatte die Frau, die in ihrer Heimat im französischsprachigen Teil Kanadas ein Kinderstar war, gewonnen. Scott Fitzgerald verschwand nach dem Wettbewerb wieder in mittlerer Versenkung, war zwar in Großbritannien ein bekannter Sänger, aber kein Star. Für Céline Dion dagegen begann eine Weltkarriere.

Ein Stern beginnt aufzugehen

Aus heutiger Sicht scheint es, als sei der Sieg der Dion mit "Ne partez pas sans moi" ihr fast in den Schoß gefallen, aber damals war sie ein No-Name-Sternlein, noch lange kein Star. Und stimmlich war sie in ihrem Kommunionsmädchen-Outfit auch nicht besser als der soulig auftrumpfende Schotte. Er hätte den Sieg nicht weniger verdient gehabt als die Frau, die in der Schweiz nominiert wurde, weil man dort keine gebürtige Schweizer Sängerin gefunden hatte.

Es war der zweite und bislang letzte Sieg der Schweiz, seither hadert dieses ESC-Gründungsland allermeist mit der Kunst, sich auch eurovisionär in Europa verständlich zu machen. Die ESC-TV-Kommentatorin Sandra Simó sagte mir einmal: "Wir sind ein kleines Land, wir haben nicht die Mittel und die künstlerische Routine, aus einer Fülle von großen Talenten zu schöpfen. Ein guter Platz beim ESC ist für uns nur ausnahmsweise zu erreichen." Die Dion wird ihrem gastgebenden Land auf ewig dankbar sein müssen: Ohne ihren ESC-Sieg wäre es mit der im Jahr darauf richtig Schwung gewinnenden Weltkarriere womöglich nichts geworden.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Eurovision Song Contest | 30.04.2018 | 21:00 Uhr

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